Malen, Ball werfen, Türmchen bauen. Ist Ergotherapie für Kinder nur Spielerei? Absolut nicht! Dahinter steckt eine gut durchdachte Förderung bei bestimmten Entwicklungsstörungen. Doch was genau ist eigentlich eine Ergotherapie, über eben das Spielen mit einem Therapeuten hinaus? Wann solltet ihr sie für euer Kind in Anspruch nehmen und was kann sie für Kinder mit Entwicklungsstörungen leisten?
Was ist Ergotherapie?
Der Begriff "Ergotherapie" stammt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt etwa „Heilung durch Handlung und Arbeit“. Ziel der Ergotherapie ist es, einem Menschen mit Entwicklungsstörungen (wieder) ein weitgehend selbstständiges Leben zu ermöglichen. Das kann nach einem Unfall, einer schweren Krankheit oder wegen einer Behinderung oder Entwicklungsverzögerung sein. Ergotherapeutische Maßnahmen schulen dabei zum Beispiel die Motorik, die Konzentrationsfähigkeit und das Sozialverhalten des Patienten. Ergotherapie bei Kindern hat zum großen Teil einen spieltherapeutischen Charakter.
Was kann eine Ergotherapie bei Kindern leisten?
Körperlich und geistig eingeschränkten Kindern kann eine Ergotherapie auf spielerische Art und Weise dabei helfen, sich mit ihren Problemen auseinanderzusetzen und an ihnen zu arbeiten. Bei erfolgreichem Therapieverlauf können die Motorik, die Wahrnehmung, das Sozialverhalten und die Selbstständigkeit des Kindes verbessert werden.
Wann ist Ergotherapie für Kinder sinnvoll?
In den letzten Jahren lässt sich eine zunehmende Zahl ärztlich verordneter Ergotherapien für Kinder feststellen. Die Diagnosen der kleinen Patienten sind vielfältig. Häufig werden entsprechende Maßnahmen schon bei kleinsten Bewegungs- und Verhaltensauffälligkeiten verschrieben. Oft auch auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern, was einige Experten bemängeln. Dennoch: Bei eindeutigen Verzögerungen in der körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklung sowie bei Defiziten in der Motorik, der Wahrnehmung und im sozialen Verhalten kann eine Ergotherapie sinnvoll sein. Solche Probleme werden zum Beispiel in den U-Untersuchungen erkannt.
Konkrete Anwendungsgebiete, bei denen eine Ergotherapie für Kinder in Frage kommt:
• Allgemeine Verhaltensauffälligkeiten (z.B. Aggressivität)
• Verstärkter oder fehlender Bewegungsdrang
• Konzentrationsschwierigkeiten (z.B. auch AD(H)S)
• Außenseiter-Rolle, Distanzierung von Gruppen
• Übersteigertes oder geringes Schmerzempfinden
• Schulprobleme (z.B. beim Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben)
• Schlafstörungen
• Enuresis (Bettnässen)
• Gleichgewichtsprobleme, Koordinationsprobleme
• Übersteigertes oder geringes Selbstwertgefühl
Wie funktioniert eine Ergotherapie bei Kindern?
Zunächst erfolgt ein ausgiebiges Gespräch zur Vorgeschichte und zu den Symptomen des Kindes. Der Ergotherapeut oder die Therapeutin wird euer Kind dann in einer oder mehreren Sitzungen beim Spielen und dem Lösen von konkreten Aufgaben beobachten. Auf diese Weise erkennt er oder sie etwaige Normabweichungen und kann Rückschlüsse für einen geeigneten Therapieansatz ziehen.
Ein wichtiger Faktor bei der Therapie spielt das Umfeld des Kindes. Daher werden immer die Eltern und oft auch die Bezugspersonen aus dem Kindergarten oder aus der Schule mit in die Behandlung einbezogen. Sie werden zum Beispiel informiert, wie sie auf bestimmte Anzeichen und Verhaltensmuster des Kindes reagieren sollten. Der richtige Umgang aller Bezugspersonen kann dem kleinen Patienten Fortschritte in der Therapie erleichtern.
Wie lange eine Ergotherapie dauert, ist von vielen Faktoren abhängig, wie z.B. vom Alter des Kindes und der Ausprägung der vorhandenen Probleme. So kann die Therapie nach drei bis sechs Monaten mit einer bis zwei Therapiestunden pro Woche bereits erfolgreich beendet sein. Bei schwerwiegenderen Problemen kann sie aber auch mehrere Jahre lang andauern.
Wie können Eltern die Therapie unterstützen?
Eltern und auch andere Bezugspersonen des Kindes spielen eine wichtige Rolle für den Therapieerfolg. Ihr solltet immer darauf achten, dass ihr das Kind nicht unter Druck setzen. Oft ist Geduld gefragt, wenn die Therapieerfolge kurzzeitig stocken oder nur in kleinen Teilschritten eintreten.
Wichtig ist, dass ihr die Anweisungen des Therapeuten beherzigt und das Verhaltenstraining auch außerhalb der Therapie fortsetzt. Dabei gilt, dass euer Kind durch kleine Aufgaben und Spiele immer wieder gefordert, nie aber überfordert werden darf. Und egal, auf welchem Gebiet euer Kind Schwierigkeiten hat, es kann sich nur positiv auswirken, wenn Eltern und Erzieher stets für genügend Bewegung und geistige Anregungen sorgen.
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