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Märchen

Der Fuchs und das Pferd (6-10 Jahre)

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Es hatte ein Bauer ein treues Pferd, das war alt geworden und konnte keine Dienste mehr tun, da wollte ihm sein Herr nichts mehr zu fressen geben und sprach: „Brauchen kann ich dich freilich nicht mehr, indes mein ich es gut mit dir: Zeigst du dich noch so stark, dass du mir einen Löwen hierher bringst, so will ich dich behalten, jetzt aber mach dich fort aus meinem Stall“ und jagte es damit ins weite Feld. Das Pferd war traurig und ging in den Wald, um dort ein wenig Schutz vor dem Wetter zu suchen. Da begegnete ihm der Fuchs und sprach: „ Was hängst du so den Kopf und gehst so einsam herum?“ – „Ach“, antwortete das Pferd, „Geiz und Treue wohnen nicht beisammen in einem Haus, mein Herr hat vergessen, was ich ihm für Dienste in so vielen Jahren geleistet habe, und weil ich nicht recht mehr ackern kann, will er mir kein Futter mehr geben und hat mich fortgejagt.“ – „Ohne allen Trost?“ fragte der Fuchs. „Der Trost war schlecht, er hat gesagt, wenn ich noch so stark wäre, dass ich ihm einen Löwen brächte, wolle er mich behalten, aber er weiß wohl, dass ich das nicht vermag.“

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Der Fuchs sprach: „Da will ich dir helfen, leg dich nur hin, strecke dich aus und rege dich nicht, als wärst du tot.“ Das Pferd tat, was der Fuchs verlangte, der Fuchs aber ging zum Löwen, der seine Höhle nicht weit entfernt hatte, und sprach: „Da draußen liegt ein totes Pferd, komm doch mit hinaus, da kannst du eine fette Mahlzeit halten.“ Der Löwe ging mit, und als sie beim Pferd standen, sprach der Fuchs: „Hier hast du es doch nicht nach deiner Gemächlichkeit. Weißt du was? Ich will das Pferd mit dem Schweif an dich binden, so kannst du es in deine Höhle ziehen und in aller Ruhe verzehren.“ Dem Löwen gefiel der Rat, er stellte sich hin, und damit ihm der Fuchs das Pferd fest anknüpfen könnte, hielt er ganz still.

Der Fuchs aber band mit dem Schweif des Pferdes dem Löwen die Beine zusammen und drehte und schnürte alles so gut und stark, dass es mit keiner Kraft zu zerreißen war. Als er nun sein Werk vollendet hatte, klopfte er dem Pferd auf die Schulter und sprach: „Zieh, Schimmel, zieh!“ Da sprang das Pferd mit einmal auf und zog den Löwen mit sich fort. Der Löwe fing an zu brüllen, dass die Vögel in dem ganzen Wald vor Schrecken aufflogen, aber das Pferd ließ ihn brüllen, zog und schleppte ihn über das Feld vor die Tür seines Herrn. Als der Herr das sah, besann er sich eines Besseren und sprach zu dem Pferd: „Du sollst bei mir bleiben und es gut haben“ und gab ihm satt zu fressen, bis es starb.

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➤ Kategorie: Grimms Märchen
➤ entnommen aus: Kinder und Hausmärchen. Gesammelt durch die Brüder Grimm.Verlegt bei Eugen Diederichs. Jena 1912.
➤ angepasst an die zeitgemäße deutsche Sprache

Disclaimer

Liebe Leser*innen,

Grimms Märchen gehören zum kulturellen Erbe und deshalb möchten wir sie hier auch so stehen lassen, wie viele Eltern, Großeltern und Urgroßeltern sie noch aus ihrer eigenen Kindheit kennen. Dennoch: Für uns von familie.de gibt es nichts Wichtigeres, als eine vielfältige, offene und gleichberechtigte Gesellschaft. Was ihr hier in Grimms Märchen teilweise lest oder vorlest, passt mit unseren Wertvorstellungen oftmals nicht überein.

Die Märchen wurden im frühen 19. Jahrhundert zusammengetragen und waren auch damals nicht primär für Kinder gedacht. Sie sind voll von Brutalität und diskriminierenden Stereotypen. In den Geschichten finden wir nicht nur gruselige Märchengestalten wie Hexen oder Monster, sondern u.a. auch Gewalt an Kindern oder die Bevormundung von Frauen. Das ist nicht nur heute falsch, sondern war es auch damals schon. Zum Glück wachsen unsere Kinder in Zeiten auf, in denen ein Bewusstsein für diese Missstände herrscht.

Ihr kennt eure Kids am besten und daher ist es euch überlassen, ob ihr diese Erzählweise für euren Nachwuchs als angemessen anseht oder nicht; ob ihr Passagen auslasst oder abgeändert vorlest. In jedem Fall: Sprecht mit euren Kindern über das Gelesene und thematisiert das, was gegebenenfalls Angst macht oder Unrecht ist.