Sind wir mal ehrlich, die meisten Eltern freuen sich auf den Abend, wenn die Kinder schlafen und Ruhe einkehrt. Aber nicht selten macht der Nachwuchs den Plänen einen Strich durch die Rechnung und das Kind will nicht schlafen.
Das Kind schläft nicht: Wie viel Schlaf brauchen Kinder?
“Und schläft er schon durch?” Eine der meist gestelltesten Fragen an Eltern. Diese Frage setzt Neueltern häufig unter Druck und schürt Erwartungen, die meist nicht erfüllt werden. Das steigert den Druck und das merkt selbst ein Neugeborenes. Und schon befindet sich die Familie in der Abwärtsspirale.
Zugegeben, dass ist nun ziemlich drastisch formuliert, aber kommt leider vor. Je kleiner das Kind, desto mehr verteilte Schläfchen hält es am Tag. Da kann man schon mal den Überblick verlieren und abends heißt es dann “das Kind schläft nicht.”
Das Bedürfnis nach Schlaf überschätzen die Eltern, sie legen das Baby oder Kleinkind ins Bett, aber das hat anderes vor als zu schlafen. Folgende durchschnittliche Schlafdauer benötigt der Nachwuchs:
- Bis zum 3 Monate: 16-18 Stunden
- 4-5 Monate: 14 - 15 Stunden
- 6-12 Monate: 13 Stunden
- 1-4 Jahre: 12 Stunden
- 5-6 Jahre: 11,5 Jahre
- 7-9 Jahre: 11 Stunden
- 10-11 Jahre: 10,5 Stunden
- 12-13 Jahre: 10 Stunden
- 14-16 Jahre: 9 Stunden
Bitte beachtet, auch kleine Kinder sind wie wir Großen verschieden und haben ein unterschiedliches Schlafbedürfnis. Manche brauchen weniger, manche brauchen mehr. Deswegen geht man von +/-2 Stunden aus.
Kleinkind will nicht schlafen: Daran kann es liegen
Insbesondere Babys haben keinen Tag-Nacht-Rhythmus, weswegen manche Babys zum Leidwesen der Eltern tagsüber viel schlafen, dann aber nachts nicht. Nach und nach passt sich das Kind aber dem Rhythmus der Eltern an - Geduld ist gefragt!
Das Kind kann nicht einschlafen? Das hat wahrscheinlich vielfältige Gründe, ein Patentrezept haben auch wir nicht auf Lager. Laut des Psychologen Dr. Arnd Stein ist es wichtig, dass abends Ruhe ins Familienleben einkehrt. Stehen die Eltern noch unter Strom, fahren die Eltern nicht runter und die Kinder dann auch nicht.
Viele Kinder müssen abends auch den Tag nach besprechen, um ihre Gedanken loszuwerden. Das kennen wir ja auch. Wie häufig kommen wir nicht zur Ruhe, weil das Gedankenkarussell noch fährt?
Es liegt also auf der Hand, dass ein spontanes “Jetzt geht’s ins Bett!” auf Gegenwehr stößt und an einschlafen nicht zu denken ist. Erwachsene können sich (mehr oder weniger) selbst runterfahren, Kleinkinder und Babys brauchen aber die Hilfe der Eltern, um sich im Tagesablauf zurecht zu finden. Regelmäßige Tagesabläufe und Rituale helfen, Einschlafprobleme zu verhindern. Gerade gegen Abend kann ein immer gleicher Ablauf helfen, damit sich die Kleinen aufs Schlafengehen einstellen können.
Euer Kind schläft nicht ein? Nicht nur die Zeit vor dem Schlafengehen sollte besonders angenehm gestaltet werden, auch das Zubettgehen als solches. Das Zubettgehen sollte daher nie als Strafe angedroht werden. Um gut einschlafen zu können, muss sich das Baby bzw. Kleinkind wohlfühlen. Das kann es aber nicht, wenn es eine Strafe, etwas Negatives, ist.
