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Zwischen Zoff und Verbundenheit: Deshalb ist Geschwisterliebe etwas ganz Besonderes

Geschwisterliebe: Kinder umarmen sich
© Getty Images/ jacoblund

Wer Geschwister hat oder selbst mehrere Kinder, der weiß: Die Liebe ist groß, aber auch die Konkurrenz – und ständige Eifersüchteleien sind tatsächlich ganz normal! Woher sie kommen, wie Geschwisterliebe entsteht und wie wir Eltern die Beziehung unserer Kinder am besten fördern können.

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In Deutschland wachsen die meisten Kinder mit Geschwistern auf: Laut Statistischem Bundesamt hatten 2021 über drei Viertel aller 13,6 Millionen Kinder unter 18 Jahren mindestens eine Schwester oder einen Bruder. Und eine gute Beziehung unter Geschwistern ist nicht nur für ein harmonisches Familienleben (und die Nerven von uns Eltern) wichtig:

Mehrere Studien fanden heraus, dass die Unterstützung ihrer Geschwister eine riesige Wirkung auf das Wohlbefinden, den Selbstwert und die generelle Entwicklung unserer Kids hat. Eine schlechte Geschwisterbeziehung dagegen kann sich später negativ auf ihre Psyche und ihr Verhalten auswirken. Zum Glück gibt es viel, das die Geschwisterliebe unterstützen kann.

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Wie lässt sich Geschwisterliebe fördern?

Anders als bei Freundschaften und Liebesbeziehungen ist die Verbindung zu Geschwistern etwas Unauflösliches: Selbst nach dem schlimmsten Streit hören sie nicht auf, Bruder oder Schwester zu sein.

"Die Geschwisterbeziehung ist eine der wenigen Horizontalbeziehungen, auf die Menschen heute dauerhaft aufbauen können."
Hartmut Kasten, Münchner Staatsinstitut für Frühpädagogik

Geschwister sind einander beständige Begleiter und können oft ein stabiler Halt in schwierigen Zeiten sein. Zwar haben wir Eltern nicht in der Hand, wie sich die Geschwisterbeziehung unserer Kinder langfristig entwickelt. Aber wir können einiges tun, um sie zu stärken:

  • Familienrituale: Gemeinsames Abendessen, regelmäßige Ausflüge oder Vorlesen stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl.
  • Vorbild sein: Wenn wir Eltern ein liebevolles Verhältnis zueinander und zu unseren Geschwistern pflegen, färbt das oft – zumindest langfristig – auf unsere Kinder ab.
  • Gemeinsame Projekte und Ziele: Wenn Geschwister zusammen Erfolgserlebnisse haben, schafft das eine tiefe Verbundenheit.
  • Fairness: Gerechtigkeit, ohne gleichzumachen kann übermäßige Rivalität verhindern.
  • Nischen schaffen: Indem wir die individuellen Talente unserer Kinder erkennen und fördern, können sie ganz konkurrenzlos glänzen.
  • Offenheit: Unsere Kinder können sich ganz unterschiedlich entwickeln und auch in ihrer Persönlichkeit stark unterscheiden. Statt zu vergleichen oder sie in feste Schubladen zu stecken, hilft es, stets offen gegenüber ihrer Entwicklung zu bleiben.

Sind sich Geschwister immer ähnlich?

Geschwister sind sich oft die größten Vertrauten, kennen sich in- und auswendig und sind sich genau deshalb oft die größte Konkurrenz. Sie trinken jahrelang den gleichen Apfelsaft, essen Kekse aus derselben Packung, schlafen oft im selben Zimmer und ringen um die Fernbedienung (oder das Tablet ...).

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Und trotzdem könnten sie oft unterschiedlicher nicht sein! Eine internationale Studie aus dem Jahr 2022 der Universitäten Leipzig, Zürich und der Victoria University of Wellington/NZ hat gezeigt, dass Geschwister sehr wenig Einfluss auf ihre gegenseitige Persönlichkeitsentwicklung haben.

Und obwohl sie das Erbgut derselben Eltern in sich tragen, eine genetische Ähnlichkeit von etwa 50 % haben und (oft) in derselben Umgebung aufgewachsen, unterscheiden Geschwister sich in ihren Persönlichkeitsmerkmalen und in ihrer Intelligenz oft stärker voneinander als von anderen Menschen.

Also ein Grund mehr, warum wir Eltern unsere ihre Kinder am besten wenig aneinander messen. Denn jeder Geschwisterteil hat seine ganz eigenen Stärken, Schwächen, Vorlieben und Hürden. Und braucht deshalb ganz individuelle Anerkennung und Unterstützung.

Deshalb brauchen Geschwister auch unterschiedlich viel Zeit mit Mama und Papa, haben unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse. Eine "gerechte" 50:50 Aufteilung von allem ist von uns Eltern oft gut gemeint, aber wird gerade Geschwistern unterschiedlichen Alters oft nicht gerecht.

