Langzeitstillen ist nichts, was sich alle Mamas vorstellen können, doch das Stillen über das Babyalter hinaus ist gar nicht so selten und hat einige Vorteile. Dazu bedeutet es für Mama und Kind eine Verlängerung der innigen Zeit zu zweit – wenn beide das so wollen. Warum einige Mamas langzeitstillen, wie es am besten klappt und was die Wissenschaft zur Stilldauer sagt.
Jede stillende Mama wird sich irgendwann die Frage stellen: Wann fange ich mit dem Abstillen an? Spätestens wenn der Nachwuchs selber laufen und sprechen kann, ist es für für viele im Umfeld ein merkwürdiger Anblick, wenn die Busentankstelle immer noch bedient wird. Die einen sprechen es laut aus, die anderen denken sich ihren Teil, aber die Frage, die durch den Kopf geht, ist dieselbe: "Stillst Du immer noch?!?"
Es gibt auch Mütter, die ihre Kinder stillen bis sie drei oder vier Jahre alt sind. Einige werden auch in der Grundschule noch gestillt. Gibt es weiteren Nachwuchs, stillen die Mütter tandem – also zwei Geschwister gleichzeitig. Wer so lange stillt, gibt seinen älteren Kindern oft vor allem zuhause und seltener in der Öffentlichkeit die Brust. Denn die Reaktionen auf Langzeitstillen ist leider nicht immer positiv – weil gerade in Industriestaaten der Anblick eines Vierjährigen, der an Mamas Busen hängt, (zu Unrecht) eher befremdlich ist.
Was ist Langzeitstillen?
Hier gibt es keine klare Vorgabe, sondern das definiert jeder für sich. Also ist es ein rein subjektives Empfinden. Für die einen ist alles über einen Jahr lang schon viel, für die anderen erst, wenn der Nachwuchs in den Kindergarten kommt. Meistens ist es einfach umfeldbedingt, sodass das Gefühl von Langzeitstillen hochkommt, wenn kein anderes Kind im gleichen Alter noch gestillt wird, sondern "nur" noch das eigene.
Jede Mutter muss zum Thema Langzeitstillen ihre eigene Entscheidung treffen und dazu stehen, auch wenn Verwandte, Freunde und Kinderärzte eine andere Meinung haben. Stillen hat viele Vorteile, die Notwendigkeit muss jede Familie selbst abschätzen. Wichtig ist, dass das Langzeitstillen nicht die Einführung von Beikost ersetzt. Feste Nahrung ist für Kleinkinder und Babys ab einem gewissen Alter ein Muss.
Was sind die Vorteile beim Langzeitstillen?
Viele Mütter und Kinder genießen die lange emotionale, intensive körperliche Bindung beim Langzeitstillen. Sie wollen das Richtige für ihr Kind tun und es nicht unter Druck entwöhnen, sondern es selbst entscheiden lassen, wann es soweit ist. Sind die Kleinen schlechte Beikost-Esser, sehen viele Mamas im Weiterstillen die Lösung.
Und es gibt auch praktische Vorteile des Langzeitstillens: Man muss nachts nicht aufstehen und eine Flasche machen. Die Brust wirkt als schnelles und sicheres Beruhigungsmittel. Außerdem muss keine Tasche mit Snacks und Trinken gepackt werden, wenn man das Haus verlässt.
Wieso stillen manche Frauen so lange?
Eine Mutter, die einem Kind die Brust gibt, das schon Laufen und Sprechen kann, braucht viel Selbstbewusstsein. In Deutschland stillen über 90 & der Frauen bis zum ersten Geburtstag ab. Das Ende des ersten Lebensjahres markiert den Übergang vom Baby zum Kleinkind. Spätestens an dieser Schwelle wird Stillen zum Langzeitstillen – und damit zum Tabu.
Biologisch gesehen gibt es aber keine zeitliche Obergrenze für das Stillen. Die Muttermilch passt sich den Bedürfnissen des Kindes an. Grenzen setzt nur die Gesellschaft: Was als normal gilt, hängt vom allgemeinen Konsens ab. Und der ist überall auf der Welt anders: In einigen Industriestaaten wird nur vier Wochen gestillt. Während bei Naturvölkern drei Jahre und mehr völlig normal sind.
Wie lange gestillt wird, hängt von vielen Faktoren ab. Zum Beispiel von der Rolle und Bildung der Frauen und deren Zugang zum Arbeitsmarkt. Einen sehr wichtigen Anteil macht sicherlich auch der Zugang zu sauberem Trinkwasser und Lebensmitteln aus. In manchen Teilen der Welt verhindert Langzeitstillen eine Mangelernährung und frühe Wachstumsstörungen. Außerdem hat es positive Auswirkungen auf das Immunsystem.
Warum empfiehlt die WHO 2 Jahre zu stillen?
Für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) macht das klassische Abstillen nach einem Jahr noch keinen Sinn. Sie empfehlen sogar mindestens 24 Monate zu stillen, da die Muttermilch eine grundlegende Quelle für viele Nährstoffe bleibt. Gerade wenn das Kind krank ist und Essen verweigert, ist die Brust nicht nur ein Trostspender, sondern schützt vor Austrocknung und liefert die wichtigen Nährstoffe für eine baldige Genesung. Zudem wird dem Langzeitstillen ein geringeres Risiko für eine chronische Erkrankung und ein Übergewicht im Kindesalter nachgesagt. Außerdem soll es die kognitive Leistungen verbessern.
Wie lange ist es sinnvoll zu stillen?
Die WHO empfiehlt mindestens 2 Jahre (siehe oben) und das gilt nicht für Mütter in Entwicklungsländern, die erschwerten Zugang zu sauberem Trinkwasser und Nahrung haben, sondern bezieht sich auf alle stillenden Frauen. Für die Obergrenze gibt die Weltgesundheitsorganisation kein Alterslimit an.
Wie lange wollen Kinder in der Regel gestillt werden?
Das ist natürlich bei jeder Stillbeziehung anders und auch nicht immer eine Frage des Wollens, denn manchmal müssen Frauen aus gesundheitlichen oder beruflichen Gründen abstillen, während die Kinder die Brust noch weiter angenommen hätten. Laut einer Studie von KIGGS (Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland) beträgt die mittlere Dauer des Stillens 6,9 Monate und die der ausschließlichen Brustfütterung 4,6 Monate.
Mein Fazit
In der Tat ist die Definition von Langzeitstillen sehr individuell: Als ich einer guten Freundin erzählt habe, dass ich meine Tochter noch über den 6. Lebensmonat hinaus stillen will, war ihre Reaktion: "Was? So lange? Respekt!" Meine Freundin hat wieder angefangen zu arbeiten, als ihre Kinder ein halbes Jahr alt waren und hat somit schon abgestillt.
Für mich persönlich ist Stillen bis zu einem Jahr wirklich nicht der Rede wert, auch bis zum zweiten Jahr nicht. Leider ertappe ich mich aber selber dabei, dass ich einen Blick zu lange hinwerfe, wenn ein Kind im Kindergartenalter noch an die Brust geht. Ich will gar nicht, dass es mich (kurz) irritiert, denn es soll jede Mama das wirklich so machen, wie sie es mag und braucht. Also werde ich beim nächsten Mal hoffentlich der ganzen Sache weniger Beachtung schenken.
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