Konsequenzen haben sich zu einem richtigen Parenting-Buzzword entwickelt. Das ist toll, schließlich können bestimmte Arten von Konsequenzen – richtig umgesetzt – eine tolle Alternative zu Schimpfen und Strafen sein. Und unseren Kindern helfen, die Wirkung ihrer Handlungen zu verstehen und daraus zu lernen. Wieso logische Konsequenzen bei Montessori und in der respektvollen Erziehung so beliebt sind und wie wir sie richtig anwenden können.
- 1.Was sind Konsequenzen im Montessori-Sinne?
- 2.Warum sind natürliche Konsequenzen bei Montessori so wichtig?
- 3.5 Tipps, wie sinnvolle Konsequenzen bei eurem Kind funktionieren
- 3.1.#1 Sie passieren direkt
- 3.2.#2 Sie sind logisch und authentisch
- 3.3.#3 Wir bleiben neutral und empathisch
- 3.4.#4 Wir erwarten eine Reaktion (und große Gefühle)
- 3.5.#5 Wir bleiben konsistent
Konsequenzen – als logische Folgen einer Handlung – sind seit jeher ein fester Bestandteil der Montessori-Lehre, des Gentle Parenting und der bedürfnisorientierten Erziehung. Mit ihrer Hilfe kommen wir als Eltern und Bezugspersonen ohne Schimpfen und Strafen aus. Das stärkt unsere Bindung und Beziehung zu unseren Kindern. Aber auch aus einer pädagogischen Perspektive sind sogenannte natürliche Konsequenzen der effektivste und nachhaltigste Weg für unsere Kinder, aus ihren Handlungen zu lernen. Und sie sind eine wundervolle Möglichkeit für Selbstreflexion, mit Kinder wachsen können und sich ihren Platz in der Welt schaffen.
Aber wie genau funktionieren solche liebevollen Konsequenzen und wie lassen sie sich zu Hause umsetzen?
Was sind Konsequenzen im Montessori-Sinne?
Natürliche Konsequenzen sind das Ergebnis einer Handlung und passieren automatisch:
- Wenn wir ein Glas fallen lassen, geht es kaputt.
- Wenn wir unsere Jacke nicht anziehen, dann wird uns kalt.
- Wenn wir uns zuuu viel Zeit lassen, kommen wir zu spät.
- Und wenn wir unsere Schwester anschreien, hat sie wahrscheinlich erst mal keine Lust mehr, mit uns zu reden.
Natürliche Konsequenzen sind wichtig in der Montessori-Lehre, denn sie gehen Hand in Hand mit dem kindlichen und eigenständigen Verstehen der Welt.
Auch im Gentle Parenting finden sie so viel Anklang, weil sie uns Eltern zusätzlich helfen, liebevoll und gewaltlos Grenzen zu setzen. Denn auch Entscheidungen, Emotionen und Reaktionen, die auf Handlungen unserer Kids folgen, sind eine natürliche Folge. Hier spricht man von logischen Konsequenzen.
Wichtig: Häufig werden Konsequenzen mit "Strafen" verwechselt bzw. als Euphemismus dafür verwendet. Aber eine übergriffige oder (emotional) verletzende Handlung ist keine Konsequenz im Sinne von Montessori oder dem Gentle Parenting. Der respektvolle, liebevolle und bindungsorientierte Umgang steht bei natürlichen und logischen Konsequenzen nicht nur im Mittelpunkt. Sondern er ist der zentrale Gedanke, warum sie hier als wichtige Säule der Erziehung verstanden werden.
Warum sind natürliche Konsequenzen bei Montessori so wichtig?
In der Montessori-Lehre geht es darum, dass wir durch die freie Auseinandersetzung mit unserer Umwelt lernen und uns nach unserem eigenen Tempo entwickeln. Um Kids das zu ermöglichen, schaffen wir als Bezugspersonen eine Umgebung, in der sie Dinge sicher nutzen und ausprobieren können – und so Verantwortung für sich und ihre Mitmenschen übernehmen.
Montessori war eine große Befürworterin des respektvollen und liebevollen Umgangs mit Kindern. Regeln und Grenzen zu setzen, sollte ihrer Ansicht nach nur dazu dienen, um soziale Verantwortung vorzuleben und ein friedliches Miteinander zu schaffen.
Konsequenzen dagegen sollten am besten natürlich entstehen, denn so sind sie für Kinder nachvollziehbar und sie können daraus ihre eigenen Schlüsse ziehen.