Timing ist alles!
Kommen wir zum vielleicht naheliegendsten, aber in der Realität nicht ganz einfachen Punkt: “Das Kind will nicht schlafen, dabei ist es doch hundemüde.” Sicher? Timing ist alles, das gilt auch beim Thema Schlafen. Neben der Uhrzeit, ist natürlich auch wichtig, dass das Baby bzw. Kleinkind überhaupt müde ist.
Achtet also weniger auf die Uhr, sondern mehr auf die Zeichen des Kindes, z. B. Augen reiben. Es spricht ja nichts dagegen, schon gegessen zu haben und noch in Ruhe zu singen oder ein Buch zu lesen. Dann können die Eltern das Kind auch gleich bei den ersten Anzeichen ins Bett packen. Klingt easy, ist es aber nicht immer – wissen wir!
Wir sitzen alle in einem Boot!
Auch wir haben mit unserem Kind gerade in den ersten Monaten lange Abende verbracht. Unser Sohn hat geschrien und geschrien. Wir dachten, er hätte Bauchschmerzen, aber nichts hat geholfen. Irgendwann habe ich mich dazu belesen und eine Ansicht hat mir sehr geholfen: Auch Babys müssen kommunizieren und Erlebtes verarbeiten. Für sie sind alle Eindrücke, die für uns selbstverständlich sind, neu. Also schreien sie, um ihrem Kummer Luft zu machen. Uns hat es dann geholfen, das anzunehmen und ihm “zuzuhören”, für ihn da zu sein. Ohne Ablenkung und Versuche ihn “zum Schweigen” zu bringen. Uns hat es tatsächlich geholfen und es wurde besser und besser.
Zum Thema zurück: Auch unser Sohn schläft nicht alleine ein und ja, auch manchmal bei uns im Bett. Für uns ist das aber völlig ok. Es gibt gute Abende bzw. Nächte und weniger gute. Meine Antwort auf die Frage "Schläft er denn schon durch?" ist übrigens: "Nein, du denn?"
Muss ein Kind alleine einschlafen?
“Mein Kind schläft nicht alleine ein.” Stört dich das denn? Nein? Dann ist doch alles in Butter und du brauchst dich damit nicht weiter beschäftigen. Genauso okay ist es, wenn du keine Energie hast, dich jeden Abend mit der Einschlafbegleitung zu beschäftigen. Alle in der Familie haben Bedürfnisse, die wichtig sind, nicht nur die des Kindes.
Versucht eine Lösung zu finden, kann der Papa bzw. die Mama jeden zweiten Abend übernehmen? Vielleicht klappt es dann reibungslos, denn schon die Kleinsten merken, ob die Eltern bei der Sache sind und auch Lust auf die Einschlafbegleitung haben.
Wann schlafen Kinder durch?
“Mein Kind schläft nicht durch.” Schlaf entwickelt sich phasenweise und hat viel mit der kognitiven Entwicklung zu tun. Gerade Babys können also gar nicht durchschlafen. Es liegt außerdem in der Natur der Sache, dass gerade Babys nicht durchschlafen. Sie prüfen nachts instinktiv, ob alles okay ist und ihre Bezugspersonen noch da sind.
Durch die Gehirnentwicklung, die gerade nachts stattfindet, benötigen gerade Babys aber auch Kleinkinder nachts Kalorien. Deswegen haben sie Hunger und wollen stillen bzw. eine Flasche haben.
Darüber hinaus ist das Wörtchen “durchschlafen” sowieso mit Vorsicht zu genießen. Was bedeutet denn das eigentlich? Auch wir Erwachsenen schlafen nachts nicht durch. Wir haben aber bereits die Fähigkeit schnell wieder in den Schlaf zu finden, entwickelt. Das lernen Kinder erst nach und nach, dass sie ohne Hilfe wieder in den Schlaf finden. Euer Kleinkind schläft also nicht durch? Das ist völlig normal. Natürlich gibt es schon Babys, die durchschlafen. Bei einigen Familien kehrt um den ersten Geburtstag nachts Ruhe ein, andere brauchen etwas länger.
