"Bäh!" Wenn euer Kind auf viele Lebensmittel mit diesem Ausruf und einem gerümpften Näschen reagiert, ist es vielleicht ein sogenannter "Picky Eater". Was hinter dem Ausdruck steckt und was dabei helfen kann, dass Kids wieder aufgeschlossener gegenüber dem Essen werden.
- 1.Was bedeutet "Picky Eater" auf Deutsch?
- 2.Was ist ein Picky Eater?
- 3.Warum kann ein Kind zum Picky Eater werden?
- 4.Warum kann es für das Kind gefährlich werden, ein Picky Eater zu sein?
- 5.Mach den Test: Ist mein Kind ein Picky Eater?
- 6.15 Tipps, um Picky Eater wieder aufgeschlossener fürs Essen zu machen
- 7.Wie kann eine Therapie für Picky Eater aussehen?
- 8.Rezepte für Picky Eater
Was bedeutet "Picky Eater" auf Deutsch?
Der Begriff "Picky Eater" stammt aus dem Englischen und heißt auf Deutsch "wählerischer Esser". Der Ausdruck wird hierzulande meist verwendet, um die größtenteils harmlose Phase des pingeligen Essens von Kindern zu beschreiben. In den USA hingegen meint "Picky Eating" eine selektive Essstörung, auch ARFID (avoidant/restrictive food intake disorder) genannt. Wir gehen in diesem Artikel auf beide Formen ein.
Was ist ein Picky Eater?
Als "Picky Eater" werden Kinder bezeichnet, die bei der Wahl ihrer Nahrungsmittel sehr wählerisch sind. Sie nehmen nur ganz bestimmte Speisen und Getränke zu sich und lehnen anderes und Unbekanntes ab, vor allem Obst und Gemüse. Besonders während der Autonomiephase und allgemein bei Kindern unter 6 gibt es oftmals Phasen, in denen viele, vor allem neue Nahrungsmittel abgelehnt werden. Deshalb das Wichtigste vorweg: Meist ist das mäkelige Essverhalten nur eine Phase, keine Krankheit oder Störung, und ihr braucht euch um die Nährstoffversorgung eures Kindes erstmal keine Sorgen zu machen.
Und es scheint auch in den Genen zu liegen, wie ein- oder vielseitig unsere Kids essen wollen:
Allerdings gibt es auch schwerwiegende Fälle von Picky Eating, die erwähnten selektiven Essstörungen. Die betroffenen Kinder essen über einen langen Zeitraum oft z. B. nur Nahrungsmittel mit einer bestimmten Konsistenz (z. B. ausschließlich Brei), mit einer bestimmten Temperatur (z. B. nur kalte Speisen) oder mit einer bestimmten Geschmacksrichtung (z. B. nur Süßes). Wissenschaftlich bezeichnet man diese Picky Eater als Kinder mit sensorischer Nahrungsverweigerung, die an einer sog. "Fütterstörung" leiden.
Wichtig: Nicht alle Kinder, die beim Essen ein bisschen mäkelig sind und beispielsweise Gemüse ablehnen, sind gleich Picky Eater, deren Verhalten behandlungsbedürftig ist. Wenn ihr euch unsicher seid, sprecht das Thema in eurer Kinderarztpraxis an. Meist wird keine krankhafte Störung vorliegen und der Arzt oder die Ärztin kann euch beruhigen. Ihr wollt erst mal selbst vorfühlen? Dann macht gerne den Test weiter unten!
Warum kann ein Kind zum Picky Eater werden?
Picky Eater, deren Essverhalten schwer gestört ist, sind oft von einer mangelhaften Verarbeitung sensorischer Reize oder bisweilen auch von Hochsensibilität betroffen. Ein weiterer Grund kann sein, dass das Kind schlechte Erfahrungen beim Essen gemacht, sich z. B. an einer heißen Suppe verbrannt oder an einem harten Apfelstück verschluckt hat. Auch ein Überangebot an Speisen oder massiver Druck kann zur Verweigerung führen. Bitte zwingt eure Kinder deswegen nie zum Essen, auch nicht zum Probieren!