Das Einzige, was wir wirklich tun müssen, ist, unsere Grundhaltung gegenüber dem Kind zu ändern und es zu lieben mit einer Liebe, die an seine Personalität glaubt und daran, dass es gut ist; die nicht seine Fehler, sondern seine Tugenden sieht, die es nicht unterdrückt, sondern es ermutigt und ihm Freiheit gibt.
Dr. Maria Montessori, Pädagogin
Strafen und auferlegte Konsequenzen lehnte Montessori dagegen strikt ab. Für sie konnten Kinder sich nur dann zu ihrer besten Form entwickeln, wenn wir das Gute in ihnen fördern, statt es durch Eingriffe zu schädigen. Montessori war davon überzeugt, dass Wutanfälle, emotionaler Rückzug oder "auffälliges" Verhalten ein Zeichen dafür sind, dass bestimmte Bedürfnisse nicht erfüllt werden und es in unserer Verantwortung als Erziehende liegt, die Bedingungen dementsprechend zu ändern.
5 Tipps, wie sinnvolle Konsequenzen bei eurem Kind funktionieren
Gerade am Anfang tun wir uns manchmal schwer, unseren Erziehungsstil auf natürliche Konsequenzen "umzustellen". Oft passiert es uns, dass wir Konsequenzen als Warnungen kommunizieren:
"Lauf langsam, sonst geht alles vom Smoothie daneben!" Das stimmt zwar, aber unsere Kids können die Konsequenz viel besser begreifen, wenn sie natürlich entsteht. Heißt: Kind machen lassen und wenn was daneben geht, zeigen wir ihm (oder im besten Fall weiß es bereits), wo es den Lappen zum Aufwischen finden kann.
Vielleicht rutscht uns auch so was raus wie: "Wenn du nicht sofort dein Zimmer aufräumst, gibt es kein Eis."
Gerade kleine Kinder können solche Konsequenzen oft gar nicht nachvollziehen oder einer bestimmten Handlung zuordnen. Wenn wir Konsequenzen androhen, die von uns bestimmt werden, tritt der Lerneffekt nicht ein, von dem Montessori spricht. Und unserer Beziehung tut es auch nicht unbedingt gut. Puh, verwirrend? Wie geht das mit den Konsequenzen dann besser?
Wir haben 5 Tipps, wie sich natürliche Konsequenzen in unseren Erziehungsalltag integrieren lassen.
#1 Sie passieren direkt
Wenn zwischen einer Aktion und einer Konsequenz zu viel Zeit vergeht, bleibt ihr Lerneffekt aus. Von unseren Kids werden sie höchstens als Bestrafung wahrgenommen, die sie verletzt, aus der sie aber keine Verhaltensänderung ableiten können. Ein Beispiel:
"Wenn du jetzt nicht ins Bett gehst, gehen wir am Freitag nicht in den Zoo." Damit machen wir Eltern es uns nicht nur selber schwer, denn es ist ziemlich unangenehm, so eine "Konsequenz" durchzuziehen. Schließlich haben wir sie wahrscheinlich im Affekt ausgesprochen. Dazu leben unsere Kids im Moment: Morgen oder in zwei, drei Tagen können sie längst nicht mehr nachvollziehen, warum der Zootrip ausfallen muss.
Besser ist es also, die Konsequenz lässt sich direkt ableiten. Und da kommen wir auch direkt zu Punkt 2:
#2 Sie sind logisch und authentisch
Drohungen sollen unsere Kinder dazu bringen, etwas gegen ihren Willen zu tun. Aber eigentlich geht es ja darum, dass unser Kind aus eigenem Verständnis und freiem Willen heraus handelt, nicht aus Manipulation. Das ist auch ein großes Anliegen Janet Lansburys, US-Pädagogin und Vertreterin der Philosophie Magda Gerbers, der Gründerin der respektvollen Erziehung.
Im Zoo-Beispiel hoffen wir wahrscheinlich, unser Kind zur Kooperation zu bewegen. Und nicht, die Konsequenz dann wirklich durchziehen zu müssen. Aber was hat ein Familienausflug, auf den sich alle seit Langem freuen, denn damit zu tun, wann unser Kind ein paar Tage vorher schlafen geht? Dazu ist die Konsequenz ganz schön hart und steht vielleicht nicht mehr im Verhältnis zum negativen Verhalten.
Das heißt aber nicht, dass ein ewiger Bettgeh-Prozess keine Konsequenz haben braucht. Ist sie logisch und authentisch, ist sie auch für unsere Kids besser verständlich, z. B.:
"Wir schaffen nur ein Buch zu lesen, weil das Zähne putzen so lange gedauert hat."
