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Statt Staatlicher Schule

Waldorfschule: Für wen ist sie geeignet?

Waldorfschule: Was kann sie und für wen ist sie geeignet
© Getty Images / E+ / FatCamera

Die Waldorfschule wird immer beliebter bei Eltern, die mit dem staatlichen Bildungssystem nicht zufrieden sind. Aber ist sie wirklich der Heilsbringer, den Eltern sich erhoffen? Wie sieht das Konzept der Alternativ-Schule aus, welche Kritik gibt es an Waldorfschulen und wie viel kostet sie?

Was ist eine Waldorfschule?

Die Waldorfschule, auch als Rudolf-Steiner-Schule bekannt, basiert auf der Pädagogik des österreichischen Philosophen Rudolf Steiner. Diese Schulform legt besonderen Wert auf eine ganzheitliche Bildung, die Kopf, Herz und Hand gleichermaßen anspricht. Das bedeutet, dass neben den klassischen akademischen Fächern wie Mathematik und Sprachen auch künstlerische und handwerkliche Tätigkeiten, sowie Bewegung und Musik eine zentrale Rolle im Schulalltag spielen.

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Das pädagogische Konzept an Waldorfschulen

In der Waldorf-Schule möchte man die Kinder als Individuen mit unterschiedlichen Eigenschaften wahrnehmen, und sie sollen zu selbstbestimmten, freien Wesen erzogen werden. Dies spiegelt sich dann auch in der Umsetzung wider, denn es werden andere Schwerpunkte als an einer Regelschule gesetzt. In den ersten Schuljahren wird bildhafter Unterricht praktiziert; die Phantasie und die Geschicklichkeit soll angeregt werden. Kunst hat eine ähnliche Gewichtung wie Mathematik. Die Prinzipien der Waldorfpädagogik:

  • Der Weg ist das Ziel: Das Ergebnis hat die gleiche Gewichtung wie der Lernweg. Kinder sollen das Gelernte in Beziehung zu der Gesellschaft und zu sich setzen können.
  • Epochenunterricht: Damit die Schüler*innen Wissen besser erfassen und begreifen können, wird ihnen viel Zeit gegeben. Für mehrere Monate gibt es jeden Tag zwei Stunden dasselbe Fach, damit den Dingen auf den Grund gegangen wird.
  • Breiter Fächerkanon: Kinder lernen nicht nur Rechtschreibung, Mathematik, Naturwissenschaften und mindestens zwei Fremdsprachen, sondern auch Kunst, Handarbeit, Werken, Gymnastik, Theaterspielen und Gartenbau.
  • Ausnahmefach Eurythmie: Es bedeutet so etwas wie "schöner Rhythmus" und übersetzt Sprachlaute in Bewegung. Kinder sollen dabei ihren Körper kennen- und kontrollieren lernen sowie ein Raumgefühl entwickeln.
  • Eine Bezugsperson: Bis zu acht Jahre betreut ein Lehrer oder eine Lehrerin eine Klasse, damit sich eine vertrauensvolle Beziehung entwickeln kann.
  • Kein Leistungsdruck: Es gibt keine Noten, sondern Beurteilungen. Sitzenbleiben, wie es in der Regelschule gehandhabt wird, passiert in einer Waldorfschule nicht.

Wie sieht der Unterricht an einer Waldorfschule aus?

Der Unterricht an einer Waldorfschule unterscheidet sich in vielen Punkten von dem an einer Regelschule. Der größte Unterschied: Eure Kinder haben hier Epochenunterricht. Das bedeutet, Schulfächer werden nicht in täglichen, kurzen Einheiten, sondern in mehrwöchigen Blöcken unterrichtet. Dadurch haben die Schüler*innen die Möglichkeit, sich intensiv mit einem Thema auseinanderzusetzen und es in seiner Tiefe zu verstehen. In den unteren Klassenstufen wird außerdem auf Noten verzichtet.