Frühgeborene oder kranke Babys, die zu Beginn ihres Lebens über eine Nahrungssonde ernährt werden musste, haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko, später Picky Eater zu werden. Weitere mögliche Zusammenhänge mit auffälligem Essverhalten gibt es zu Krankheiten wie ADHS und Autismus. Auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten, chronische Darmerkrankungen oder körperliche Gründe, wenn das Kind also z. B. Schmerzen beim Kauen hat, können zu einer selektiven Essstörung führen.
Warum kann es für das Kind gefährlich werden, ein Picky Eater zu sein?
Wenn euer Kind an ARFID leidet, wird es nur noch unzureichend mit notwendigen Nährstoffen versorgt. Dies kann zu Vitaminmangel oder Gewichtsabnahme führen und irgendwann auch dazu, dass sich euer Kind nicht mehr altersgerecht entwickeln kann. Wenn es nicht mehr trinken mag und deswegen an Dehydrierung leidet, ist das sogar lebensgefährlich. Wenn ihr euch also Sorgen um die Gesundheit eures Kindes macht, geht bitte mit ihm zum Arzt.
Mach den Test: Ist mein Kind ein Picky Eater?
Wenn du herausfinden möchtest, ob dein Kleines nur ein bisschen pingelig beim Essen oder aber ein echter Picky Eater ist, dessen Verhalten medizinisch betreut werden sollte, kannst du sein Essverhalten mit diesen Fragen checken:
- Isst mein Kind nur von ihm ausgewählte Nahrungsmittel, verweigert aber alle anderen Speisen?
- Muss sich mein Kind von Nahrungsmitteln erbrechen?
- Dauert das auffällige Essverhalten schon über einen Monat an?
Wenn ihr eine oder mehrere dieser Fragen mit "Ja" beantworten könnt, ist es gut, euren Kinderarzt zu kontaktieren.
15 Tipps, um Picky Eater wieder aufgeschlossener fürs Essen zu machen
Euer Kind leidet nicht an einer Störung, sondern ist einfach im Moment ein ziemlich pingeliger Esser? Dann gibt es eine ganze Reihe von Tipps, die ihr ausprobieren könnt, um es wieder neugieriger und offener für andere Lebensmittel werden zu lassen:
- Nicht aufgeben: Kinder brauchen 15 bis 20 Versuche, bis sie ein neues Lebensmittel akzeptieren. Bietet es also immer wieder an, gerne in unterschiedlichen Zubereitungsformen, z. B. roh, gedünstet, gegrillt, püriert usw.
- Keinen Druck ausüben: Je mehr "Theater" um das Essen gemacht wird, desto mehr verweigern sich viele kleine Esser*innen. Versucht also zunächst, Geduld zu haben und dem Thema nicht allzu viel Bedeutung beizumessen. Auch Belohnungen für gegessene Lebensmittel sind gefährlich: Sie bauen ebenfalls Druck auf.
- Cool von Anfang an: Schon bei der Beikosteinführung nichts erzwingen wollen, sondern abwarten, bis die Signale von eurem Kind kommen.
- Nahrungsmittel erleben lassen: Lasst schon euer Baby selber essen, im Teller matschen, Essen erforschen, auch wenn's danach unterm Tisch und auf dem Body übel aussieht.
- Gemeinsam essen: Optimal ist es, wenn sich bei den Mahlzeiten alle Familienmitglieder am Tisch versammeln. So kann sich das Kind das Essen bei den Größeren "abschauen".
- Gesunde Zwischenmahlzeiten: Achtet bei den Snacks darauf, dass diese nicht zu viel Zucker und Fett enthalten und auch nicht so sehr sättigen, dass das Kind bei den Hauptmahlzeiten keinen Appetit mehr hat.
