Große Gefühle und "negatives" Verhalten gehören einfach zum ganz normalen Alltag mit unseren Kindern dazu. Aber manchmal gibt es plötzlich Phasen, in denen wir uns fragen, ob nicht mehr dahinter steckt, weil wir unser Kind einfach nicht wiedererkennen. Oder wir sehen neue Verhaltensweisen, die wir nicht verstehen können. Dann kann es gut sein, dass zu wenig Zeit mit uns Eltern dahintersteckt.
Veränderungen und Übergänge zu Neuem sind für unsere Kinder oft schwer. Das sind Situationen, in denen wir Eltern uns oft auf schlechte Laune, Wutanfälle und aggressives Verhalten einstellen. Aber was, wenn ohne Grund im normalen Alltag emotional bei unseren Kindern plötzlich alles Kopf steht? Oder unsere Kids über längere Zeit hinweg mehr und mehr aus dem Gleichgewicht geraten, obwohl sich gefühlt nicht viel verändert hat? Ein guter Ansatz ist, zu schauen, wie sich unsere Quality-Time mit unseren Kindern entwickelt hat.
Unsere Kinder brauchen Zeit mit uns Eltern – oft unbewusst
Wenn wir andere körperliche und soziale Ursachen ausschließen können oder adressiert haben, dann kann es sehr gut möglich sein, dass die Ursache einfach an zu wenig Zeit miteinander liegt. Denn unsere Kinder – egal, ob Kleinkind oder Teenager – füllen ihren emotionalen Becher durch Zuwendung von uns Eltern wieder auf.
Wie einfach wäre es doch, wenn unsere Kids uns schlicht sagen würden: Mama/Papa, ich brauche mehr Zeit mit dir! Manchmal tun sie das auch wirklich. Aber viel öfter wissen sie selber nicht, dass ihnen die Verbindung zu uns fehlt. Mehr zum emotionalen Cup und wie ihr ihn schon mit kleinen Ideen wieder füllen könnt, findet ihr hier:
So erkennen wir, dass unser Kind sich nach Verbindung zu uns sehnt
An den folgenden Verhaltensweisen könnt ihr erkennen, ob euer Kind sich bewusst oder vielleicht unbewusst nach mehr Verbindung mit euch sehnt. Sei es das Kleinkind, das plötzlich nicht von eurer Seite weicht, das Grundschulkind, das Wutanfälle bekommt oder der Teenie, der euch nur noch anmotzt: Nicht selten hilft mehr One-on-One-Time, unsere Kids ins Gleichgewicht zu bringen. Oder dabei, hinter den wahren Grund zu kommen, was eigentlich los ist. Denn meistens öffnen sich unsere Kinder von selbst, wenn wir ihnen unsere sichere und ungeteilte Aufmerksamkeit schenken.
Babys und Kleinkinder zeigen uns oft deutlicher, wenn sie uns brauchen. Und sie brauchen uns auch noch so sehr! Aber es sind oft unsere Grundschüler und Teenies, deren Liebe für neue Unabhängigkeit oft ihr Bedürfnis nach Nähe zu uns Eltern überdecken kann. So weit, dass sie es auch selbst gar nicht benennen können, was eigentlich fehlt.
#1 Wutanfälle
Große Gefühle gehören für Kinder (und auch für uns Erwachsene) zum Leben dazu. Wutanfälle treten besonders bei Kleinkindern und Vorschülern oft auf. Und auch Kids mit sensorischen Hürden und Grundschulkinder haben nicht selten Gefühlsausbrüche. Aber wenn es bei unserem Kind plötzlich häufiger passiert als sonst oder nach langer Pause plötzlich wieder täglich zu großen Wutanfällen kommt, dann steckt manchmal ein Drang nach Nähe zu uns dahinter.
Wichtig: Es kann sehr viele Auslöser für plötzliche Wutanfälle oder andere Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern geben. Dehalb ist es ganz wichtig, unseren Kids zuzuhören, genau auf Ursachenforschung im sozialen Umfeld zu gehen und auch medizinische Ursachen auszuschließen. Hilfe findet ihr kostenlos bei Pro Familia oder der Familienberatung eures zuständigen Jugendamtes.
#2 Aufmerksamkeit & Unterbrechungen
Sobald ihr euch mit anderen Erwachsenen oder eurem Partner/eurer Partnerin unterhalten wollt, springt euer Kind dazwischen oder veranstaltet die tollkühnsten Stunts, während es genau checkt, ob ihr auch WIRKLICH hinschaut? Was nach einer Bluey-Folge klingt, ist für viele Familien Teil der Realität. Meistens wollen Kids uns damit mitteilen, dass sie eben doch mehr Aufmerksamkeit von uns brauchen. Dafür nehmen sie sogar die negative in Kauf, die sie dabei oft bekommen.