Vorteile der Waldorfschule

  • Eine der großen Stärken der Waldorfpädagogik ist der ganzheitliche Blick aufs Kind. Das kann zu einer entspannteren Lernatmosphäre führen.
  • Klassenlehrer*innen bleiben über mehrere Jahre die Bezugsperson für die Kinder.
  • Epochenunterricht: Vertiefungen, die in den Regelschulen nicht immer erreicht werden können, sind hier möglich.
  • Kein Notendruck: Erst in den höheren Klassen werden Noten verteilt, die Schulzeit ist davon weitgehend befreit.
  • Mehr Raum für Kreativität und praktische Fähigkeiten. Von Eurythmie bis Werken, hier kann oftmals viel ausprobiert werden
  • Schulabschlüsse haben dieselbe Gültigkeit wie die an staatlichen Schulen
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Nachteile und Kritikpunkte der Waldorfschule

  • Anthroposophische Schulinhalte mögen erstmal nur ein wenig esoterisch klingen, je nachdem wie streng die jeweilige Schule die Steiner-Lehren aber auslegt, kann es aber passieren, dass zwischen Fakt und Fiktion nicht genau unterschieden wird
  • Die Lehrkraft wird über acht Jahre die Klasse in allen Fächern begleiten. Es gibt in den ersten acht Schuljahren teilweise keine Lehrbücher, nach denen unterrichtet wird.
  • Nicht an allen Waldorfschule kann das Abitur gemacht werden, dafür ist unter Umständen ein Schulwechsel an eine staatliche Schule nötig. Möchten Kinder den mittleren Schulabschluss auf einer staatlichen Schule ablegen, müssen sie sich zurückstufen lassen, weil der hier nach der 10. Klasse, an den Waldorfschulen aber erst nach Klasse 11 oder 12 abgelegt werden kann.
  • Bei einigen Waldorfschulen können die Prüfungsbedingungen für einen Schulabschluss erschwert sein, im Vergleich zu den staatlichen Schulen. Bedeutet: Für den gleichen Abschluss müssen eure Kinder in den Fällen mehr leisten.
  • Wie an anderen Privatschulen auch, muss ein monatliches Schulgeld gezahlt werden. Meist bedeutet das aber auch: Diversität wird eher kein großes Thema sein, meist bleiben Gleichdenkende hier unter sich.

Wie viele Waldorfschulen gibt es in Deutschland?

Weltweit gibt es über 1200 Waldorfschulen. 240 und damit weltweit die meisten, befinden sich in Deutschland. Ca. 88000 Schüler*innen gehen hier zur Schule, 47 % von ihnen machen ihr Abitur.

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Was kostet die Waldorfschule?

Die durchschnittlichen Elternbeiträge und Spenden lagen im Jahr 2020 bei monatlich € 197,00 (Quelle: Abteilung für Bildungsdaten und -analysen im Bund der Freien Waldorfschulen). Von dieser Zahl kann es, je nach Region und politischen Vorgaben, aber erhebliche Abweichungen geben.
https://www.waldorfschule.de/schulen/schulgeld

Eltern und Lehrer*innen bilden laut dem Bund der freien Waldorfschulen eine "Solidargemeinschaft". "Lehrer:innen verzichten auf Gehaltsanteile, die Elternbeiträge orientieren sich an der finanziellen Leistungsfähigkeit der Familie", heißt es auf der Website vom Bund der Freien Waldorfschulen dazu. Jede Schule kann letztlich frei entscheiden, ob sie einen festen Elternbetrag fordert, der auf Antrag ermäßigt werden kann, oder einen einkommensabhängigen Beitrag fordert, der mit jeder Familie individuell vereinbart wird.

Welchen Schulabschluss gibt es an der Waldorfschule?

Auch an Waldorfschulen können eure Kinder Schulabschlüsse machen, die staatlich anerkannt sind. Von Haupt- über Realschulabschluss bis zum Abitur bzw. der Fachhochschulreife ist in der Theorie alles möglich. Praktisch unterscheiden sich die möglichen Schulabschlüsse dann aber doch. Denn nicht an jeder Schule in jedem Bundesland kann das Abitur abgelegt werden. Hier müssen die Kinder entweder die Schule verlassen oder sich externen Prüfungen stellen.

Die Schulabschlüsse an Waldorfschulen sind selbstverständlich benotet, denn auch wenn die Schulnoten erstmal keine Rolle spielen, bei den Abschlüssen sind sie dann doch wichtig.

