Eure Tochter hat einen geröteten Genitalbereich, es juckt, fühlt sich unangenehm an und vielleicht brennt es sogar beim Pipi machen? Was Eltern beim Verdacht auf eine Vulva- oder Scheidenentzündung tun sollten, warum es bei der Diagnose auch aufs Alter ankommt und wie Mädchen vorbeugen können, erklärt Prof. Dr. Patricia G. Oppelt, stellv. Oberärztin an der Frauenklinik Erlangen und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendgynäkologie.
- 1.Viele Eltern fragen sich: Haben schon Babys Scheidenentzündungen?
- 2.Wie erkenne ich eine Vulva- bzw. Scheidenentzündung bei meinem Kind?
- 2.1.Symptome
- 2.2.Vulvovaginitis: Behandlung der Entzündung bei Kindern
- 2.3.Sonderfall: Bakterielle Infektion
- 2.4.Es gibt zudem eine Hauterkrankung, die sich v.a. zwischen dem 4. bis 6. Geburtstag zeigt
Viele Eltern fragen sich: Haben schon Babys Scheidenentzündungen?
„Nein“, sagt Prof. Dr. Patricia G. Oppelt. "Ist der Bereich rund um die Vulva, also der sichtbare Teil des Genitals, bei Neugeborenen, Säuglingen und Kindern bis etwa zum zweiten Geburtstag schmerzhaft gerötet, deutet das eher auf eine Windeldermatitis hin, nicht auf eine Vulvovaginitis" (die Eltern in der Regel ja mit dem Begriff Scheidenentzündung meinen). „Auch weißer, milchiger Ausfluss ist in dieser Zeit normal, weil sich die Kinder bis zum zweiten Lebensjahr in einer hormonellen Phase befinden.“ Was sich danach verändert.
Wie erkenne ich eine Vulva- bzw. Scheidenentzündung bei meinem Kind?
„Nach ihrem zweiten Geburtstag kommen Mädchen bis zum Pubertätsbeginn rund ums 9. bis 11. Lebensjahr in eine hormonelle Ruhephase.“ Gar nicht so selten fällt bei Juckreiz und Rötungen im Genitalbereich in diesem Alter der Verdacht auf einen Scheidenpilz. Doch dieser ist in der Regel nicht das Problem: „Eine Pilzinfektion bekommen Mädchen vor der Pubertät aufgrund des Östrogenmangels eigentlich nicht, es kommt aber häufiger vor, dass sich die Schleimhaut der Vulva oder der Scheide entzündet – wir nennen das Vulvovaginitis – durch Stuhl oder Urin, der in die Scheide gelangt.“
Symptome
Erkennen können Eltern so eine Entzündung der Vulva oder Scheide an Symptomen wie:
- gelblich-grünlichem Ausfluss,
- einer sichtbaren Rötung der Vulva,
- mit oder ohne Missempfinden – also einem unangenehmen Gefühl fürs Kind.
Aber keine Panik. Die Ursache ist hier in der Regel eine Reizung durch Stuhl oder Urin, der in die Scheide gelangt. Generell ermutigt die erfahrene Kindergynäkologin Eltern dazu, die Symptome ernst zu nehmen, aber ruhig zu bleiben. Ist die Vulva eines Mädchens nur gerötet, reicht es aus, das erstmal zu beobachten und auf die Hygiene zu achten.
Vulvovaginitis: Behandlung der Entzündung bei Kindern
Eine gute Hygiene ist auch die beste Therapie: Die Mädchen bekommen daher in der Praxis Tipps zur Wischrichtung nach Pipi und Stuhlgang. "Ich erkläre ihnen, dass sie sich nach dem Stuhlgang immer von vorne nach hinten abwischen sollten, damit keine Keime in Richtung Vulva und Scheide kommen können. Zur Erleichterung des Abwischens kann man bei wiederkehrenden unspezifischen Vulvovaginitiden pflegende Cremes nutzen“, rät Prof. Dr. Patricia G. Oppelt. Fragt danach am besten in eurer Apotheke.
Schon kleine Mädchen können so lernen, wie sie sich durchs richtige Abwischen vor Vulva- oder Scheidenentzündungen schützen können. „Manchmal hängen sie auch zu tief mit ihrem Po in der Kloschüssel. Da hilft ein Kloaufsatz, um aufrecht sitzen zu können, oder ein Hocker, auf dem das Kind seine Füße abstellen kann“, erklärt die Kindergynäkologin.
Sonderfall: Bakterielle Infektion
„Kommt es beim Pipi machen zu starken brennenden Schmerzen, muss auch an eine A-Streptokokken-Infektion gedacht werden. Dies ist der einzige Fall, in dem eine Vulvovaginitis mit einem Antibiotikum behandelt werden muss“, sagt die Expertin. „Eltern kennen diese Bakterien vom Scharlach. Klagt ihr Kind über eine gerötete und brennende Vulva und hatte es Kontakt zu jemandem mit Scharlach, sollten Eltern sich deshalb zeitnah bei ihrer Kinderarztpraxis melden. In diesem Fall gibt dann ein Abstrich Klarheit.“
Wer Scheide sagt, meint damit oft das äußere Genital. Tatsächlich meint das Wort Scheide aber "nur" den von der Vulva ausgehenden inneren Teil des äußeren Genitals, auch Vagina genannt. Der äußere, also sichtbare Teil, heißt Vulva.
Es gibt zudem eine Hauterkrankung, die sich v.a. zwischen dem 4. bis 6. Geburtstag zeigt
Bei der Hauterkrankung namens Lichen sclerosus steht symptomatisch der starke Juckreiz im Vordergrund. Betroffene Kinder klemmen oft ihre Beine zusammen, weil es sie im Genitalbereich so stark juckt, dazu können leichte Hauteinblutungen oder Blutspuren im Slip zu sehen sein. Ausfluss oder Rötungen zeigen sich hier aber eher nicht, sondern ein Hautbild mit weißlichen Stellen. Die Erkrankung ist chronisch und muss ärztlich behandelt werden, meist mit fettenden Cremes und Kortison. Sie ist aber nicht ansteckend.
Wir recherchieren mit großer Sorgfalt und nutzen nur vertrauenswürdige Quellen. Die Ratschläge und Informationen in diesem Artikel ersetzen keine medizinische Betreuung durch entsprechendes Fachpersonal. Bitte wendet euch bei gesundheitlichen Fragen und Beschwerden an eure Ärztinnen und Ärzte, Hebammen oder Apotheker*innen, damit sie euch individuell weiterhelfen können.
Quellen: Interview mit der Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendgynäkologie Prof. Dr. Patricia G. Oppelt (Frauenklinik Erlangen, stellv. Oberärztin, Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Kinder- und Jugendgynäkologie); MSD Manual: Übersicht über Vaginitis (Infektion oder Entzündung der Scheide), Dr. med. Romanus Röhnelt: Kindergesundheit. Trias