Ihre Geschichte geht um die Welt: Eine Lehrerin aus Amerika hat eine so wirksame Methode um in ihrer Klasse Ausgrenzung und Mobbing zu verhindern, dass Eltern auf der ganzen Welt in den sozialen Netzwerken zum Teilen dieser Methode aufrufen. Warum eine kleine Übung in irgendeinem Klassenzimmer irgendwo in den USA so viel verändert.
Mobbing und Gewalt hängen meist zusammen
Passieren solche schlimmen Dinge wie der Amoklauf in Florida vor wenigen Tagen (Stand Februar 2018), fragt man sich voller Fassungslosigkeit: Wie konnte es so weit kommen? Es ist die Einsamkeit, die den Groll wachsen lässt und sich im schlimmsten Fall in Gewalt ausdrückt: „Gewalt beginnt immer mit Ausgrenzung. Gewalt beginnt immer mit Einsamkeit.“ Davon ist Kathy Pitt, Lehrerin einer Grundschule in Florida, überzeugt. Sie erklärt, dass Kinder gesehen werden wollen - und zwar jedes Kind in seiner ganzen Eigenart. Wird das versäumt, suchen sich Kinder ihren eigenen Weg um die Aufmerksamkeit, die sie so nötig brauchen, zu bekommen.
Doch sie weiß, dass vieles den Augen der Erwachsenen verborgen bleibt, gerade in einer großen Klasse. Insbesondere Mobbing findet meist dann statt, wenn kein Lehrer dabei ist. Deshalb hat Pitt eine Methode entwickelt, um genau diese Kinder zu erkennen, die aus der Klassengemeinschaft ausgeschlossen sind, keine Freunde haben, Schwierigkeiten haben, auf andere zuzugehen oder sogar gemobbt werden.
Die Anti-Mobbing-Methode
Jeden Freitagnachmittag verteilt Kathy Pitt Zettel in ihrer Klasse. Die Kinder sollen aufschreiben, wen sie aus der Klasse gerne näher kennenlernen und mit welchen vier Mitschülern sie in der kommenden Woche gerne zusammen arbeiten würden. Dabei geht es für Pitt nicht darum, jeden Wunsch zu erfüllen, sondern die kleinen Zettel verraten ihr mehr, als die Kinder wissen: Welches der Kinder nicht zur Gemeinschaft gehört, wer sich einsam fühlt, ausgeschlossen oder nicht akzeptiert. Wer auf keinem der anderen Zettel auftaucht oder selbst Schwierigkeiten hat, jemanden auf seinen Zettel zu schreiben. Gleichzeitig zeigen die Zettel auch die soziale Dynamik in der Klasse, wenn ein Kind in einer Woche sehr „gefragt“ ist und in der Folgewoche keiner mit ihm arbeiten will. Diese kleinen Zettelchen geben Pitt Aufschluss darüber, was in ihrer Klasse passiert, wenn sie nicht dabei ist und noch mehr, was in und zwischen den Kindern passiert.
Lehrer bringen unseren Kindern bei, wie sie lesen, schreiben und rechnen. Doch viel wichtiger als Mathe ist die Fähigkeit, Freundschaft zu schließen, seinen Mitmenschen freundlich zu begegnen und niemanden bewusst oder unbewusst auszuschließen. Für Pitt sind ihre Freitagszettel ein Beitrag gegen Gewalt und Mobbing und für Gemeinschaft, Nächstenliebe und soziale Kompetenz.
„Wer weiß, wie viele Leben Kathy Pitt mit dieser Methode gerettet hat“, meint Glennon Doyle auf ihrem Blog, deren Sohn in Pitts Klasse ging. Glennon war so begeistert von Pitts Methode, dass sie einen Artikel über sie schrieb – der millionenfach geteilt und geklickt wurde. Obwohl es nur ein paar kleine Zettel jeden Freitag sind, schlägt die Botschaft Wellen. Interesse – echtes, tiefgehendes Interesse – kann Leben retten oder zumindest verändern.
Kathy Pitt ist mittlerweile in Rente, doch ihre Idee wird fortgesetzt. Mathe, Deutsch, Biologie – ja, das ist wichtig. Noch wichtiger ist aber, freundlich zueinander zu sein, jemanden in die Gruppe reinzuholen und offen für neue Freundschaften zu sein.
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