Klar, wir alle wollen, dass unsere Kids als respektvolle Menschen aufwachsen, die andere rücksichtsvoll behandeln. Und gerade im Gentle Parenting und der respektvollen Erziehung ist es ein zentrales Thema, wie wir das im Umgang mit unseren Kindern vorleben. Doch manchmal ist es für uns selber schwer, in bestimmten Alltagssituationen respektvoll zu bleiben. Welcher Satz bei uns alles verändert hat und welche Tipps noch super helfen.
Statt einer Frage ...
Tatsächlich hilft es unseren Kindern, wenn wir Respekt immer und immer wieder vorleben – auch wenn sich das respektvolle Miteinander bei unseren Kindern natürlich nicht sofort einstellt, dafür aber langfristig und nachhaltig. Wichtig ist zu wissen, dass es dabei nicht nur darauf ankommt, wie wir vor unseren Kids mit anderen umgehen, sondern auch mit ihnen selbst.
Das höfliche Gespräch mit der Nachbarin, die hilfsbereite Geste in der Bahn oder der verständnisvolle Umgang mit dem/der Partner*in sind tolle Beispiele für unsere Kids, keine Frage! Aber was noch mehr zählt, ist, wie wir mit ihnen in Situationen umgehen, die ihren Körper, ihre Meinung, ihre Fähigkeiten oder ihre Entscheidungsfreiheit betreffen.
Was bei uns einen gigantischen Unterschied im Alltag gemacht hat: Dieser eine Satz beim täglichen Abholen.
Ich hab' dich vermisst.
Ihr kennt's bestimmt: Ob nach dem normalen Kita- oder Schultag, dem großen Test oder einem lang erwarteten Playdate: Sobald wir unsere Kids abholen oder sie zu Hause zur Tür hereinkommen, wollen wir wissen: Hattest du einen schönen Tag? Wie war's? Was hast du gemacht? Was gab's zu essen? War xy heute nett zu dir? Hast du viel gespielt? ...
Die Antwort ist dann meistens nur eine Silbe: Ja. Nein. Gut. Oder der von uns Eltern gefürchtete Klassiker: Hab' ich vergessen.
Klar, wir wollen wissen, was im Leben unserer Kinder passiert und wie sie über ihre Erfahrungen denken. Und meistens wollen sie es uns auch mitteilen – aber das geht leichter in ihrem eigenen Tempo, wenn sie alle Eindrücke selber sacken lassen konnten.
Viel besser klappt es bei uns, uns darauf zu besinnen, was wir mit der Fragerei eigentlich ausdrücken wollen. Ein einfaches Ich hab dich vermisst! oder ein Schön, dass du wieder da bist! ist ein toller Weg, unseren Kids Verbindung und Vertrauen zu schenken – zwei Dinge, die sie nach einem aufregenden Tag auch am meisten von uns brauchen.
Das schafft auch die perfekte Atmosphäre dafür, uns später alle Details erzählen – ganz in ihrem eigenen Tempo.
Probiert's aus!
4 weitere Wege, wie wir unseren Kids Respekt vorleben können
#1 Über den eigenen Körper entscheiden lassen
Klingt logisch, fällt uns in vielen Situationen aber dennoch schwer: Unsere Kids körperlich frei sein lassen! Sobald sie es können, ist es toll, wenn sie selber ihre Kleidung auswählen und sich anziehen können, selbst die Haare kämmen und Hände waschen. Sind sie noch zu klein (Stichwort Körperhygiene) oder brauchen unsere Hilfe, können wir natürlich eingreifen. Aber dann sollten wir vorher ansprechen, was wir tun und fragen, ob das ok ist:
Ich wische dir deine Nase ab, ok?
Brauchst du Hilfe mit deinem Shirt?
Klar, uns Eltern fällt es oft schwer, unsere Hände stillzuhalten: Hier ein Schoko-verschmiertes Gesicht, da noch schnell die Mütze aufsetzen, hier ein Fussel an der Hose ... Aber es ist wichtig, dass wir Kindern schon von Klein auf signalisieren, dass ihr Körper nur ihnen gehört und dass auch wir als engste Bezugspersonen das respektieren. Und je älter unsere Kinder werden, umso wichtiger ist es, dass sie auch über ihr Aussehen selbst entscheiden dürfen, statt sich kontrolliert und ihrer Privatsphäre verletzt zu fühlen.