Kritik an der Waldorfschule

Die esoterischen Lehren der Anthroposophie, auf denen das Waldorfschulkonzept basiert, lassen sich nicht wegdiskutieren. Nicht alle Waldorfschulen halten sich gleich streng an die Vorgaben Steiners, denn jede Waldorflehrkraft kann ihren Schulplan ja selbst gestalten.

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Was ihr bedenken solltet: Es wird in Jahrsiebten gedacht, was bedeutet, dass nach der Einschulung der Schriftspracherwerb im Zweifelsfall erst in der zweiten Klasse bzw. wenn euer Kind sieben Jahre alt ist, vermittelt wird. Im Lehrplan von staatlichen Schulen sind, je nach Bundesland, ca. 250 Stunden in der ersten Klasse dafür vorgesehen, lesen und schreiben zu lernen. Wenn eure Kinder an den Waldorfschulen erst in der zweiten Klasse damit beginnen, kann das schon zu Nachteilen fürs weitere Leben führen.

Klassen können als Schicksalsgemeinschaft verstanden werden, was förderlich für den Klassenzusammenhalt sein kann, aber auch zu großen Konflikten führen kann. Kinder werden, laut Steiners Lehre, in vier Temperamenten gedacht und das kann dazu führen, dass euer Kind auch der Chance beraubt wird, sich überhaupt zu entwickeln. Denn es gibt nur eine bestimmte Anzahl und Zuschreibung an Temperamenten, euer Kind wird also im Zweifelsfall dann doch nicht in all seiner Komplexität wahrgenommen, sondern in Schubladen gepresst.

Da die Schicksalsgemeinschaft von einer Schulkraft über acht Jahre (!) geleitet wird und Steiner dieser eine ganz besondere Stellung zuordnet, bestimmt die auch, was die Kinder lesen. Bis zur achten Klasse gibt es auch keine Lehrwerke, da wird der Unterricht nur von den Lehrer*innen bestimmt. Eure Kinder haben diese Lehrkraft auch in allen Fächern, was in staatlichen Schulen nicht vorkommt. Denn niemand kann alles.

Für wen ist die Waldorfschule geeignet?

Wer sein Kind auf die Waldorfschule schickt, möchte eine Alternative zum gängigen Schulsystem. Nicht alle Eltern beschäftigen sich dabei unbedingt mit Rudolf Steiner und seiner Lehre. Dazu kommt, dass jede Waldorfschule ja auch ihr eigener Mikrokosmos ist und ihr erst im Erleben feststellen könnt, ob das Konzept dann wirklich zu euch, euren Werten und Überzeugungen passt.

Wenn ihr mit dem Gedanken spielt, euer Kind auf eine Waldorfschule zu schicken, dann schaut sie euch im Vorfeld genau an. Stellt Fragen, hört euch in der Elternschaft um. Bleibt kritisch. Denn nur weil eine staatliche Schule vielleicht nicht all eure Erwartungen erfüllt, bedeutet das nicht, dass an allen Waldorfschulen alles viel besser läuft. Letztlich gilt hier, was für jede Schule gilt: Das Schulerlebnis steht und fällt mit den Menschen, mit denen die Kinder die Schulzeit verbringen.

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Woher kommt der Name Waldorfschule?

1919 gründete Rudolf Steiner mit der finanziellen Unterstützung von Emil Molts in der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik eine Schule für die Kinder der Fabrikarbeiter*innen. Es bestimmte also letztlich der Ort den Namen: Die Waldorfschule war geboren. Rudolf Steiner wollte nicht nach dem gängigen Prinzip unterrichten, sondern sich an der kindlichen Entwicklung orientieren und sie ganzheitlich fördern.

"Das Kind in Ehrfurcht empfangen, in Liebe erziehen und in Freiheit entlassen", lautete Steiners Credo. Er glaubte stark an die Kraft der Spiritualität und dass diese durch Freiheit und Erkenntnis hervorgerufen wird. Dies findet sich deswegen auch im pädagogischen Konzept seiner Schulen wieder.

Quellen:

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