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Gute-Nacht-Geschichten

Die drei Federn (5-12 Jahre)

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Es war einmal ein König, der hatte drei Söhne. Zwei waren klug und gescheit, aber der dritte sprach nicht viel, war einfältig und hieß nur der Dummling. Als der König alt und schwach ward und an sein Ende dachte, wusste er nicht, welcher seiner Söhne nach ihm das Reich erben sollte. Da sprach er zu ihnen: „Zieht aus, und wer mir den feinsten Teppich bringt, der soll nach meinem Tod König sein.“ Und damit es keinen Streit unter ihnen gab, führte er sie vor sein Schloss, blies drei Federn in die Luft und sprach: so wie die fliegen, so sollt ihr ziehen.“ Die eine Feder flog nach Osten, die andere nach Westen, die dritte flog aber geradeaus, und flog nicht weit, sondern fiel bald zur Erde. Nun ging der eine Bruder rechts, der andere ging links, und sie lachten den Dummling aus, der bei der dritten Feder, dort, wo sie niedergefallen war, bleiben musste.

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Der Dummling setzte sich nieder und war traurig. Da bemerkte er auf einmal, dass neben der Feder eine Falltüre lag. Er hob sie in die Höhe, fand eine Treppe und stieg hinab. Da kam er vor eine andere Türe, klopfte an und hörte, wie es inwendig rief:

„Jungfer grün und klein,

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Hutzelbein,

Hutzelbeins Hündchen,

Hutzel hin und her,

lass geschwind sehen, wer draußen wär.“

Die Türe tat sich auf, und er sah eine große dicke Itsche (Kröte, die Redaktion) sitzen und rings um sie eine Menge kleiner Itschen. Die dicke Itsche fragte, was sein Begehren sei. Er antwortete: „Ich hätte gerne den schönsten und feinsten Teppich.“ Da rief sie eine junge und sprach:

„Jungfer grün und klein

Hutzelbein,

Hurzelbeins Hündchen,

Hutzel hin und her,

bring mir die große Schachtel her.“

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Die junge Itsche holte die Schachtel, und die dicke Itsche machte sie auf und gab dem Dummling einen Teppich daraus, so schön und so fein, wie oben auf der Erde keiner konnte gewebt werden. Da dankte er ihr und stieg wieder hinauf. Die beiden andern hatten aber ihren jüngsten Bruder für so albern gehalten, dass sie glaubten, er würde gar nichts finden und aufbringen. „Was sollen wir uns mit Suchen groß Mühe geben“, sprachen sie. Und nahmen dem ersten besten Schäfersweib, das ihnen begegnete, die groben Tücher vom Leib und brachten sie dem König heim. Zu derselben Zeit kam auch der Dummling zurück und brachte seinen schönen Teppich, und als der König den sah, staunte er und sprach: „Wenn es dem Recht nach gehen soll, so gehört dem Jüngsten das Königreich.“

Aber die zwei andern ließen dem Vater keine Ruhe und sprachen, unmöglich könne der Dummling, dem es in allen Dingen an Verstand fehle, König werden, und baten ihn, er möge eine neue Bedingung stellen. Da sagte der Vater: „Der soll das Reich erben, der mir den schönsten Ring bringt.“ Er führte die drei Brüder hinaus, und blies drei Federn in die Luft, denen sie nachgehen sollten. Die zwei ältesten zogen wieder nach Osten und Westen, und für den Dummling flog die Feder geradeaus und fiel neben der Erdtüre nieder. Da stieg er wieder hinab zu der dicken Itsche und sagte ihr, dass er den schönsten Ring brauche. Sie ließ sich gleich ihre große Schachtel holen, und gab ihm daraus einen Ring, der glänzte von Edelsteinen und war so schön, dass ihn kein Goldschmied auf der Erde hätte machen können.

Die zwei Ältesten lachten über den Dummling, der einen goldenen Ring suchen wollte, gaben sich gar keine Mühe, sondern schlugen einem alten Wagenring die Nägel aus und brachten ihn dem König. Als aber der Dummling seinen goldenen Ring vorzeigte, so sprach der Vater abermals: „Ihm gehört das Reich.“ Die zwei ältesten ließen nicht davon ab, den König zu quälen, bis er noch eine dritte Bedingung machte und den Ausspruch tat, der solle das Reich haben, der die schönste Frau heimbrächte. Die drei Federn blies er nochmals in die Luft, und sie flogen wie die vorigen Male.

