Bereits im frühesten Alter werden Kinder in ein binäres System aus männlich und weiblich unterteilt. Dabei sieht die Realität viel diverser und bunter aus! Trans* Schauspieler Brix Schaumburg gibt euch 5 Tipps, wie ihr und eure Kinder offen mit dem Thema LGBTIQ+ umgehen könnt. So schafft ihr eine sichere und respektvolle Umgebung, die nicht nur eure Eltern-Kind-Beziehung, sondern auch die Resilienz und das Selbstwertgefühl eurer Kinder stärkt.
Um eine Aufmerksamkeit für nicht-binäre und trans* Lebensrealitäten und somit eine sichere und offene Umgebung zu schaffen, könnt ihr eure Kinder schon früh für das Thema sensibilisieren. Brix Schaumburg ist der erste in Deutschland geoutete trans* Schauspieler. Für Familie.de gibt er konkrete Beispiele, wie ihr eure Kinder schon im jungen Alter für einen offenen Umgang mit oder auch als LGBTIQ+-Personen sensibilisieren könnt oder auch, wie ihr als Eltern von jungen trans* Personen eure Kinder unterstützen und deren Umgebung aufklären könnt.
#1 Werdet zur Vertrauensperson
Für Eltern ist wichtig zu verstehen, dass trans* zu sein nicht einfach eine ‘Phase’ ist. Ebenso wenig, wie wir uns unser Geschlecht aussuchen können, fühlt sich jede Person ihrem biologischen Geschlecht auch zugehörig. Umso wichtiger ist es, dass ihr als Eltern eure Kinder aktiv begleitet. Respektiert das geäußerte Geschlecht eures Kindes und versucht, das binäre System aus Junge oder Mädchen aufzubrechen. Gebt euren Kindern den sicheren Raum und Freiraum, den sie brauchen, um sich zu entdecken und zu entfalten. Auch wenn ihr nicht für alle Fragen eine Antwort habt, ist es wichtig, dass euer Kind sich euch mit allen Sorgen und Ängsten anvertrauen kann. Oft gehen sie am Ende intuitiv den für sie richtigen Weg und eine Stärkung von zu Hause ist auf diesem Weg enorm wichtig.
Mir persönlich ist es unfassbar wichtig, dass die Medien und Zeitschriften über diese Themen und somit über unsere Leben berichten, denn viele Menschen fühlen sich allein oder hilflos, da nicht genügend Aufklärung betrieben wird und daher mein Slogan: Nur zusammen sind wir lauter. Aufklärung ist das wichtigste Tool, welches wir im Leben miteinander nutzen sollten.
Brix Schaumburg
#2 Werft Klischees über Bord!
Es mag vielen schwer fallen das zu akzeptieren, aber: Jeder Mensch soll bitte einfach machen, wonach einem ist! Seien wir mal ehrlich, in 2022 müssen Jungs nicht mehr nur Fußball spielen oder an Autos interessiert sein und Mädchen brauchen keine Barbies, sondern können sich auf für Actionfiguren interessieren. Lasst also alle Klischees links liegen, euren Sohn auch mal die Nägel lackieren und eure Töchter an die Werkbank. Erinnert euch daran, wie in den 80er Jahren eure “männlichsten” Musikidole alle Nagellack, Absatzschuhe und androgyne Kleidung getragen haben. Hobbies gehören raus aus der binären Schublade! Ob trans* oder nicht, so lernen Kinder, einen offenen Blick abseits von Geschlechterklischees zu entwickeln und das macht es trans* Personen am Ende auch leichter, sich frei zu entfalten. Zum Glück gibt es auch immer mehr Kinderbücher, bei denen die Held:innen abseits von Geschlechterklischees agieren und ich hoffe, dass sich die Verlage da noch mehr trauen. In diesem Jahr wird auch mein eigenes Buch dazu erscheinen, worauf ich mich sehr freue.
#3 Sucht und bietet Vorbilder
In unserer Kultur mangelt es leider noch immer oftmals an positiven Role Models für trans* Personen. Setzt euch als Eltern aktiv mit diesen auseinander und taucht in ihre Geschichten ab. So sorgt ihr für mehr Verständnis und könnt eurem Kind bei Fragen zu Seite stehen. Fördert darüber hinaus auch die Auseinandersetzung eures Kindes mit Role Models. Zeigt eurem Kind von euch aus “Du bist nicht allein und du kannst alles erreichen.” Vorbilder gibt es viele, aber oftmals mangelt es an passenden Plattformen, auf denen sie zu Wort kommen.
Wenn ihr etwas nicht versteht oder im Umgang unsicher seid: Fragt einfach nach. Die Frage nach dem Artikel zum Beispiel, kann ganz einfach gestellt werden: „Wie möchtest du gerne angesprochen werden?” Man sieht den Menschen meist ihre Identität nicht an. Mit dieser Frage in ein Gespräch zu gehen, ist ein super Einstieg und erleichtert es trans* Personen, die für sie passenden Artikel zu kommunizieren.