Letzte Option: Schreien lassen?
“Wir sind völlig verzweifelt: Unser Kind will nicht schlafen, ist schreien lassen eine Option?” Belastet das Thema Schlaf die ganze Familie, dann holt euch bitte Hilfe. Anlaufstelle kann euer Kinderarzt sein, er kann prüfen, ob organisch etwas vorliegt, weswegen euer Kind nicht schlafen will. Aber bitte: Schreien lassen, ist keine Option!
Vielleicht sind diese Lesetipps eine erste Hilfe: "Schlaf gut, Baby!" von Herbert Renz-Polster und Nora Imlau (über Amazon)* oder "Der Zauberkäfer: Die liebevolle Einschlafmethode für Kinder" von Martin Sutoris (über Amazon)*.
Babys und Kleinkinder schreien nicht, um uns Eltern zu ärgern oder zu manipulieren. Sie haben wirklich Angst und Schreien ist ihr einziges Kommunikationsmittel, um uns mitzuteilen, dass es ihnen nicht gut geht.
Lasst ihr es schreien, erfährt es, dass seine einzigen Bezugspersonen ihm nicht helfen, was das Urvertrauen schädigt. Natürlich hört das Kind irgendwann auf zu schreien. Das liegt aber keinesfalls daran, dass es irgendetwas "begriffen" hat, sondern daran, dass es auf "Notlauf" geht und Energie spart.
Es ist völlig verständlich, dass es extrem belastend ist, wenn ein Kind gerade abends schreit und schreit und schreit und nicht schlafen will. Wenn ihr nicht mehr könnt, legt das Kind sicher ab, verlasst den Raum und atmet durch! Danach habt ihr vielleicht wieder Kraft, euer Baby zu beruhigen.
Neben dem Kinderarzt gibt es Schlaftrainer, die euch als Familie helfen können. Sie schauen auf alle Bedürfnisse und helfen euch eure Lösung zu finden. Das ist gerade auch dann eine Möglichkeit, wenn die Einschlafbegleitung lange dauert und an den Kräften zerrt.
Besonders gut finden eure Kids bestimmt mit diesen Gute-Nacht-Geschichten in den Schlaf:
Quellen: Mobile, das e-Magazin der BKK Mobil Oil zu “Was tun, wenn das Kind nicht einschlafen kann?”, welt.de “Wenn das Kind partout nicht schlafen will", familienhandbuch.de des Staatsinstituts für Früherziehung, Beate Weymann zu “Schlafschwierigkeiten bei Kindern”
Wir sitzen alle in einem Boot!
Auch wir haben mit unserem Kind gerade in den ersten Monaten lange Abende verbracht. Unser Sohn hat geschrien und geschrien. Wir dachten, er hätte Bauchschmerzen, aber nichts hat geholfen. Irgendwann habe ich mich dazu belesen und eine Ansicht hat mir sehr geholfen: Auch Babys müssen kommunizieren und Erlebtes verarbeiten. Für sie sind alle Eindrücke, die für uns selbstverständlich sind, neu. Also schreien sie, um ihrem Kummer Luft zu machen. Uns hat es dann geholfen, das anzunehmen und ihm “zuzuhören”, für ihn da zu sein. Ohne Ablenkung und Versuche ihn “zum Schweigen” zu bringen. Uns hat es tatsächlich geholfen und es wurde besser und besser.
Zum Thema zurück: Auch unser Sohn schläft nicht alleine ein und ja, auch manchmal bei uns im Bett. Für uns ist das aber völlig ok. Es gibt gute Abende bzw. Nächte und weniger gute. Meine Antwort auf die Frage "Schläft er denn schon durch?" ist übrigens: "Nein, du denn?"
Bildquelle: Gettyimages/encrier