#2 Mit Antworten Zeit lassen
Nein, dieser Tipp hat nix damit zu tun, dass wir unseren Kindern nicht antworten, wenn sie Fragen haben. Aber ihr kennt's bestimmt: An manchen Tagen fragen uns Kinder Löcher in den Bauch – bis wir irgendwann mit einem genervten Ich weiß es auch nicht! oder Hör auf zu fragen! antworten, was uns dann später leid tut.
Besser ist es, gleich eine Strategie zu entwickeln, wie wir mit Fragen umgehen, sodass wir solche Situationen vermeiden können. Also erst mal durchatmen (Großes Plus: In dieser Sekunde finden unsere Kids manchmal schon selber die Antwort!), uns dann unserem Kind zuwenden und lösungsorientiert antworten:
Gute Frage! Was denkst du denn darüber?
Wo hast du deinen Monster-Truck das letzte Mal gehabt? Wo könnte er noch sein?
Was könntest du als Nächstes probieren?
#3 Unser Kind selber antworten lassen
Wie oft passiert es uns, dass wir für unser Kind antworten, um es aus einer unbequemen Situation zu retten oder um unsere eigene Erfahrung zu teilen? Die Nachbarin fragt: Und, wie gefällt dir die erste Klasse?" oder ein Kitakind will wissen, warum unser Kind heute keine Socken anhat.
Statt direkt zu antworten, können wir unserem Kind die Chance geben, selber zu reagieren (oder eben nicht.) So lernt es, dass seine Meinung wichtig ist und wir geben ihm die Chance, sich in solchen sozialen Situationen zu üben. Statt seine sozialen Hürden (die die meisten Kinder haben) noch zu unterstreichen.
Aber klar: In manchen Momenten ist es gut und wichtig, einzuschreiten und bestimmte Reaktionen vorzuleben, zum Beispiel wenn ältere Kinder Grenzen überschreiten.
Oder für unser Kind zu sprechen, wenn es etwas mit seinen eigenen Worten nicht artikulieren kann. Aber auch dann ist es besser, erst mal die Reaktion unseres Kindes abzuwarten und ihm dann ggf. eine Stimme zu geben, z. B. Es sieht so aus, als wollte Susi dich nicht umarmen. (Auch Sportscasting genannt).
#4 Vertrauen schenken
Power Struggles entschärfen
Die Tipps helfen dabei, unseren Kids Autonomie, Selbstrespekt und auch Selbstvertrauen zu schenken.
Und: Mit diesen Strategien geben wir unseren Kindern Sicherheit und stärken unsere Eltern-Kind-Beziehung. Denn sie helfen uns, kindgerecht zu kommunizieren und in schwierigen Situationen auch selber ruhig zu bleiben. Und auch unser Zusammenleben als Familie wird oft angenehmer und leichter (Stichwort Power Struggles ...)
Probiert's aus!
"Du musst noch deine Gitarrenübungen machen" oder "Komm, die ganze Woche hast du dich auf die große Rutsche gefreut und jetzt willst du nicht rutschen?" oder "Du musst doch Hunger haben, du hast seit heute früh nichts gegessen" sind ein paar Beispiele, die bestimmt vielen von uns rausrutschen.
Und unsere Kids erwarten auch zu einem gewissen Grad, dass wir sie erinnern oder sie darin bestärken, Herausforderungen anzugehen. Aber oft schwingt das ganz schnell ins Überreden und in Druck um. Und nimmt unseren Kindern die Chance, selber Verantwortung für sich und ihren Körper zu übernehmen. Besser sind Sätze wie:
Ich vertraue darauf, dass du dran denkst, Gitarre zu üben.
Ich mache mir keine Sorgen, rutsch einfach, wenn du so weit bist! oder
Kein Problem, du merkst schon, wenn du Hunger bekommst.
So schenken wir unseren Kids Vertrauen und können sie gleichzeitig empowern, zu tun, was für sie am besten ist (und sie daran erinnern, eben doch ihre Hausaufgaben zu machen ...)
Regeln und Grenzen gehören zum Familienleben dazu. Im Video zeigen wir, wie sie sich leichter mit unseren Kids umsetzen lassen: