Die Windelphase ist eigentlich passé – doch wie aus dem Nichts verweigert dein Kind den Stuhlgang auf der Toilette und will stattdessen wieder unbedingt eine Windel anziehen? Das hört sich ganz nach einer Ausscheidungsstörung, dem sogenannten Toilettenverweigerungssyndrom an. Rund 20 Prozent der Eineinhalb- bis Zweijährigen sind betroffen. Was dahinter steckt und was hilft.
Anzeichen richtig deuten: Leidet mein Kind am Toilettenverweigerungssyndrom?
Folgende Hinweise im Verhalten deines Kindes können darauf hinweisen, dass dein Kind an einer Ausscheidungsstörung leidet:
- Großmachen geht, obwohl vorher anders, plötzlich nur noch in die Windel
- Pipimachen auf der Toilette ist nach wie vor kein Problem
- Das Absetzen von Stuhl bereitet deinem Kind Schmerzen, deswegen möchte es das mit allen Mitteln verhindern
- Dein Kind isst extra weniger, weil es so den Stuhlgang vermeiden möchte
- Großmachen wird so lange aufgeschoben, bis eine Windel verfügbar ist (z. B. in der Kita oder unterwegs)
- Dein Kind nässt nicht ein, kackert aber wieder ein
Definition: Was genau ist das Toilettenverweigerungssyndrom?
Nicht jedes Kind, das eine Zeit lang wieder seinen Stuhl in die Windel absetzen möchte, leidet automatisch am Toilettenverweigerungssyndrom. Dennoch tritt das Syndrom häufiger auf, als viele denken: Rund 20 Prozent der Eineinhalb- bis Zweijährigen leiden darunter. Das Syndrom liegt vor, wenn sich das Kleinkind mehr als einen Monat lang plötzlich wieder weigert, sein großes Geschäft auf der Toilette zu erledigen, obwohl Pipimachen weiterhin kein Problem ist.
Dieses Verhalten ist unter anderem deswegen auffällig, weil die Blasenkontrolle entwicklungspsychologisch deutlich schwieriger zu erlernen ist als die des Darms. Insofern müsste es eher Probleme mit dem Einhalten und Absetzen des Urins als des Stuhls geben.
Das Auftreten des Toilettenverweigerungssyndroms ist meist nur vorübergehend.
Was kann die Ursache sein für das Toilettenverweigerungssyndrom?
Was dahinter steckt, wenn dein Kind verweigert Stuhlgang auf der Toilette zu machen, kann ganz unterschiedlich sein. Stellst du Anzeichen bei deinem Kind fest, wende dich zunächst an deinen Kinderarzt bzw. die Kinderärztin. So können organische Ursachen, wie zum Beispiel eine (chronische) Verstopfung ausgeschlossen oder bei Bedarf behandelt werden.
Organische Ursachen
Ist der Darm verstopft und wird der Stuhl immer härter, kann das deinem Kind starke Schmerzen beim Stuhlgang bereiten. Möglich wäre auch, dass es kleine Risse am Darmausgang hat, die wehtun. Dass das Kind dann Angst davor hat, zur Toilette zu gehen und lieber in einer anderen Position und gewohnten "Umgebung" wie der Windel Stuhl absetzen möchte, ist nachvollziehbar.
Psychologische Ursachen
Sind die organischen Ursachen abgeklärt, muss auch an psychologische Faktoren gedacht werden, die Grund sein können für das Toilettenverweigerungssyndrom. Vielleicht hat dein Kind eine schlechte, beängstigende Erfahrung auf der Toilette gemacht, ist heruntergefallen, in die Kloschüssel gerutscht oder hat sich die Finger unter der Klobrille eingeklemmt? Hat ihm jemand erzählt, unter dem Klodeckel würde ein Monster oder eine Spinne lauern oder hat es sich vor der lauten Spülung erschreckt? Wir Erwachsene müssen hier vielleicht schmunzeln, für Kinder können solche Erfahrungen aber wirklich angsteinflößend sein.
Auch gut zu wissen: Bekommen Kinder ein Geschwisterchen, wollen sie oft wieder genauso umsorgt und gepflegt werden wie das Baby. Viele von ihnen verlangen dann auch wieder nach einer Windel, obwohl sie vorher längst allein zur Toilette gegangen sind. Das ist ein völlig normales Regressionsverhalten und legt sich nach einiger Zeit von allein wieder. Mit dem Toilettenverweigerungssyndrom hat es nichts zu tun. Was sich durch die Geburt eines Geschwisterchens noch so alles ändern kann, siehst du in unserem Video:
Was tun, wenn mein Kind am Toilettenverweigerungssyndrom leidet?
Sind organische und psychologischen Ursachen über die Kinderärztin und eventuell den Kinderpsychologen abgeklärt, ist es ganz wichtig, dass du deinem Kind den Rücken stärkst, für es da bist und keinen Druck ausübst. Ein strenges Toilettentraining, das Verweigern der Windel, das ständige Hinsetzen aufs Klo und Thematisieren des Stuhlgangs bewirken sehr oft genau das Gegenteil: Das Kind wird sich noch stärker sträuben, sein großes Geschäft wieder auf der Toilette zu erledigen.
Du kannst versuchen, deinem Kind die Umgebung auf der Toilette so angenehm wie möglich zu machen. Sorge dafür, dass es nicht zu kühl oder dunkel ist. Sucht gemeinsam eine neue Kinderklobrille aus, falls die alte unbequem ist. Lass es allein, wenn es das so möchte. Biete ihm Begleitung an, wenn ihm danach ist. Und ganz wichtig: Gib deinem Kind Zeit – und zwar im doppelten Sinne: Lass ihm Zeit, wieder von der Windel zur Toilette zurückzufinden. Und lass ihm Zeit auf der Toilette. Wenn es zwanzig Minuten dort sitzen möchte, dränge es nicht, aufzustehen.
Den Druck rausnehmen und der Sache mehr Zeit geben
Für das Kind und natürlich auch für dich als Mama oder Papa ist diese Situation mit Sicherheit belastend. Das Kind verspürt Druck, etwas zu leisten, was es so gerade nicht kann. Deswegen ist es wichtig, erst mal den Druck komplett rauszunehmen und für eine entspanntere Grundsituation zu sorgen. Nimm dein Kind ruhig mit aufs Klo, wenn du selbst musst. Je offener und selbstverständlicher du damit umgehst, desto normaler wird es dein Kind auch empfinden.
Vielleicht hilft dir als Mama oder Papa dann auch der Gedanke daran, dass die Situation so nicht bleiben wird, sondern nur vorübergehend ist. Wenn du mit dem Kinderarzt und eventuell auch einer Kinderpsychologin gesprochen hast und dein Kind so professionell unterstützt wird, mach dir keine Sorgen. Bald wird es wieder zur Toilette gehen und die Windelzeit endgültig vorbei sein.
Quellen: Folien zur Vorlesung "Ausscheidungsstörungen" (2015), Institut für Neurologie & Psychiatrie, Kinder- & Jugendpsychiatrie, www.uniklinikum-saarland.de