#3 Anhänglichkeit
Ein Kind, das bei der normalen Routine plötzlich unter großer Trennungsangst leidet oder selbst zu Hause konstant an unserer Seite klebt (Mama wo gehst du hin? IN DIE KÜCHE?! Ich will mit!), zeigt uns ganz deutlich, dass es mehr Zeit mit uns braucht. Oft hilft es, feste kleine "Inseln" in den Alltag einzubauen, um alles wieder zu entspannen.
#4 Aggressives Verhalten
Wutanfälle, die sich plötzlich direkt gegen ein Elternteil richten oder auch aggressives Verhalten gegenüber Geschwistern ist oft ein Zeichen, dass Zeit mit einem Eternteil (oder beiden) fehlt. Denn auch wenn Geschwisterstreit total normal ist, lassen unsere Kids ihren Frust über die gefühlte Benachteiligung gerne an ihrem Bruder oder ihrer Schwester aus. Oder wenden sich direkt gegen den Elternteil, den es betrifft. Aber auch aggressives Verhalten in Kita oder Schule ist ein Zeichen, dass ein Kind sich emotional etwas verloren fühlt und uns als Anker braucht.
#5 Ablehnung
Ganz normal ist es auch, wenn Kinder ein Elternteil phasenweise bevorzugen. Aber wenn sie uns auf einmal in vielen Situationen ablehnen, sich vielleicht nicht von uns trösten lassen oder Zeit mit uns verbringen wollen, dann steckt oft genau das Gegenteil von Abneigung dahinter (auch wenn es sich für uns Eltern hart anfühlt.)
Oft passiert das, wenn plötzlich ein Elternteil eine Routine übernimmt, für die der andere vorher zuständig war und man so plötzlich weniger Zeit zusammen verbringt (z.B. School Run oder ins Bett bringen). Und selbst dann, wenn die Veränderung vielleicht von unserem Kind selbst gewollt war.
Mit konstant mehr Zeit zusammen und mehr Aufmerksamkeit können wir die Verbindung zu unserem Kind wieder herstellen und auch die Aggressionen werden wieder weniger.
Gründe, warum Kinder mehr Zeit mit uns brauchen
Klar, wir Eltern geben unser Bestes und im Alltag steht eben viel an. Aber doch passiert es ganz unbewusst, dass vielleicht eine kleine Aktivität mit unserem Kind wegfällt. Oder ein neuer Termin außerhalb von zu Hause für unsere Kids dazukommt, der ihnen emotional einfach mehr abverlangt.
Manchmal liegt es auch daran, dass eine Krankheit, ein neuer Job, eine schwierige Familiensituation oder ein Geschwisterkind unsere Aufmerksamkeit braucht. Oder eine neue Familienroutine. Oft halten unsere Kids das scheinbar "gut" aus, aber über längere Zeit hinweg wird es einfach zu viel, das ihnen fehlt. Eltern mit mehreren Kids kennen das bestimmt gut: Phasenweise läuft eines eher so nebenbei mit, während das andere mehr Unterstützung benötigt.
Und dann ist genau das Kind, das uns gerade "keine Sorgen" macht, das plötzlich emotional überfordert ist. Das ist manchmal total schnell erkennbar, kann aber auch schleichend passieren.
Unser Alltag muss für alle funktionieren
Auch bei uns war es schon oft so, dass nach einer Veränderung wider Erwarten alles gut läuft, bis dann Wochen später alles komplett kippt. Oder es passiert, dass meine Kids phasenweise so richtig aus dem Gleichgewicht geraten. Dann hilft es, auf die folgenden Anzeichen zu achten und zu versuchen, mit etwas mehr Mum- oder Dad-Time gegenzusteuern. Das ist nicht immer einfach umzusetzen, aber meistens genau das, was unseren Kids (unbewusst) gefehlt hat. Wenn es schwer ist, den Alltag um unsere Kinder herum zu planen, hilft es vielleicht schon, sie in ihn mit einzubeziehen. Hilfreiche Tipps, wie das funktionieren kann, findet ihr hier:
Tipps, wie Kids im Haushalt mitmachen
Montessori-Tipps, wie Kinder mit in der Küche helfen
Nicht nur für unsere Kinder, auch für uns Eltern sind solche Phasen oft sehr herausfordernd. Und besonders deshalb, weil wir selbst noch vieles aus unserer Kindheit in uns tragen. Im Video erklärt Psychologin Stefanie Stahl, wie wir unser inneres Kind heilen können: