Sie haben alles andere als einen guten Ruf: Helikopter-Mütter. Wenn es nach frustrierten Lehrer*innen, überforderten Politiker*innen und allwissenden Boomer-Großeltern geht, tragen wohl die Helikopter-Eltern die Schuld an allen Missständen, die die Kinder in unserer Gesellschaft betreffen. Aber Ironie beiseite: Es ist ja gar nicht so leicht, sein Kind in der heutigen Welt nicht überzubehüten und trotzdem für es einzustehen. Steckt auch in dir eine kleine Helikopter-Mama?
Helikopter-Mütter (und -Väter) wollen natürlich nur das Beste für ihre Kids. Das Problem ist, dass sie das oft durch überfürsorgliches und kontrollierendes Verhalten ausdrücken. Sie fangen alle Gefahren und Konflikte ab und versuchen mit allen Mitteln, diese schon vorher kommen zu sehen.
Natürlich steckt in uns Eltern und Bezugspersonen allen der Instinkt, unsere Kids vor Gefahren und Schmerzen beschützen zu wollen.
Aber nur, wenn wir zulassen, dass sie in altersgerechter Weise damit in Berührung kommen, können sie auch lernen, mit ihnen umzugehen. Und Resilienz und Selbstvertrauen entwickeln. Denn sie merken: Diese Hürden kann ich überwinden.
Das macht Helikopter-Mütter aus
Helikopter Mama Profil: 6 Eigenschaften
Werte: Sicherheit, Kontrolle, Planen, Nachdenken
Lebensstil: ist immer an Ort und Stelle, macht gerne Pläne, managt die Familie
Vermeidet: unbekannte Situationen, Überforderung der Kinder
Bevorzugt: Hintergrundinfos, top ausgestattete Spielplätze
Helfer im Alltag: Schutzausrüstung, Whats-App-Gruppen, GPS-Tracker, Dr. Google
Lieblingsorte: zu Hause, Elternabend, Klassenausflug, Erste-Hilfe-Kurs
Helikopter-Mamas sind immer an Ort und Stelle, um das Schlimmste zu verhindern. Allerdings geht das über ganz objektive Gefahren hinaus.
Sie malen sich Schreckensszenarios aus, wo gar keine sind. Und reagieren dann oft über: Beim Laufen-lernenden Baby sind sie immer da, um es abzufangen, das Kleinkind darf nicht auf die hohe Rutsche und wenn, klettern sie am besten gleich mit. Und das Schulkind wird einhundertmal gefragt, ob es sich den Klassenausflug wirklich zutraut. Es darf auch nur mit, wenn Mama ALLE Infos aus den Begleitpersonen herausquetschen konnte (und die GPS-Uhr noch rechtzeitig geliefert wurde.)
Wann wird Helikoptern zu viel?
Klar, das sind auch alles Klischees – und oft ist Erziehung auch nicht Schwarz und Weiß. Denn was ein Kind ohne weiteres (körperlich oder emotional) meistern kann, da ist das andere einfach nicht so weit. Und während wir Eltern in manchen Situationen vielleicht total (oder zu) entspannt reagieren, wissen wir in anderen einfach, dass unser Kind uns braucht.
Die Außenwelt, die uns dann gerne in die Helikopter-Ecke stellt, bekommt nur einen Ausschnitt mit.
Trotzdem ist es aber gut, immer mal in uns hineinzuhorchen: Helikoptern wir zu sehr?
Denn Überbehütung hat tatsächlich viele Nachteile, denn wir übertragen unser Angstgefühl auf unser Kind und vermitteln ihm gleichzeitig: Ich glaube nicht daran, dass du das schaffst. Das kann zu einem toxischen Zyklus werden, der viele Folgen mit sich zieht:
Nachteile von Helikopter-Erziehung
- Kind kann keine eigenen Erfahrungen machen
- Gesteigertes Angstempfinden bis hin zu Angststörungen beim Kind
- Gemindertes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl
- Verhinderte Bildung von Resilienz
- Verringerte Frustrationstoleranz
- Eingeschränkte Bildung von emotionaler Intelligenz und Konfliktlösungskompetenzen
- Behinderte Entwicklung von sozialen Kompetenzen
- Depressionen im Erwachsenenalter
- Geringere akademische Leistungen
Bei aller Verantwortung: Helikoptern hat natürlich sehr viel mit unserer eigenen Kindheit und der Erziehung durch unsere Eltern zu tun. Im Video erklärt Expertin Stefanie Stahl, wie wir es schaffen, unser inneres Kind zu heilen und negative Zyklen zu durchbrechen:
Hat Helikoptern auch Vorteile?
Helikopter-Eltern packen ihre Kids gerne in Watte. Das kann Expert*innen zufolge aber keine Verletzungen verhindern. Vielmehr kann es schlimmere Unfälle heraufbeschwören, denn unsere Kids haben nicht in einem gesicherten Umfeld gelernt, mit Gefahren umzugehen. Auch bei Konflikten in Schule und Kindergarten sind Helikopter-Mamas und -Papas an erster Stelle, ihr Kind zu verteidigen.
Das kann sehr gut sein, denn unser Kind merkt: Wir treten für es ein. Und wir leben vor, dass es wichtig ist, Konflikte anzusprechen. Allerdings fehlt dann oft der Moment, in dem Helikopter-Eltern ihre eigene Verantwortung oder Fehlverhalten ihrerseits anerkennen. Oder das ihres Kindes. Das schlägt sich dann ebenfalls in unterentwickelten sozialen Kompetenzen beim Kind nieder. Und macht es ihm doppelt schwer, seinen Platz in der Klasse oder Gruppe zu finden.
Tipps für Helikopter-Mamas (und -Papas)
Wie schaffen wir es also, in einer Welt, die oft gefährlich, undankbar und voller Mobbing ist, unsere Kinder ihren eigenen Weg gehen zu lassen? Es gibt ein paar Strategien, die uns vom Helikoptern abhalten:
- Vertrauen ausstrahlen
- Sätze verwenden, die Resilienz stärken
- Worte und Wege finden, den Selbstwert unserer Kids aufzubauen
- Achtsamkeit im Familienalltag üben: Bis zehn zählen, beobachtendes Verhalten einnehmen, agieren statt reagieren
- Auf natürliche Konsequenzen vertrauen, denn durch sie lernen Kinder sicheres Verhalten am besten
- Empathie vorleben: Statt Gefühle und Situationen kontrollieren zu wollen, die Perspektive unseres Kindes einnehmen
- Selbstreflexion unterstützen: Dadurch stärken wir bewusstes Handeln bei unserem Kind
- Durch Affirmationen im Alltag unser Vertrauen in unser Kind und seine Kompetenzen stärken (Stichwort weniger Panik!)