Er tut nicht weh, betroffene Kinder spüren ihn kaum, die Folgen von Bluthochdruck jedoch sind gefährlich: Herzinfarkt, Schlaganfall oder Nierenschäden schon in jungen Jahren. Experten fordern deshalb regelmäßige Blutdruckmessungen beim Kinderarzt.
Bluthochdruck bei Kindern - Tendenz steigend
Noch ist Bluthochdruck (medizinisch: Hypertonie) bei Kindern selten, die Tendenz aber steigend. Weil es immer mehr übergewichtige Kinder gibt, leiden auch immer an Bluthochdruck. Das Problem: „Es gibt keine Symptome, Bluthochdruck spürt man selten oder erst, wenn er schon sehr hoch ist. Dann kommt es zum Beispiel zu Kopfschmerzen“, sagt Dr. Susanna Wiegand, von der Adipositas-Ambulanz an der Berliner Charité.
Mit „Blutdruck“ ist der Druck gemeint, mit dem das Blut bei jedem Herzschlag durch die Gefäße fließt. Übergewicht, Bewegungsmangel, falsche Ernährung (und bei Erwachsenen das Rauchen) führen zu Ablagerungen in den Gefäßen. Die Folge: Das Blut kann nicht mehr problemlos fließen, das Herz muss es mit stärkerem Druck durch die Gefäße pumpen. Wenn die Betroffenen ihren Lebensstil nicht ändern oder Medikamente bekommen, entstehen immer mehr Ablagerungen in den Gefäßen, sie können sogar verstopfen.
Kardiologen fordern deshalb ab dem dritten Lebensjahr regelmäßige Blutdruckmessungen beim Kinderarzt. Doch in der Praxis ist das nicht so einfach: „Man braucht spezielle Geräte und Manschetten für Kinder“, sagt Susanna Wiegand. Außerdem sage eine einmalige Messung noch nicht viel aus. „Nicht jeder einmalig gemessene hohe Wert ist schon Bluthochdruck“, sagt Wiegand. Der Blutdruck kann aus verschiedenen Gründen kurzfristig ansteigen, zum Beispiel nach dem Sport, oder weil das Kind aufgeregt ist. Keinesfalls sollte man zu Hause mit dem Gerät von Oma oder Opa messen, die Manschette ist für schmale Kinderarme zu groß.
Kinder haben andere Blutdruckwerte
Wichtig für die Diagnose ist deshalb eine 24-Stunden-Messung - anhand der Werte kann der Arzt feststellen, ob der Blutdruck dauerhaft erhöht ist, vor allem nachts. „Normalerweise sinkt der Blutdruck nachts ab“, erklärt Susanna Wiegand. „Fehlt diese Nachtabsenkung, bleiben die Werte hoch, ist dies ein frühes Zeichen für Bluthochdruck.“ Wer seinen Blutdruck misst oder messen lässt, erhält zwei Werte: Zuerst zieht sich das Herz zusammen, um Blut in die Hauptschlagader zu pumpen. Diese Phase nennt man Systole, der Blutdruck-Wert der zuerst gemessen wird, ist deshalb der systolische Blutdruck. Anschließend dehnt sich der Herzmuskel aus, um sich wieder mit Blut zu füllen – die sogenannte Diastole. Der zweite, in der Regel niedrigere Wert heißt deshalb diastolischer Blutdruck. Die Maßeinheit dafür heißt mmHg (Millimeter Quecksilbersäule). Gesunde Erwachsene haben meist einen Blutdruck von 120 (systolisch) zu 80 (diastolisch) mmHg, ab 140/90mmHg spricht man von Bluthochdruck.
Bei Kindern lassen sich nicht so einfach Grenzwerte festlegen, weil sie noch im Wachstum sind. Der Blutdruck ist deshalb immer abhängig von Alter, Größe und Gewicht. So liegt der Normalwert eines Fünfjährigen bei 95/58mmHg, bei einem 13-Jährigen ist er 106/66mmHg.
Eine Tabelle der Norm- und Grenzwerte für hohen Blutdruck nach den Vorgaben der Deutschen Hochdruckliga finden Sie am Ende dieses Artikels. Ob der Blutdruck Ihres Kindes in Ordnung ist, können Sie mit dem Blutdruckrechner der Kinder- und Jugendärzte im Netz berechnen.
Warum haben schon Kinder Bluthochdruck?
Hypertonie bei Kindern kann verschiedene Ursachen haben. In manchen Fällen löst eine andere Krankheit den hohen Blutdruck aus, zum Beispiel eine chronische Nierenerkrankung oder ein Herzfehler. Vor allem aber sind übergewichtige Kinder betroffen, die außerdem familiär vorbelastet sind. Bluthochdruck ist erblich, das heißt, viele der kleinen Patienten haben Verwandte, deren Blutdruck ebenfalls zu hoch ist. Nicht nur das: Häufig gehört zu dieser Vorbelastung, dass Familienmitglieder schon früh von einer der Folgen von Bluthochdruck betroffen waren - einem Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Eine weitere Ursache für Bluthochdruck bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die Forscher gerade erst untersuchen, sind Energy-Drinks. Diese enthalten nicht nur viel Zucker, sondern auch viel Koffein. Eine Dose (300 Milliliter) am Tag macht vielleicht nicht viel aus, aber viele Jugendliche trinken viel mehr davon. Die Folgen: Zittern, Herzrasen, Herzrhythmusstörungen und erhöhter Blutdruck – auf Dauer.
Hypertonie ist gut behandelbar
Die gute Nachricht: Bluthochdruck bei Kindern und Jugendlichen ist behandelbar. „Die beginnenden Gefäßveränderungen sind umkehrbar, deshalb sollte man nach der Diagnose schnell einen Spezialisten aufsuchen“, sagt Susanna Wiegand. Aber die Werte sinken erst, wenn die Betroffenen ihr ganzes Leben auf den Kopf stellen, das gilt für Erwachsene wie Kinder. Das bedeutet: Regelmäßig Sport treiben, und zwar Ausdauertraining, gesund ernähren (weniger Zucker, Fett und Salz), und abnehmen. Erst wenn die Pfunde purzeln, muss das Herz weniger pumpen.
Manchmal gehören auch Medikamente zur Therapie, Blutdrucksenker wie zum Beispiel ACE-Hemmer. „Wenn es mit dem Sport und der Gewichtsreduzierung klappt, kann man die Medikamente oft wieder absetzen“, so Wiegand. Ziel sei es immer, die Medikamente wieder überflüssig zu machen. Wiegand betont aber auch: Wer schon als Kind die Diagnose Bluthochdruck bekommen hat, bleibt auch nach erfolgreicher Behandlung gefährdet und hat ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, Herzinfarkt und Schlaganfall. Prävention ist deshalb unglaublich wichtig: Sport, gesunde Ernährung, Übergewicht vermeiden.
Bildquelle: iStock