Dein Kind hat ein verschmiertes Gesicht und du machst es schnell sauber – mit Spucke. Oder du lutschst den heruntergefallenen Schnuller ab. Viele Mütter tun das, ganz unbewusst und instinktiv, die meisten aber mit schlechtem Gewissen. Ob es gesundheitsschädlich ist oder sogar Krankheiten abwehren kann – darüber streiten die Experten.
Zahnärzte haben jahrzehntelang davon abgeraten, einen heruntergefallenen oder sonst irgendwie dreckig gewordenen Schnuller in den Mund zu stecken und abzulecken, bevor man ihn dem Kleinen wieder gibt. Der Grund: Es könnten schädliche Keime in die Mundflora des Kindes gelangen, vor allem Kariesbakterien.
Mamas Spucke - Gift fürs Kind?
Wenn das Baby gar keinen Schuller mehr braucht stellt sich die Frage gar nicht.
Forscher in Detroit haben jetzt eine Studie veröffentlicht, die zu dem Schluss kommt, dass das Ablutschen des Schnullers sogar vorteilhaft für die Gesundheit der Kinder sein kann. Das Ergebnis ihrer Untersuchungen: Mikroben im Speichel der Eltern können positiv auf das Immunsystem des Babys einwirken und sogar Allergien und Asthma vorbeugen. Verglichen wurden:
- mit kochendem Wasser sterilisierte Schnuller
- mit Wasser und Spülmittel gereinigte Nuckel
- abgelutschte Schnuller
Die Forscher untersuchten die Babys jeweils nach der Geburt, nach sechs Monaten und dann noch einmal im Alter von 18 Monaten. Dabei verglichen sie die Menge an Immunglobulin E im Blut; das sind Antikörper, die Parasiten abblocken. Ihr Ergebnis: Bei den abgelutschten Nuckeln war der Wert von Immunglobulin E niedriger als bei den anderen. Offensichtlich haben Mikroben im Speichel der Eltern einen Einfluss auf das Immunsystem der Babys, wenn sie über den Nuckel aufgenommen werden. Diese Kinder hatten ein kleineres Allergierisiko, da sie weniger von einem Antikörper im Blut hatten, der mit der Entwicklung von Allergien und Asthma in Verbindung steht. Zu solchen Ergebnissen, in einer vergleichbaren Untersuchung, waren schwedische Forscher bereits 2013 auch schon gekommen.
Bewiesen ist der Effekt noch nicht
"Es muss noch weiter geforscht werden, um den potenziellen Zusammenhang zu untersuchen", räumte die Autorin der Studie, Eliane Abou-Jaoude vom Henry Ford Health System in Detroit, ein. Die Studie berücksichtige bislang nur eine kleine Anzahl von Kindern. Auch könne man aus den Ergebnissen nicht ableiten, ob das kleinere Allergierisiko tatsächlich auf die abgeleckten Schnuller zurückgeht oder aber auf andere Faktoren im Leben der Babys.
Was ist Spucke eigentlich?
Unser Speichel ist farblos, geruchlos, geschmacklos. Abgesondert wird er von den Speicheldrüsen in unserem Mund. Sage und schreibe zwischen 0,5 und 1,5 Liter Spucke pro Tag produzieren diese Speicheldrüsen. Spucke besteht zu 99 Prozent aus Wasser. Aber der Rest hat es in sich.
Diese Stoffe sind in unserem Speichel enthalten:
- Mineralstoffe
- Spurenelemente
- Proteine
- Enzyme
- Puffersubstanzen
- Bakterizide und pilzabtötende Stoffe
- Immunglobuline
- freie Aminosäuren
Alle diese Inhaltsstoffe spielen wunderbar zusammen. Ihre Aufgabe ist es, die Nahrung zu verdünnen, anzuverdauen und rutschfähig zu machen, die Zähne zu schützen, Säuren zu neutralisieren, Bakterien und Pilze zu bekämpfen, die Mundschleimhaut gesund zu erhalten und Infekte abzuwehren.
Produziert wird unsere Spucke von Speicheldrüsen im Mund. Neben zahlreichen kleinen Drüsen in der Wangen-, Gaumen- und Rachenschleimhaut haben wir drei große Speicheldrüsen in der Mundhöhle:
- auf beiden Gesichtsseiten die Ohrspeicheldrüse (Glandula parotis)
- ebenfalls beidseitig die Unterkieferspeicheldrüse (Glandula sub-mandibularis)
- die Unterzungenspeicheldrüse (Glandula sublingualis)
Was bewirkt unser Speichel?
Der Speichel schwemmt nicht nur Essensreste und Gewebepartikel weg, sondern auch vielerlei Keime, etwa Bakterien, Pilze und Viren. In unserer Mundhöhle sind mehrere Hundert Keimarten zu Hause. Mit Karies hänge aber nur ein Bruchteil davon zusammen. Er habe die Empfehlung, den Schnuller nicht abzulecken, ohnehin nie geteilt, so Stefan Zimmer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Präventivzahnmedizin, weil Karies keine Infektionskrankheit sei und der Effekt der Maßnahme nicht nachhaltig nachgewiesen wurde. "Bereits aus der schwedischen Studie haben wir die Schlussfolgerung abgeleitet, uns von der mancherorts ausgesprochenen Empfehlung, den Schnuller von Säuglingen wegen der befürchteten Übertragung von Karieskeimen nicht abzulecken, zu distanzieren". Die jetzige Studie bestätige diese Haltung.
Zurückhaltender in Bezug auf diese Studie ist der Sprecher des Berufsverbands der Kinder und Jugendärzte, Josef Kahl. Er rät Eltern, den Schnuller höchstens dann abzulutschen, wenn es keine anderen Reinigungsmöglichkeiten gibt. Eine solche Waschmöglichkeit für unterwegs könnten die Reinigungstücher "Muttis Spucke"* sein.
Zwei Studien, mehrere Experten, verschiedene Meinungen
Karies oder Allergie, Wasser aus der Leitung oder Muttis Spucke: Als Mutter kannst du entscheiden, deine Kinder haben die Wahl nicht. Vielleicht spucken sie ja später große Töne, oder zählen zu denen, die in die Hände spucken – dir als Mama bleibt dann vielleicht erstmals die Spucke weg.
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Bildquelle: Getty Images