Über ein Drittel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist heutzutage kurzsichtig - Tendenz steigend. Augenärzte warnen, dass Smartphones Kinderaugen dauerhaft Schaden zufügen. Wieviel Handy-Nutzung ist in Ordnung?
Fast alle Kinder wollen eins, und immer mehr haben schon ein eigenes Smartphone oder dürfen ein Handy ihrer Eltern zum Spielen oder Filmeschauen benutzen. Manchmal wird schon den ganz Kleinen ein Smartphone mit Videos in die Hand gedrückt, damit sie ruhig sind. Doch ist das wirklich gut für sie? Augenärzte warnen, dass mehr als ein Drittel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen heute kurzsichtig ist – und sie sehen die zunehmende Nutzung von Smartphones als eine der wesentlichen Ursachen.
Augenärzte warnen vor Smartphones für Kinder
Eine Studie aus den Niederlanden untersuchte die zunehmende Kurzsichtigkeit bei Kindern und Jugendlichen. Über mehrere Jahre beobachteten die Wissenschaftler der Erasmus MC 1000 Kinder aus Rotterdam. Von den Sechsjährigen waren lediglich 2,5 Prozent kurzsichtig, mit 13 waren es 25 Prozent. Die Forscher sahen die intensive Nutzung von Smartphones und Tablets als eine der Hauptursachen an.
Die Deutsche Ophtalmologische Gesellschaft (DOG) warnt, dass Kurzsichtigkeit in den Industrieländern stark zunimmt – in asiatischen Ländern sind bis 95 Prozent der jungen Erwachsenen kurzsichtig und auch bei uns ist die Tendenz steigend. "Die Zunahme ist vor allem auf sehr frühen und intensiven Gebrauch von PCs, Smartphones und Tablets zurückzuführen", mahnte DOG-Präsidentin Professor Nicole Eter in der ÄrzteZeitung.
Hauptproblem ist das anhaltende Fixieren des Bildschirmes in Augennähe über längere Zeit. Um Augenschäden zu vermeiden, ist es wichtig, zwischen Nahsicht und Fernsicht zu wechseln. Hält man das Handy dann auch noch besonders dicht vors Gesicht, drehen sich die Augäpfel so ein, dass sie überhaupt ein scharfes Bild liefern können – dazu müssen die Augen schielen, was sie noch mehr schwächt.
"Wenn wir zum Beispiel 20 Minuten mit dem Smartphone verbringen, sollten wir dann auch wieder 20 Minuten in die Ferne blicken, damit die Augen etwas anderes zu tun bekommen", riet Erasmus-MC-Forscher Jan Roelof Polling im Gespräch mit RTL Nieuws.
"Studien zeigen, dass Kurzsichtigkeit zu rund 50 Prozent vom Lebensstil beeinflusst wird", sagte Professor Bettina Wabbels, Leiterin der Abteilung für Orthoptik, Neuro- und pädiatrische Ophthalmologie am Universitätsklinikum Bonn, gegenüber der ÄrzteZeitung. "Ist ein Auge einmal so gewachsen, schrumpft es nicht mehr. Ab zwölf Jahren sind die Weichen für die Augen gestellt."
Sollten Eltern ihren Kindern das Smartphone vorenthalten?
Eltern fühlen sich nicht selten hin- und hergerissen. Einerseits möchten sie, dass ihre Kinder erreichbar sind und jederzeit die Möglichkeit haben, Vater oder Mutter anzurufen. Vielleicht wollen sie ihren Kindern auch nicht zumuten, von Gleichaltrigen aufgezogen zu werden, wenn sie womöglich als einzige kein schickes Smartphone haben.
Auf der anderen Seite sorgen sich Eltern, was ihre Kinder durch ein Smartphone alles zu Gesicht bekommen, wenn sie Zugang zum Internet und zu Social Media haben, und ob sie zu viel Zeit mit ihrem Handy verbringen, statt sich auf die Schule zu konzentrieren oder mit Freunden zu spielen. Eine US-Studie kam sogar zu dem Schluss, dass übermäßige Smartphone- und Tablet-Nutzung das Risiko, an ADHS zu erkranken, erhöht.
Nackenverspannungen und Rückenschmerzen sind weitere Probleme, die jungen Intensivnutzern drohen. Auch die Sorge wegen Handystrahlen beschäftigt manche Eltern. Und nicht zu vergessen die Augengesundheit ihres Nachwuchses – auch wenn es nicht immer leicht durchzusetzen ist, sollten die Nutzungszeiten deshalb reduziert und vor allem kontrolliert werden.
Smartphone für Kinder: Wieviel ist für welches Alter in Ordnung?
Klicksafe, die EU-Initiative für mehr Sicherheit im Netz, gibt folgende Empfehlungen:
- Kinder bis zwei sollten gar keine Zeit mit Smartphones verbringen.
- Kinder bis drei Jahre können maximal 5 Minuten pro Tag auf ein Handy schauen.
- Kinder zwischen vier und und sechs Jahren: Knapp 20 Minuten sind okay, wenn auch nicht unbedingt täglich.
- Kinder zwischen sieben und zehn Jahren: Täglich etwa 30 bis 45 Minuten dürfen es sein.
Bevor sie zwölf sind, sollten Kinder keine eigenen Geräte bekommen, rät Psychologe Professor Christian Montag gegenüber RTL.de. Und Professor Bettina Wabbels erklärt, dass kleine Kinder lieber mit Bauklötzen als mit Mamas Handy spielen sollten, auch um ihr räumliches Wahrnehmungs- und Vorstellunsgvermögen zu schulen. Dafür eignet sich die reale Welt einfach viel besser als ein Smartphone.
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