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Bloß nicht helikoptern? Warum der Laissez-faire Erziehungsstil genauso viele Nachteile hat

Laissez-faire Erziehungsstil: Kleinkind spielt mit Stiften
© Getty Images/ Tamara Dragovic

Immer mehr von uns Eltern bemühen sich, unseren Kindern Freiheiten und Selbstverantwortung zu schenken, statt sie wie Helikopter-Eltern zu "managen". Und so landen wir schnell beim anderen Extrem: Beim Laisser-faire Erziehungsstil gibt es kaum Regeln und Kinder können viel alleine bestimmen. Eigentlich cool! Warum diese Freiheit aber auch große Nachteile für unsere Kids bringt und wie sie sich vermeiden lassen. 

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Kennt ihr auch den Film Yes-Day mit Jennifer Garner? Er hat nach seiner Erscheinung einen regelrechten Trend (und internationalen 'Feiertag') ausgelöst, wo Kinder einen Tag lang alle Entscheidungen für die Familie treffen dürfen. Aber was für den Geburtststag oder im Urlaub eine schöne Idee ist, kann im Alltag schnell zu Chaos und Vernachlässigung führen.

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Denn Eltern, die immer Ja sagen, klingen richtig cool, aber können nicht alle wichtigen Bedürfnisse erfüllen, die für die gesunde kindliche Entwicklung ausschlaggebend sind. Wann ein wenig Laissez-faire-Parenting sinnvoll ist – und in welchen Bereichen eine passive Erziehungsform Nachteile bringt.

Vor- und Nachteile des Laissez-faire-Erziehungsstils

Wie jeder andere Erziehungsstil hat Laissez-faire-Erziehung Vor-und Nachteile, die sich auf das Familienleben, aber auch die kindliche Entwicklung auswirken:

  • hohe Eigenständigkeit
  • unterstützt Selbstvertrauen
  • schult Entscheidungsfähigkeit
  • vernachlässigte Eltern-Kind-Beziehung
  • schwächt kindliche Resilienz
  • kann kindliche Bedürfnisse nach Nähe schwer erfüllen
  • Kinder lernen keine Kommunikationsfähigkeit
  • geringe Konfliktfähigkeit
  • verminderte Beziehungsfähigkeit
  • Kindern fällt es schwer, Gefühle zu regulieren
  • oft verringerte Konzentrationsfähigkeit

Eigenschaften von Laissez-faire-Eltern

Laissez-faire Eltern erkennt ihr daran, dass sie ihre Kinder im wahrsten Sinne des Wortes einfach machen lassen: Sie lassen Gefühle und Verhalten zu, ohne einzugreifen und geben ihren Kids extrem viel Freiraum.

Als eine Form der permissiven Erziehung ist Laissez-faire ein passiver Erziehungsstil, bei dem Kinder in alltäglichen, sozialen und emotionalen Fragen auf sich allein gestellt sind.

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Das kann unbewusst passieren, viele von uns rutschen im Alltag einfach in diese Familiendynamik hinein.

Andere Eltern entscheiden sich bewusst für eine passive Erziehung:

Ziel des Laissez-faire Erziehungsstils ist es, selbstbewusste, selbstbestimmte und unabhängige Kinder zu erziehen. Eltern nehmen sich zurück und halten sich aus den meisten Dingen raus.

Laissez-faire Eltern ...

  • geben ihrem Kind viele Freiheiten
  • reagieren sehr flexibel auf kindliche Bedürfnisse und Wünsche
  • halten sich bei Entscheidungen zurück
  • lassen kindliche Gefühle bedingungslos zu
  • greifen in Konflikte nicht ein
  • helfen nicht bei der Lösung von Problemen
  • erziehen ohne Regeln und Grenzen
  • favorisieren eine freundschafliche Beziehung zum Kind

Erlauben Laissez-faire Eltern ihren Kindern alles?

Laissez-faire-Eltern sagen ihren Kindern nicht, wie sie sich verhalten sollen. Sie schreiten aber ein, wenn sie eine wirkliche Gefahr für ihr Kind oder andere sehen.

Welche Probleme bringt der Laissez-faire Erziehungsstil?

Viele Freiheiten, ein hohes Maß an Eigenverantwortung und die Möglichkeit, eigene Entscheidungen zu treffen: Liberale Eltern zu sein, hat viel Positives und muss Kinder nicht gefährden. Das Risiko ist aber groß, dass wir von laissez-faire zur Nachlässigkeit übergehen und wir zu oft wegschauen bzw. nicht wahrnehmen, wenn sich Probleme anbahnen.

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Denn der Bedarf nach Beobachtung, Präsenz, Rückhalt und Beratung ändert sich nicht nur mit dem Alter unserer Kinder, sondern ist auch in unterschiedlichen Situationen verschieden stark erforderlich. 

Was ist der Laissez-faire Erziehungsstil?

Laissez-faire Parents lassen ihr Kind im Alltag Entscheidungen selbstständig treffen und greifen selten ein. Statt die Gefühle ihrer Kids kontrollieren zu wollen oder zu begleiten, lassen Laissez-faire Eltern sie einfach zu und sehen sie als Ventil, das ausgelassen werden muss. Sie haben häufig eine sehr enge Beziehung zu ihrem Kind, die auf einer freundschaftlichen Ebene stattfindet.

Laissez-faire Erziehungsstil und Gefühle

Das klingt fast nach Gentle Parenting und dem bedürfnisorientierten Attachment Parenting. Aber anders als bei diesen Erziehungsstilen, die einen großen Fokus auf Gefühlscoaching legen, sind Kinder beim Laissez-faire-Parenting mit ihren Gefühlen auf sich alleingestellt. 

Laissez-faire-Eltern finden oft, dass Kinder Gefühle durchleben sollten und es wenig Sinn macht, eingreifen zu wollen. Oder sie sind mit der Situation überfordert und vermeiden den Konflikt von vornherein.

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Der negative Aspekt ist bei laissez-faire, dass Kinder nicht lernen, ihre Gefühle zu regulieren, weil keine Koregulation oder Einordnung stattfindet. 

Laissez-faire Erziehung und Konflikte

Auch lastet viel Eigenverantwortung auf Kindern von Laissez-faire-Eltern. Zwar sind Laissez-faire-Familien von wenigen Konflikten, Macht-Kämpfen und Schimpfen geprägt, was zu einer warmen, positiven Atmosphäre beitragen kann.

Kinder sind dadurch aber oft sehr wenigen Situationen ausgesetzt, in denen sie Kompromisse eingehen oder sich mit anderen abstimmen müssen. So fehlen ihnen schnell wichtige soziale Kompetenzen, die Kinder meistens zu Hause in sicherer Umgebung lernen. 

Wenige Grenzen können auch emotional belasten, z. B. wenn Eltern Probleme mit ihren Kindern teilen, die nicht ihrem Alter entsprechen.

Kinder allen Alters haben ein hohes Bedürfnis nach zwischenmenschlichen Beziehungen (besonders zu den Eltern) und Kommunikation. Beim Laissez-faire-Erziehungsstil passiert es leicht, dass Kinder zu wenig Beachtung finden. Dann fehlen ihnen alltägliche Erfahrungen mit solchen Situationen sowie der Austausch mit den Eltern über Probleme in Kita, Schule oder mit Freund*innen.

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Woher kommt der Begriff  'Laissez-faire'?

Laissez-faire ist die Extremform des Liberalismus. Die Bezeichnung stammt aus der Wirtschaftspolitik und beschreibt seit Zeiten Adam Smiths eine Wirtschaft, die sich ohne Eingriff des Staates frei entfaltet. 

In der Pädagogik und der Erziehung wurde der Begriff das erste Mal vom deutschen Sozialpädagogen Kurt Levin im frühen 20. Jahrhundert angewandt. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Laissez-faire Erziehung oft mit antiautoritärer Erziehung gleichgesetzt, allerdings ist sie eher eine besonders freiheitsliebende Unterform. 

Gründe für Laissez-faire Erziehung

Es gibt verschiedene Motivationen, warum Eltern laissez-faire mit ihren Kindern umgehen. Die häufigsten Beweggründe liegen in der eigenen Erziehung und dem Wunsch nach Harmonie:

  • Abwendung von autoritärer Erziehung
  • Vermeidung von Kindheitswunden
  • Wunsch nach Harmonie
  • Unsicherheit in der Erziehung
  • Überforderung
  • fehlende Unterstützung und Ressourcen

Eltern wollen ihren Kids oft Dinge und Probleme aus der eigenen Kindheit ersparen. Oder wollen ihren Kindern die Freiheiten ihrer eigenen Erinnerung ermöglichen.

Laissez-faire Erziehung kann sich aber auch unbewusst einspielen und ist oft ein Produkt aus unserer Überforderung mit dem Verhalten unserer Kinder, dem Spagat zwischen Jobverantwortung und Familie, elterlichem Burnout und fehlender Unterstützung.

Regeln und Grenzen kontinuierlich durchzusetzen, erfordert viel Planung, Konsequenz und Kraft, für die es am Ende des Tages einfach nicht immer reicht. Eigene Unsicherheiten hindern uns Eltern oft daran, eine aktive Rolle in der Familie einzunehmen. 

Tipps für Laissez-faire Erziehung

Es gibt viele tolle Möglichkeiten, die Freiheiten von Laissez-faire Parenting mit Grenzen und mehr Präsenz zu verbinden, ohne Schimpfen oder Stress in unser Familienleben zu bringen.

Für Kinder wird es definitiv eine Umstellung, wenn sich die Erwartungen an ihr Verhalten erhöhen. Aber mit Elementen aus dem Gentle Parenting, Attachment Parenting und Montessori, nämlich einer guten Strategie, Durchhaltevermögen und ein paar Mantras, können wir Kindern so mehr Sicherheit und am Ende noch mehr Harmonie im Familienleben ermöglichen.

Denn alle drei Erziehungsstile haben die Freiheit, gewaltfreie und gesunde Entwicklung unserer Kids im Mittelpunkt, erfordern aber eine aktive Rolle von uns Eltern.  

Welche Erziehungsstile gibt es eigentlich alles? Im Video haben wir sie auf einen Blick:

Erziehungsstile: Diese acht Ansätze gibt es Abonniere uns
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