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Streitfrage

Silberchlorid in Periodenunterwäsche: Warum es als bedenklich für Haut und Umwelt eingestuft wird

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Manche Menstruationspantys enthalten oft den Hinweis "mit Silberchlorid". Andere werben damit, "keinerlei Silber- oder Nanopartikel" zu enthalten. Die Verwendung von Silberchlorid in Textilien, die "antibakteriell" wirken sollen, ist umstritten. Was hat das Biozid in der Unterwäsche verloren und warum verzichten einige Marken darauf und andere nicht?

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Wie wird Periodenunterwäsche antibakteriell?

Periodenunterwäsche muss einiges aushalten und aufsaugen: Mit dem Blut werden viele Bakterien ausgeschieden. Natürlich vermehren sich diese rasant in der feuchten Umgebung, daher müssen Periodenslips ständig gut ausgewaschen werden.

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Die mittlere Membran oder Einlage enthält bei vielen Marken Stoffe, die als "natürlich antibakteriell" gelten. Das können natürliche Rohstoffe wie Bambus oder Merinowolle sein. Diese Slips kann man oft sogar bei 60°C waschen, was deutlich hygienischer für den Langzeitgebrauch ist. Slips mit Silberchlorid-Anteil können häufig nur bei maximal 40°C in die Maschine gewaschen werden.

Periodenunterwäschemarken wie Ooia, The Female Company, MyLily oder Selenacare verwenden nach eigener Angabe das sogenannte Silberchlorid, da es "sehr effektiv gegen Bakterien" (Ooia) wirken würde. Ooia betont auf ihrer Website, dass dieses Silber seit Jahrhunderten zum Schutz vor Krankheiten genutzt werden würde und seine baktierenhemmende Wirkung sei bestätigt. Antibakteriell nennen also nur die Marken ihre Slips, die sich für Silberchloridanteil entschieden haben.

Als einzige Brand haben wir die bakterienhemmende Wirkung unserer Produkte testen lassen.
Ooia

Was ist Silberchlorid und warum wird es als bedenklich eingestuft?

Silberchlorid oder Nanosilber ist ein Material, dass in bestimmten Funktions- und Sporttextilien schon lange eingesetzt wird. Dazu gehört auch Titandioxid, Zinkoxid oder Siliziumdioxid. Nanosilber ist laut Verbraucherzentrale ein sogenanntes Biozid, also potentiell umweltschädigender Stoff. Biozide sind Substanzen, die z.B. auch zur Schädlingsbekämpfung in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Wegen ihrer keimtötenden Wirkung werden sie gegen Bakterien und Mikroorganismus eingesetzt.

Diese Funktion machen sich auch Textilhersteller zu Nutze: Die nanohaltigen Silberpartikel sollen in Sportkleidung unangenehme Gerüche unterdrücken, weil sie die Bakterien bekämpfen, die sich im Schweiß vermehren. Auch Krankheitserreger sollen sie die Verbreitung erschweren. In UV-Kleidung wird mit Titandioxid auch ein ähnlich problematischer Stoff eingesetzt.

Das klingt alles erstmal gut, doch ist der Stoff eben Fluch und Segen zugleich, da er eben auch als umweltschädlich gilt. Das Problem dabei sind die sich herauslösenden kleinsten Silberionen. Es ist zudem unklar, wie sich Nanofasern, die sich aus den Stoffen herauslösen könnten, auf die Haut auswirken. Inwieweit Nanopartikel Allergien auslösen könnten, ist noch nicht gänzlich erforscht. Wenn diese jedoch massenhaft in die Umwelt gelangen, ist die Auswirkung unabsehbar.

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Nach Angaben der Experten des Projektes DaNa4.0 (www.nanopartikel.info) gibt es bei nano-silberhaltiger Kleidung bisher keine Hinweise auf schädliche Effekte auf die Haut oder allergische Reaktionen. Untersuchungen zur Anwendung von Nano-Silber direkt auf der Haut, z. B. in Wundauflagen, zeigten, dass es zu leichten Hautreizungen kam. Diskutiert wird außerdem, ob sich Nano-Silber negativ auf die Bakterienflora der Haut auswirken kann. Das ist nach Informationen des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) bislang nur unzureichend erforscht - ebenso wie die Entwicklung von möglichen Resistenzen von Bakterien.
Verbraucherzentrale Baden Württemberg

Aktuell darf Nanotechnologie in Textilien noch eingesetzt werden, basierend auf Übergangsregelungen. Doch die Europäische Kommission hat laut Verbraucherzentrale Baden Württemberg 2021 bekannt gegeben, dass Nano-Silber ab 2023 nicht mehr verwendet werden darf. Was passiert dann mit dem Silberchlorid in den Periodenslips?

Silberchlorid bei Periodenunterwäsche

Silberchlorid soll also in der Periodenunterwäsche den Vorteil haben, Bakterien und Keime im Periodenblut abzutöten. Dadurch muss man die Slips nicht übermäßig heiß waschen und sie behalten meist längere Zeit ihre Form und Funktion. Auf der anderen Seite ist eben nicht 100 % sicher, inwiefern sich die Silberteilchen aus dem Stoff beim Waschen lösen könnten. Durch das Waschwasser könnten sie in die Umwelt gelangen. Auch die Wirkung auf die Haut ist noch nicht letztgültig geklärt. Daher ist der Einsatz in dieser intimen Region immer noch äußerst umstritten.