Geschwister, die viel verglichen werden und miteinander ständig um die elterliche Liebe konkurrieren müssen, entwickeln eine besonders starke Rivalität und streiten meist mehr als andere.
Carola Bindt, Oberärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hamburg

Das gilt auch für Talente: Sie haben meist nichts mit Genetik, sondern mit individuellen Stärken und Neigungen zu tun. Deshalb könnten viele Geschwister unterschiedlicher nicht sein und leiden nicht selten unter falschen Erwartungen von uns Eltern, Erzieher*innen und Lehrer*innen, wenn sie gegenseitige Talente nicht teilen.

Wie hilft Geschwisterliebe bei der Entwicklung?

Das Aufwachsen mit Geschwistern, so herausfordernd es manchmal sein kann, macht uns auch sozial fit: Denn nicht mit unseren Eltern, sondern mit Bruder und Schwester (oder beiden) üben wir konstant soziale Situationen und lernen für spätere Freundschaften und Beziehungen. Streiten, Kompromisse schließen, Teilen, Nachgeben – aber auch Durchsetzungsvermögen und Empathie lernen Kids mit Geschwistern so ganz nebenbei beim täglichen Spielen, Zoffen und Vertragen.

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Deshalb ist es besonders wichtig, dass wir Eltern solche Konflikte möglichst neutral und liebevoll begleiten und im Nachgang thematisieren, was vielleicht auch anders hätte laufen können.

Geschwister bewerten, vergleichen und kritisieren einander. Sie lernen, sich anzupassen, und wollen dabei doch ganz anders sein als der andere. "Diese Rivalität wirkt als Entwicklungsmotor. Eifersucht ist sozusagen Mörtel für die eigene Identität", sagt der Psychologe Hartmut Kasten, der seit vielen Jahren über die Beziehung von Geschwistern forscht.

"Sie spornt zu Leistungen an und hilft, sich abzugrenzen", so der Experte vom Münchner Staatsinstitut für Frühpädagogik. Kinder mit Geschwistern lernen häufig eher, sich zu positionieren und ihr eigenes Ich zu erkennen.

Gehört Neid zu Geschwisterliebe dazu?

Für uns Eltern manchmal unverständlich, aber ganz normal: Wohl die meisten Kinder fühlen sich gegenüber ihren Geschwistern benachteiligt, was sich rein biologisch begründen lässt: Rein instinktiv ist sich so jedes Kind selbst am nächsten und versucht daher, das größte Stück vom Kuchen (bzw. das beste Weihnachtsgeschenk) zu ergattern.

Für die meisten von uns Eltern ist dagegen klar, dass wir unsere Kinder alle gleich lieben. Schließlich verbindet uns mit allen die gleiche genetische Nähe.

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Psycholog*innen um Dr. Ralph Hertwig vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin haben entdeckt, dass sich beides nicht ausschließt: Denn über die Jahre addieren sich die Zuwendungen, die unsere Kinder bekommen, je nach ihrem Platz in der Geschwisterfolge, sodass sich alles im Großen wieder die Waage hält:

Ihr "Kontostand" wächst zwar verschieden hoch an. Während Erstgeborene die ersten Jahre nicht teilen müssen, sind sie auch eher aus dem Haus. Für die Allerjüngsten wird es dagegen eher am Ende ihrer Jugendzeit günstig: Wenn die älteren Geschwister aus dem Haus sind, freuen sie sich über die ungeteilte Aufmerksamkeit im Elternhaus (mehr oder weniger).

Rein rechnerisch ergibt sich so ein Nachteil für mittlere Kinder, aber sie profitieren dafür auf andere Weise: Laut Psychologin Katrin Schumann ("The Secret Power of Middle Children") genießen unsere Mittleren die meisten Freiheiten, was sie besonders gerechtigkeitsliebend, unabhängig und empathisch macht.

Geschwisterliebe und ausgleichende Gerechtigkeit

Aber können wir Eltern etwas tun, um eine absolute Gerechtigkeit herzustellen? Nicht wirklich. Denn nur ein Kind kann das Älteste sein, nur eines das Jüngste. Hier hilft dann die sogenannte ausgleichende Gerechtigkeit:

Unsere Großen müssen das sogenannte Entthronungstrauma durchstehen, nicht mehr die Einzigen in Mamas und Papas Herzen zu sein und plötzlich Zuwendung, Zeit und Zärtlichkeit mit einem neuen Geschwisterkind teilen. Und zu den "Kleineren" zu gehören, hat durchaus Vorteile: Die Eltern sind entspannter, erfahrener und geduldiger – und oft auch nachsichtiger.

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Also egal, wo in der Geschwisterkonstellation man sich befindet: Es gibt genügend Gründe, seine Schwestern und Brüder von Herzen zu lieben – auch wenn sie einem manchmal gehörig auf den Keks gehen. Aber so ist das nun mal mit Geschwistern!

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Quellen: No Evidence That Siblings’ Gender Affects Personality Across Nine Countries, A Remarkable Alliance: Sibling Autonomy Support and Goal Progress in Emerging Adulthood, Longitudinal Associations Between Sibling Relational Aggression and Adolescent Adjustment, No effect of birth order on adult risk taking

Unser Test entlarvt dich als Einzelkind, Erstgeborene(n), Sandwichkind oder Nesthäkchen – garantiert!

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