Eine Sache die an Kindern besonders inspirierend ist, ist, dass sie im Moment leben und Dinge direkt abhaken. Und je jünger das Kind, umso eher hat es schon komplett vergessen und kann den Zusammenhang zwischen seiner Handlung und unserer Konsequenz nicht herstellen. Das heißt, wenn wir unserem Kind wegen einer Sache Grenzen setzen, sollten wir es sofort tun und es dann auch abhaken, ohne zu grübeln, innerlich zu kochen oder es ihnen nachzutragen.
Janet Lansbury, frühkindliche Pädagogin, 'Truths about Consequences'
#3 Wir bleiben neutral und empathisch
Wenn wir Konsequenzen an unsere Kids kommunizieren, können ein neutraler Ton und Mitgefühl viel mehr bewirken, als wenn wir laut werden oder schlechte Laune bekommen. Klar kann das passieren, aber kurz durchatmen, bis 10 zählen oder an euren Happy Place zu denken, kann Wunder bewirken. Genau wie eine zugewandte Einstellung, wenn wir unseren Kids Grenzen liebevoll und ruhig setzen.
Für Lansbury ist es auch wichtig, dass es uns Erziehenden mit der Situation gut geht und wir frühzeitig umschwenken, schon bevor uns etwas reizt. Wenn wir z. B. genau wissen, dass uns das ewige Hin und Her abends stresst, kann z. B. auch eine positive Ankündigung helfen.
"Wenn wir jetzt gleich Zähne putzen gehen, können wir heute zwei Bücher lesen!" Denn hier sieht unser Kind auch gleich im Anschluss, welchen Effekt sein Verhalten hat.
Auch für Montessori nimmt die positive Motivation zum Lernen einen großen Stellenwert ein.
#4 Wir erwarten eine Reaktion (und große Gefühle)
Oft haben wir Eltern die Hoffnung, dass wir mit respektvollen Erziehungsmethoden Wutanfälle verhindern können. Und sind dann überrascht, wenn unsere Kids "trotzdem" mit "negativem" Verhalten reagieren. Aber nur, weil wir eine Verbindung aufbauen und Empathie zeigen, heißt das nicht, dass unsere Kids immer glücklich mit einer Konsequenz sind. Ganz egal, ob sie natürlich ohne unsere Einwirkung passiert oder wir als Konsequenz eine Grenze setzen. Dass das auf Wut oder Tränen stößt, ist normal, richtig und altersgerecht, denn Kindern fällt es viel schwerer als Erwachsenen, ihre Gefühle zu regulieren und auszudrücken.
#5 Wir bleiben konsistent
Trotzdem stehen mit natürlichen und logischen Konsequenzen unsere Chancen viel höher, den Alltag mit unseren Kids mit weniger Frust und dafür mehr stärkenden Momenten zu füllen, an denen alle wachsen können. Der positive Effekt stellt sich aber nicht über Nacht, sondern über Wochen, Monate und Jahre ein (und ist ein Lernprozess für beide Seiten). Messen lässt er sich am Selbstwert und der Zufriedenheit unserer Kids und ihrer Beziehung zu uns. Daher ist unser Tipp: Es hilft, konsistent dran zu bleiben. Zum einen, was die Konsequenzen bestimmter Handlungen im Alltag betrifft. Und zum anderen, indem wir versuchen, ruhig und gelassen zu reagieren.
Wie Montessori zu Hause entlasten kann
Zu Hause können wir nicht die gleichen Bedingungen schaffen, wie das in einer Montessori-Schule oder -Kita der Fall ist, und das ist auch gut so! Wir Eltern und Familienmitglieder sind keine Pädagog*innen (zumindest, nicht die unserer eigenen Kinder) und brauchen das auch nicht zu sein.
Unser Leben zu Hause ist real, unperfekt und nicht immer im Gleichgewicht. Gerade deshalb kann es aber eine große Hilfe sein, die Situation aus der Montessori-Perspektive zu betrachten. Denn es kann unglaublich entlasten, unseren Kindern mehr Eigenverantwortung zu schenken, ihnen eigene "Fehler" zuzugestehen und ihre Gefühle ohne Bewertung zuzulassen, statt sie als direkte Kritik wahrzunehmen. Probiert's doch mal aus!
Ganz in dem Sinne können wir euch unsere weiteren Ratgeber empfehlen:
Lazy Parenting
Sätze, die Kinder stärken
Montessori-Sätze zum Trockenwerden
Geduld lernen mit Montessori
Expertinnen-Tipps, wie ihr ein Montessori-Kinderzimmer einrichtet
Tipps, wie wir als Eltern entspannt(er) bleiben
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Bildquelle: Getty Images/JLco - Ana Suanes