Wenn unsere Kinder nicht mehr "nur" kritzeln, sondern ihre ersten Figuren malen, macht das uns Eltern unglaublich stolz und wir finden die Zeichnungen natürlich supersüß. Doch warum bestehen die Gebilde immer nur aus Kopf und Füßen? Was es mit dem "Kopffüssler" auf sich hat und ab und bis zu welchem Alter Kinder so malen.
Was sind Kopffüssler?
Als "Kopffüssler" oder auch "Kopffüßer" werden die ersten Zeichnungen von Kindern bezeichnet, in denen Erwachsene Menschen bzw. Lebewesen erkennen können. Die Figuren bestehen dabei aus einem Kreis, aus dem Striche abstehen. Diese Striche werden "Tastkörper" genannt.
Warum malen Kinder Kopffüßler?
In der Kunstpädagogik gelten die Kreise mit den "Tastkörpern" als Zeichen, dass das Kind beginnt, sich selbst nach allen Seiten umzusehen, seinen Horizont "abzutasten" und vielfältige Erfahrungen zu machen. Anfangs lassen sich die Kopffüßler mit ihren Tastkörpern in beliebiger Zahl und Anordnung noch mit Sonnen und ihren Strahlen verwechseln. Doch mit der Zeit malen Kinder nur noch zwei bis vier Tastkörper (Arme und Beine) und in den Kreis ein "Gesicht". Spätestens jetzt können Erwachsene das Gemalte als Menschen erkennen.
Charakteristisch für Kopffüßler ist es, dass die Beine direkt senkrecht unten aus dem Kreis kommen, die Arme an den Seiten.
Ins Gesicht malen Kinder am Anfang oft nur große Augen (zwei Kreise), irgendwann kommt dann der Mund dazu, der meist als Strich gezeichnet wird und danach dann die Nase.
Anfangs zeichnen Kinder in der Regel nur sich selbst als Kopffüßler, dann auch Familienmitglieder. Später werden auch Freund*innen oder andere Figuren als Kopffüßler gemalt.
Warum Kinder ihren "Männchen" keinen Rumpf malen, sondern die Gliedmaßen direkt aus dem Kopf kommen, ist bis heute nicht abschließend geklärt. Eine Theorie ist, dass Kinder Menschen noch ganzheitlich sehen – Verstand und Gefühl, also Kopf und Bauch, werden nicht getrennt (Kopf-Rumpf-Einheit). Mit dem Kreis stellen Kinder dieser Theorie zufolge beides dar.
Faszinierend: Kinder auf der ganzen Welt zeichnen ihre ersten Lebewesen als Kopffüßler, diese Phase wird extrem selten übersprungen. Das Phänomen ist also völlig unabhängig von Kultur oder Sozialisation. Und: Auch Demenzpatient*innen stellen Menschen in ihren Zeichnungen als Kopffüßler dar.
Tipp: Wenn es euch interessiert, wo euer Kind bei seinem Kopffüßler den "Bauch" sieht, bittet es darum, den Bauchnabel einzuzeichnen. Viele Kids zeichnen den Nabel dann in den Kreis, nur wenige unter den Kreis. Spricht also meist schon für die Theorie der Kopf-Rumpf-Einheit ...
In welchem Alter malen Kinder Kopffüßler?
Mit etwa drei Jahren fangen Kinder an, Kopffüßler zu zeichnen. Davor steht das "Kritzelstadium", in dem Kids auf Blättern zunächst sehr grobe, später immer feinere Kritzelgebilde malen.
Wenn die Kids etwa vier sind, werden die "Männchen" immer detaillierter – die Vorschemaphase beginnt. Nun bekommen die Figuren z. B. Haare, Augenbrauen oder Finger.
Wichtig: Bitte "korrigiert" bei den Kopffüßlern eurer Kinder den fehlenden Rumpf nicht, versucht nicht, sie zu einer realistischeren Darstellungsweise zu bewegen. Wie Krabbeln oder Sprechenlernen, ist auch einen Stift halten und Zeichnen ein individueller Entwicklungsprozess, den Kids in ihrem eigenen Tempo durchlaufen und dabei lernen.
Mit Kritik und Korrekturen wertet ihr das Bild ab und riskiert, dass euer Kind keine Freude mehr am Malen hat. Sorgt stattdessen dafür, dass es jederzeit altersgerechte Malutensilien und Papier hat, die es sich einfach nehmen kann. So schafft ihr optimale Entwicklungsvoraussetzung für eure kleine Künstlerin bzw. euren kleinen Künstler.
Geeignete Malutensilien sind unglaublich wichtig, um die Entwicklung eurer Kinder zu fördern. Auch Montessori-Spielzeuge haben einen hohen pädagogischen Wert. Eine tolle Auswahl davon findet ihr unserem Video:
Ist es normal, wenn 5-Jährige noch Kopffüssler malen?
Kinder entwickeln sich in ihrem eigenen Tempo und völlig individuell. Wenn euer Fünfjähriges noch Kopffüßler malt, sich also noch nicht in der Vorschemaphase befindet, muss das nicht bedeuten, dass seine Entwicklung verzögert ist oder es gar unter Dyspraxie leidet. Malen hängt eng mit motorischen Fertigkeiten zusammen. Vielleicht ist das Kind dafür in einem anderen Bereich schon weiter.
Ganz wichtig ist es aber, dass ihr euren Knirps zum Malen ermutigt und es ihm vor allem ermöglicht: mit verschiedenen schönen Maluntensilien aus unterschiedlichen Materialien und Farben und indem ihr gemeinsam am Tisch malt und die Bilder bestaunt. Solltet ihr aber dennoch unsicher sein, ob sich euer Kind altersgerecht entwickelt, sprecht gerne eure Kinderärztin an.
Wenn ihr Bilder eures Kindes aufhängt, drückt ihr damit zusätzlich eure Wertschätzung aus und ermutigt euren Knirps, weiter zu zeichnen. Schöne Bilderrahmen für die vielen Werke der Kids findet ihr hier:
Quellen: Knetfeders Kleinkindpädagogik, Kita-Handbuch, Erzieherin.de – Portal für Frühpädagogik