Beim Rapunzel Syndrom handelt es sich um eine seltene psychische Erkrankung, die hauptsächlich Mädchen betrifft. Die Betroffenen reißen sich selbst Haare aus und essen diese dann. In einigen Fällen musste deshalb schon not-operiert werden. Hier findet ihr Ursachen, Symptome und Behandlung des Rapunzel Syndroms.
Unsere Kinder entwickeln immer mal wieder kleine Macken und Ticks, die uns komisch erscheinen, sich aber nach einiger Zeit wieder verwachsen. Gerade das Spielen, Drehen und Fummeln an den eigenen Haaren beobachten viele Eltern. Das ist an sich noch nichts Schlimmes. Wenn ihr aber seht, dass sich euer Kind selbst vermehrt Haare ausreißt, ist Aufmerksamkeit geboten. Es könnte das Rapunzel Syndrom dahinter stecken.
Was ist das Rapunzel Syndrom?
Das Rapunzel-Syndrom ist eine Zwangsstörung, die sich in den meisten Fällen aus zwei Zwangsstörungen zusammensetzt. Betroffene leiden unter Trichotillomanie, dem zwanghaften Ausreißen von Haaren (in manchen Fällen auch Wimpern und Augenbrauen) in Kombination mit Trichophagie, dem Zwang die Haare anschließend zu essen bzw. zu verschlucken. Dabei entsteht dann ein Trichbezoar, ein aus Haaren bestehender Magen-Darmstein.
Der Name der Zwangsstörung lehnt sich an das gleichnamige Märchen der Gebrüder Grimm an, in dem der sehr lange Zopf einer Prinzessin im Fokus steht.
Wer leidet unter dem Rapunzelsyndrom?
Unter dem Rapunzel Syndrom leiden fast ausschließlich Mädchen. Die psychische Erkrankung tritt meist in jungen Jahren auf – nur 20 % der Erkrankten sind über 20 Jahre alt. Bei über 30-Jährigen liegt die Zahl nur noch bei 3 %. In Deutschland leiden laut der Deutschen Gesellschaft für Zwangserkrankungen (DGZ) ca. 0,5 % bis 1,05 % der Bevölkerung an Trichotillomanie.
Wenn das Kleinkind Haare isst!
Möglicherweise spielen eine familiäre Veranlagung und neurobiologische Faktoren eine Rolle bei der Entwicklung eines Rapunzelsyndroms. Auch belastende und traumatische Erlebnisse wie Mobbing, Scheidung der Eltern, Missbrauch oder Vernachlässigung können ein Auslöser sein. Die Zwangsstörung tritt meist etwa zwischen dem 11. und 15. Lebensjahr auf und kann je nach Erkennen und Behandlung Monate oder Jahre andauern.
In der Regel ist das Rapunzel Syndrom aber nur Teil einer oder mehrerer zugrundliegender psychischen Erkankungen wie Depression, Schizophrenie, Angst- oder Persönlichkeitsstörung. Auch im Zusammenhang mit Essstörungs-Erkrankungen wurde Trichotillomanie (mit und ohne Trichobezoar) schon beobachtet.
Hinweis: Unter dem Rapunzel-Syndrom können auch schon Babys und Kleinkinder leiden, weil meist nicht so schnell auffällt, da Kinder in diesem Alter ihren Körper entdecken und dabei auch mal Haare ausreißen. Bemerkt ihr jedoch kahle Stellen am Kopf eures Kindes oder beobachtet direkt wir euer Kleinkind Haare isst, dann sprecht euren Kinderarzt oder eure Kinderärztin darauf an.
Was sind die Symptome des Rapunzel-Syndroms?
- Bauchschmerzen im Oberbauch (Magen)
- Übelkeit
- Erbrechen von Nahrung und in weiter fortgeschrittenem Stadium auch Blut (meist rot bis rotschwarz und eventuell in krümeliger Konsistenz)
- Blähbauch
- Verstopfung
- Appetitlosigkeit
- Gewichtsverlust
Meist geht dem ein Haarverlust voraus, sodass auch dies ein Hinweis auf das Rapunzel-Syndrom sein kann.
Wie wird das Rapunzel-Syndrom diagnostiziert?
Befindet sich das Rapunzel-Syndrom noch im Anfangsstadium, sprich Eltern bemerken, dass ihr Kind sich Haare ausreißt und diese isst, sollte diese Auffälligkeit direkt mit der Kinderärztin besprochen werden. Diese wird Betroffene zu einer weiteren Behandlung beraten und gegebenenfalls an Expert*innen weiterleiten.
Treten bereits die ersten oben beschriebenen Symptome auf, ist in manchen Fällen auch schon eine Verhärtung im Magen zu ertasten, da sich dort bereits ein schwarzes Haarknäuel bzw. palpabler Tumor befindet, welcher operativ entfernt werden muss.
Wie wird das Rapunzel-Syndrom behandelt?
Befindet sich bereits ein größeres Haarknäul im Magen, muss dieses zunächst operativ entfernt werden. Kleinere Knäule (Bezoare) können möglicherweise auch endoskopisch, also nicht invasiv, (über die Speiseröhre) entfernt werden.
Da es sich beim Rapunzel-Syndrom um eine psychische Erkrankung handelt, wird diese psychotherapeutisch behandelt, meist über einen längeren Zeitraum, um einen Rückfall oder Etablierung in Form als andere Zwangsstörung zu verhindern.
Abschließend noch einmal der Hinweis, dass das Rapunzel-Syndrom wirklich sehr selten ist. Dennoch ist es nie verkehrt euren Arzt oder Ärztin darauf anzusprechen, wenn ihr einen Verdacht in diese Richtung habt.
Wir recherchieren mit großer Sorgfalt und nutzen nur vertrauenswürdige Quellen. Die Ratschläge und Informationen in diesem Artikel ersetzen keine medizinische Betreuung durch entsprechendes Fachpersonal. Bitte wendet euch bei gesundheitlichen Fragen und Beschwerden an eure Ärztinnen, Hebammen oder Apotheker, damit sie euch individuell weiterhelfen können.
Hinweis: Wenn ihr oder euer Kind gefährdet seid und ihr nicht weiter wisst, steht euch das Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe zur Verfügung. Ihr erreicht es unter 0800 / 33 44 533. In Notfällen, z. B. bei drängenden und konkreten Suizidgedanken zögert nicht, euch an die nächste psychiatrische Klinik oder den Notarzt unter der Telefonnummer 112.
Häufige Fragen zum Rapunzel-Syndrom
FAQ Rapunzel Syndrom
Wie wahrscheinlich ist es, dass mein Kind am Rapunzel Syndrom leidet?
Werden beim Rapunzelsyndrom ausschließlich Haare verschluckt?
Werden Haare im Magen verdaut?
Können Haare wieder ausgeschieden werden?
Was sind erste Anzeichen für das Rapunzel-Syndrom?
Quellen: Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen e.V., Ärzteblatt, Ärzte Zeitung, DocCheck.com