Brix Schaumburg
Im Vergleich zu meiner Kindheit ist die Präsenz von trans* Personen schon ordentlich angestiegen und ich bin froh, dass sich die trans* Community, von Jung bis Alt, mehr präsentiert und tolle Aufklärungs-Formate zur Verfügung stellt. Ein tolles Beispiel ist hier auch der Film “They/Them”, den das Unternehmen Patagonia veröffentlicht hat, bei der die nicht-binäre Person Lor Einblicke in die eigene Entwicklung gibt. Es kommen tolle Rollenfiguren wie Lors Mutter zu Wort und es wird gezeigt, welche Rolle auch ein Sport wie Klettern bei der Identitätsfindung spielen kann. Ich selbst habe den Film schon ungefähr fünf Mal gesehen und jedes Mal entdecke ich etwas Neues darin, was mich mit Lor verbindet. Das ist genau, was andere trans* Personen brauchen – die Geschichte einer trans* Person, die ihren Weg geht. Und dass es viele verschiedene Wege gibt, die alle der richtige sein können.
#4 Sucht den Austausch
Eltern müssen nicht allwissend sein und es ist okay, wenn ihr euch bei Fragen eurer Kinder überfordert fühlt. Ein Austausch mit trans* Personen selbst kann unheimlich helfen, sich in die Gefühlslage des Kindes hineinzuversetzen. Ich freue mich immer wieder, wenn sowohl trans* Personen als auch ihr direktes Umfeld auf mich zukommen. Sich nicht alleine zu fühlen, tut meistens unheimlich gut! Wenn ihr etwas nicht versteht oder im Umgang unsicher seid: Fragt einfach nach. Die Frage nach dem Artikel zum Beispiel, kann ganz einfach gestellt werden: „Wie möchtest du gerne angesprochen werden?” Man sieht den Menschen meist ihre Identität nicht an. Mit dieser Frage in ein Gespräch zu gehen, ist ein super Einstieg und erleichtert es trans* Personen, die für sie passenden Artikel zu kommunizieren. Bleibt transparent und gebt zu, wenn ihr etwas nicht versteht oder Hilfe benötigt. Es ist ein gemeinsamer Wachstumsprozess, bei dem Fehler normal und wichtig sind. Genauso ist es aber auch wichtig, diese zuzugeben und darüber zu sprechen.
#5 Findet Freizeitbeschäftigungen, mit denen sich euer Kind identifizieren kann
Leider sind gerade die meisten Sportarten noch sehr binär geprägt, gerade wenn es um Teamsportarten geht. Da gibt es noch selten gemischte Gruppen. Das habe ich am eigenen Leib erfahren müssen. Einzelsportarten wie etwa Klettern oder Radfahren geben da mehr Raum, diese frei von Geschlechtereinteilungen auszuüben. Hätte ich damals das Klettern für mich entdeckt, wäre das eine große Befreiung gewesen. Mir half stattdessen die Musik, auch um mich selbst auszudrücken.
Über Brix Schaumburg (er/ihn), Schauspieler, Sänger, Sprecher
Seit 2013 steht Brix als Musicaldarsteller, unter anderem als Mowgli im „Dschungelbuch“, als Marshall bei „Paw Patrol“, „Ich bin ein Berblinger“, „Transparencia“, „Tanz auf dem Vulkan“ und vielen weiteren Shows mit Leib und Seele auf der Bühne.
Seit 2019 ist er zusätzlich dazu auch in der Öffentlichkeit, weil er als trans* Mann für seine Community kämpft und diese unterstützt, wo er nur kann. 2020 hatte er seinen 2. Podcast „Herzfarben“ veröffentlicht, welcher sogar für den deutschen Podcast Preis nominiert wurde. Außerdem spielte er Nik in „Sunny – wer bist du wirklich?“; die erste durchgehende, trans-männliche Hauptrolle im deutschen Fernsehen.
Zusätzlich veröffentlichte Brix 2020 seine Single „It will be fine“ und begann mit zahlreichen Talks und Coachings die Welt ein wenig bunter zu machen und Firmen dabei zu helfen, Diversität mehr und mehr in ihren Alltag einzubinden. So coachte er zuletzt unter anderem den deutschen Synchronverband und Wikipedia, aber auch große Firmen wie Patagonia, Tommy Hilfiger und Calvin Klein vertrauen auf sein Know How.
Ihr wollt eure Kids unterstützen, aber seid euch noch etwas unsicher, was alle Begriffe bedeuten und wie ihr die Lingo richtig benutzt? Hier ist LGBTIQ+ kurz und einfach erklärt:
Bildquelle: Brix Schaumburg