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Was ist Erlebnispädagogik?

Erlebnispädagogik ist mittlerweile ein fester Bestandteil in der Kinder-und Jugendlichenbetreuung geworden. Wie sieht dieses Erziehungskonzept aus?

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Erlebnispädagogik wird dir mittlerweile überall begegnen, ob in der Schule, bei Jugendfreizeiten oder beim Outdoortraining für Führungskräfte. Aber was steckt dahinter? In Deutschland gilt Kurt Hahn (1886-1974) gilt als der Ur-Vater der Erlebnispädagogik. Der Akademiker befand Anfang des 20. Jahrhundert dass den damaligen Jungen etwas fehlte: körperliche Fitness, Unternehmungsgeist, Phantasie, handwerkliches Geschick, Selbstdisziplin und der Dienst am Nächsten. Damit sich das ändert, gründete Kurt Hahn 1920 das Internat Salem. Seine Schüler sollten sich mehr bewegen und abhärten. Ihre Erlebnisse in der Natur sollten ihnen Rüstzeug für ihr Leben geben.

Hahn hat nie behauptet, pädagogisch das Rad neu erfunden zu haben - vor ihm hatten schon andere die Idee, dass man durch Erleben besser lern. Robert Baden-Powell gründete zum Beispiel 1907 in Großbritannien die erste Pfadfindergruppe. Erlebnispädagogik ist also nicht neu; sie erfuhr in den 80er Jahren eine Wiederbelebung und in unseren digitalen Zeiten bekommt diese Sparte der Erziehungswissenschaft einen weiteren Schub, denn viele finden, dass Kinder von diesen Expeditionen und Aktivitäten profitieren könnten, weil sie viel zu oft allein vor dem Computer sitzen.

Trips durch den Wald können Teil von Erlebnsipädagogik sein.

Was will Erlebnispädagogik?

Es gibt nicht die eine Art von Erlebnispädagogik, aber man kann schon von ein paar grundsätzlichen Zielen sprechen, die sich in vielen Konzepten dieser Pädagogik wiederfinden:

  • Stärkung des Selbstwertgefühls: Die Erlebnisse sollen die Kinder und Jugendliche stärken. Sie sollen sehen, was sie alles schaffen können, wenn sie es sich nur zutrauen.
  • Verbesserte Kommunikationbereitschaft: Im Prinzip geht es bei allen Ausrichtungen, seien es Seminare, Workshops, Freizeiten oder längerfristige Projekte, darum, dass der Teamgeist gefördert wird und dass alle besser miteinander kommunizieren und bessere Teamplayer werden.
  • Verbessertes Körpergefühl: Eines der Lieblingsziele von Kurt Hahn - mehr Bewegung bringt Vitalität und Lebensgeist.
  • Eigene Grenzen erkennen: Erlebnispädagogik ist auch Grenzerfahrung - wie weit kann ich gehen? Was schaffe ich und was nicht? Das Nicht-Schaffen wird niemals als Niederlage gewertet. Es geht bei den sportlichen Herausforderungen nicht um "höher, schneller, besser", sondern einfach ums Machen.
  • Naturbewusstsein entwickeln: Wer in der Natur unter freiem Himmel schläft oder sich für längere Zeit im Wald, an der See oder in den Bergen aufhält, bekommt ein besseres Gespür für die Naturkräfte, was in Zeiten von wachsender Umweltverschmutzung von Nutzen sein kann.
  • Achtsamkeit: Das derzeitige Zauberwort: Du erkennst, wie du atmest, wie die Vögel zwitschern, wie die Sonne den Tau von den Blättern tropfen lässt. All das gibt dir innere Ruhe und Gelassenheit.
  • Positivere Lebenseinstellung: Du hast etwas gelernt und du weißt auch, dass du etwas gelernt hast. Und diese Erfahrung wird dich stärken und sie kann dir in kniffligen Situationen helfen. Wenn du bei strömenden Regen einen Schutz aufgebaut hast, du wochenlang bei Wind und Wetter gewandert bist und dich das nicht umgehauen hat, wird dich auch diese schwierige Situation nicht kleinkriegen. Das nennt man dann in akademischen Kreisen die "Transferleistung".

Bei all diesen Programmen setzt man auf Gruppendynamik. Zudem sollten so viele Angebote wie möglich präsentiert werden, damit sich alle angesprochen fühlen. Das Erlebte soll die Schüler noch lange begleiten. Aber es müssen nicht wochenlange Aktivitäten sein: Für den Schulunterricht kann das zum Beispiel bedeuten, dass man sich im Biologieunterricht auf in die freie Natur macht und dort die verschiedenen Dinge untersucht.

Erlebnispädagogik: Was gibt es für Programme?

Das Pädagogikkonzept hat sich so sehr durchgesetzt, dass es mittlerweile in jeder größeren Stadt Angebote gibt. Die sind vielfältig  und haben die unterschiedlichsten Zielgruppen, ob nun Jugendliche oder Erwachsene, die im Seilgarten ihr Urvertrauen wieder zurückgewinnen sollen. Wie gesagt, es gibt viele Ansätze und je nach Art der Aktivität kann das Programm dann auch teuer werden - so eine Kajaktour in den Alpen muss erstmal finanziert werden. Aber es gibt auch günstigere Varianten wie längere Wanderungen, Fahrradtouren und besagte Seilgärten. Es muss auch gar nicht immer in der Natur stattfinden - es gibt auch Übungen, bei denen Kinder in der Turnhalle auf einer Plane stehen und sie dabei herausfinden müssen, wie klein sie die Plane falten können, um noch drauf stehen zu können.

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Würde meinem Kind dies guttun?

Das ist nun der Knackpunkt. Bevor du dein Kind oder Teenager auf so eine Freizeit schickst, solltest du dir die Betreiber und das Angebot genau anschauen, ob dies auch das Richtige ist. Einige Freizeiten erinnern eher an militärische Übungen, andere sind einfach nur Fun-Aktivitäten. Und einige sind furchtbar anstrengend und nichts für sensible Naturen. Wie Prinz Charles. Kurt Hahn musste 1933 vor den Nazis fliehen und gründete in Schottland eine neue Schule - Gordenstoun School, in der Prinz Philip, der zukünftige Gatte der britischen Königin, ein Schüler war. Er war so begeistert, dass er seinen Sohn 1962 auch hinschickte, aber dieser war von der Gruppendynamik, die Züge von Mobbing hatte, und dem harten Regime nicht sehr angetan und hat es gehasst. Mittlerweile lässt Gordenstoun auch Mädchen zu und veranstaltet für sie teure Sommercamps. In Deutschland steht weiterhin Schloss Salem für Erlebnispädagogik und ohne Stipendien müssen Eltern 40.000 Euro pro Jahr für das Internat bezahlen.

Wenn du also eine erlebnispädagogische Schule, Freizeit oder Aktivität für dein Kind aussuchst, prüfe genau, ob es auch etwas für deinen Nachwuchs ist. Vielleicht versucht ihr es erstmal mit einem Campingurlaub mit viel Programm in der freien Natur und schaut, ob euch das Freude macht. Es kann nie schaden, wenn wir alle immer mal wieder aus unserer Komfortzone geschubst werden.

Bildquelle: Getty Images