Ooia behauptet dazu: "Der Einsatz unseres Silberchlorids hat keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt beim Auswaschen. Die Mengen an Silber, die durch unseren Wirkstoff wieder in die Natur zurückkehren, entsprechen dem durchschnittlichen natürlichen Silbergehalt des Bodens oder von Gesteinen in der Natur. Die aktiv antibakteriell wirkenden Silberionen des Silberchlorid-Produkts werden innerhalb von Sekunden im Abwasserstrom durch sulfidhaltige Bestandteile zu absolut unlöslichem Silbersulfid (Ag2S) gebunden und sind damit nicht mehr bioverfügbar."

Selenacare gibt an: "Dank SILVERPLUS® können unsere Textilprodukte – Unterwäsche, Binden und Slipeinlagen – bereits bei niedrigen Temperaturen (30°C) effektiv gereinigt werden. Das wirkt sich auf den Energieverbrauch und somit auch positiv auf die Umwelt aus."

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Als Kundin ist man jetzt endlos verwirrt. Obige Marken geben teilweise an, Silberchlorid zu verwenden, allerdings keine Nanopartikel. Laut den Ausführungen der Verbraucherzentralen und des Bundesumweltamtes ist jedoch gerade das nicht unbedenklich. Außer die Marken können garantieren, dass ihr Stoff hautverträglich ist und sich keine Kleinstpartikel beim Waschen lösen. Aktuell ist dies nicht der Fall.

Was sagen die Experten und Expertinnen?

Unsere Kolleg*innen vom Magazin Peppermynta haben genau nachgeforscht und sich mit Experten und Expertinnen vom Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN) ausgetauscht. PAN-Expertin Susanne Smolka sagt dort:

Sie kenne "keinen einzigen wissenschaftlichen Nachweis, dass antimikrobielle Biozide in Alltagsprodukten einen größeren Gesundheitsnutzen hätten als die klassischen Maßnahmen wie Hand- und Körperhygiene mit einer hautschonenden Seife, der 60° Wäsche für hautnahe Textilien oder der Nutzung einer Geschirrspülmaschine.(...)"

Auch beim Umweltratgeber Utopia hat man sich mit Silberchlorid in Periodenwäsche befasst und sieht das eher kritisch. Ein Chemiker wird dazu zitiert:

Da es jedoch noch keine Erkenntnisse zum Einfluss von Bioziden auf die Bakterienflora im Intimbereich gebe, raten die Expert:innen von der Benutzung biozidhaltiger Period Panties ab.
Dirk Bockmühl, Gesellschaft Deutscher Chemiker, utopia.de
Katja Nauck

Schwierig für die Verbraucherin

Ich trage seit über zwei Jahren gern und regelmäßig Periodenslips. Doch ich muss zugeben, dass ich mir anfangs keine Gedanken darüber gemacht habe, ob die Inhaltsstoffe hautfreundlich und umweltverträglich sind. Das findet ihr ignorant? Man könnte es so nennen. Letztlich hab ich den "Marketingversprechen" und Informationen der Hersteller vertraut. Wenn mir jemand schreibt, dass sein Produkt, "hautverträglich, umweltfreundlich, vegan und sicher ist" muss ich das erstmal glauben.

Viele Slips haben eine Zertifizierung. Aber der gute Glauben reicht eben heutzutage nicht mehr. Wir müssen uns informieren und genau nachfragen. Doch das kann ja nun mal nicht die Lösung sein, dass man jedes Mal nachrecherchieren muss. Es wäre schön, wenn es eine unabhängige Instanz gäbe, die Periodenslips regelmäßig auf Biozide und ähnliche umweltschädliche und potentiell hautbedenkliche Stoffe hin untersucht und all jene ein Siegel bekommen, die darauf verzichten.

Katja Nauck
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Marken- mit und ohne Silberchlorid: Ihr habt die Wahl

Letztlich müssen wir als Verbraucherinnen und Trägerinnen jetzt selbst entscheiden, was uns wichtig ist. Periodenunterwäsche hat wirklich viele Vorteile, aber es kann Gründe geben, sie abzulehnen, nicht nur wegen Silberchlorid. Das muss jede Frau für sich entscheiden. Wenn ihr oben genannten Gründen Silberchlorid ablehnt, dann könnt ihr folgende Marken testen. Allerdings schließt das nicht aus, dass manche Marken doch ein anderes Biozid einsetzen oder eines mit "biozider Wirkung".. Das Magazin Peppermynta hatte hier genau nachfragt und es bleibt undurchsichtig.

Diese Periodenslips geben an, kein Silberchlorid zu verwenden:

Wir haben in unserem großen Periodenunterwäsche-Test die Slips nicht auf die Inhaltsstoffe, dafür aber auf die Saugfähigkeit, den Sitz, die Alltagstauglichkeit und die Optik untersucht. Viele Redakteurinnen bei uns haben ihre Meinung dazu abgegeben und so erhaltet ihr ein vielfältiges Meinungsbild, das euch vielleicht bei eurer Entscheidung hilft:

Vielleicht ist ja eine Menstruationstasse eher was für euch? Wir verraten euch, ihre Vorteile und wie man sie richtig einsetzt:

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Bildquelle: Kora Mikino, Fotografin: Sophie Brand

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