Da ging der Dummling ohne weiteres hinab zu der dicken Itsche und sprach: „Ich soll die schönste Frau heimbringen.“ – „Ei“, antwortete die Itsche, „die schönste Frau! Die ist nicht gleich zur Hand, aber du sollst sie doch haben.“ Sie gab ihm eine ausgehöhlte gelbe Rübe mit sechs Mäuschen bespannt. Da sprach der Dummling ganz traurig: „Was soll ich damit anfangen?“ Die Itsche antwortete: „Setze nur eine von meinen kleinen Itschen hinein.“ Da griff er auf Geratewohl eine aus dem Kreis und setzte sie in die gelbe Kutsche, aber kaum saß sie darin, so ward sie zu einem wunderschönen Fräulein, die Rübe zur Kutsche, und die sechs Mäuschen zu Pferden. Da küsste er sie, jagte mit den Pferden davon und brachte sie zu dem König. Seine Brüder kamen nach, die hatten sich gar keine Mühe gegeben, eine schöne Frau zu suchen, sondern die ersten besten Bauernweiber mitgenommen.

Als der König sie erblickte, sprach er: „Dem jüngsten gehört das Reich nach meinem Tod.“ Aber die zwei Ältesten betäubten die Ohren des Königs aufs neue mit ihrem Geschrei: „Wir können es nicht zulassen, dass der Dummling König wird,“ Und verlangten, der solle den Vorzug erhalten haben, dessen Frau durch einen Ring springen könne, der da mitten in dem Saal hing. Sie dachten: „Die Bauernweiber können das wohl, die sind stark genug, aber das zarte Fräulein springt sich tot.“ Der alte König ließ das auch noch zu. Da sprangen die zwei Bauernweiber, sprangen auch durch den Ring, waren aber so plump, dass sie fielen und ihre groben Arme und Beine entzweibrachen. Darauf sprang das schöne Fräulein, das der Dummling mitgebracht hatte, und sprang so leicht hindurch wie ein Reh. Und aller Widerspruch musste aufhören. Also erhielt er die Krone und hat lange in Weisheit geherrscht.

➤ Kategorie: Grimms Märchen
➤ entnommen aus: Kinder und Hausmärchen. Gesammelt durch die Brüder Grimm.Verlegt bei Eugen Diederichs. Jena 1912.
➤ angepasst an die zeitgemäße deutsche Sprache

Disclaimer

Liebe Leser*innen,

Grimms Märchen gehören zum kulturellen Erbe und deshalb möchten wir sie hier auch so stehen lassen, wie viele Eltern, Großeltern und Urgroßeltern sie noch aus ihrer eigenen Kindheit kennen. Dennoch: Für uns von familie.de gibt es nichts Wichtigeres, als eine vielfältige, offene und gleichberechtigte Gesellschaft. Was ihr hier in Grimms Märchen teilweise lest oder vorlest, passt mit unseren Wertvorstellungen oftmals nicht überein.

Die Märchen wurden im frühen 19. Jahrhundert zusammengetragen und waren auch damals nicht primär für Kinder gedacht. Sie sind voll von Brutalität und diskriminierenden Stereotypen. In den Geschichten finden wir nicht nur gruselige Märchengestalten wie Hexen oder Monster, sondern u.a. auch Gewalt an Kindern oder die Bevormundung von Frauen. Das ist nicht nur heute falsch, sondern war es auch damals schon. Zum Glück wachsen unsere Kinder in Zeiten auf, in denen ein Bewusstsein für diese Missstände herrscht.

Ihr kennt eure Kids am besten und daher ist es euch überlassen, ob ihr diese Erzählweise für euren Nachwuchs als angemessen anseht oder nicht; ob ihr Passagen auslasst oder abgeändert vorlest. In jedem Fall: Sprecht mit euren Kindern über das Gelesene und thematisiert das, was gegebenenfalls Angst macht oder Unrecht ist.