- Vorbild sein: Damit das Abschauen am Tisch Sinn macht, solltet ihr natürlich mit gutem Beispiel vorangehen. Also z. B. selber auch Gemüse essen und vielfältige Nahrungsmittel probieren.
- Ruhige Atmosphäre: Die gemeinsamen Mahlzeiten sollten ungestört, ohne störende Musik oder TV, stattfinden.
- Neues mit Bekanntem vergleichen: Kinder sind oft skeptisch, wenn es um unbekannte Nahrungsmittel geht. Hier könnt ihr durch Vergleiche dazu ermutigen, das Neue zu probieren: "Kohlrabi schmeckt genauso frisch wie Gurke" oder "Nektarinen sehen fast wie Äpfel aus. Und sie schmecken auch fruchtig."
- Teller nicht zu voll machen: Wenn Picky Eater einen übervollen Teller angeboten bekommen, tendieren sie oft dazu, ihn pauschal abzulehnen.
- Kinder mit einbeziehen: Lasst die Kids schon beim Einkaufen Obst und Gemüse aussuchen. Und nachher dann mitschnippeln, rühren und Tisch decken.
- Das Auge isst mit: Gemüse und Obst witzig anrichten, z. B. coole Tiere oder Gesichter legen oder mit Ausstechformen Sterne, Herzen etc. gestalten.
- Gesund kochen: Gemüse sollte Bestandteil jeder Mahlzeit sein. So oft angeboten, stoßen die Kleinen vielleicht doch auf die ein oder andere Gemüseart, die sie mögen.
- Verzögerungstaktik: Das Gemüse zu Beginn der Mahlzeit schon mal auf den Teller legen und sagen, die anderen Nahrungsmitteln dauern noch ein paar Minuten. Vielleicht greift das Kind doch schon mal zu, wenn der Magen knurrt.
- Außer Haus essen lassen: Ermöglicht es eurem Kind, mit anderen Kindern gemeinsam zu essen, z. B. in der Kita. Oft sind die Kleinen außerhalb des eigenen Esstisches doch aufgeschlossener gegenüber Neuem.
Bloß nicht mischen!
Auch unsere dreijährige Tochter ist wählerisch, was das Essen angeht. Zwar ist sie zum Glück vielem Gemüse und Obst gegenüber aufgeschlossen, dafür kann sie es nicht leiden, wenn ihr Essen vermischt ist. Aufläufe, Soßen oder One-Pot-Gerichte kommen ihr nicht auf den Teller. Deswegen bereiten wir die einzelnen Komponenten separat zu und mischen für uns erst am Tisch. So kann unsere Tochter selbst auswählen, was sie essen möchte. Meistens ernährt sie sich so doch recht vielseitig.
Wie kann eine Therapie für Picky Eater aussehen?
Wenn die Kinderärztin festgestellt hat, dass euer Kind an einer selektiven Essstörung leidet, überweist sie euch an Spezialist*innen weiter, z. B. in eine Logopädiepraxis, zu einer Ernährungsberatung oder in psychologische Behandlung. Je nachdem, welcher Grund zugrunde liegt, wird eine entsprechende Therapie entwickelt. Bei einer fehlerhaften Sensorik werden der Therapeut oder die Therapeutin z. B. über verschiedene Maßnahmen versuchen, das Kind behutsam zu desensibilisieren. Auch das Erarbeiten von Essensplänen gehört zur Therapie.
Rezepte für Picky Eater
Unsere Rezeptideen für Picky Eater "schmuggeln" z. B. Gemüse rein, wo das Kind keins vermutet und es daher vielleicht akzeptiert. Oder Apfel, Zucchini und Co. kommen mal in einer anderen Optik daher und schmecken dann überraschend gut. Hier findet ihr vielfältige Inspirationen:
Wenn ihr euch noch genauer über Picky Eater informieren möchtet, können wir euch folgende Bücher über die Ernährung von Kindern ans Herz legen: