Euer Kind schiebt den Teller weg, verweigert das Abendessen oder isst lieber im Stehen? Das Essverhalten von Kindern kann Eltern zur Verzweiflung bringen. Dabei sind Essensverweigerung und schwierige Tischsituationen in vielen Familien an der Tagesordnung – und meist kein Grund zur Sorge. Mit ein paar einfachen Strategien kehrt bald wieder Entspannung an eurem Familientisch ein.
Wenn Kinder nicht essen wollen, löst das bei vielen Eltern Stress und Sorgen aus. Verständlich, denn wir möchten, dass unsere Kinder gesund aufwachsen und alle wichtigen Nährstoffe bekommen. Doch Kinder haben ein natürliches Hunger- und Sättigungsgefühl, das oft anders funktioniert als bei uns Erwachsenen. Manchmal essen sie tagelang kaum etwas, um dann plötzlich wieder Heißhunger zu entwickeln. Die Ernährungswissenschaftlerin Edith Gätjen beruhigt: "Kinder haben nicht jeden Tag den gleichen Appetit. Mal essen sie mehr, mal weniger – und oft sehr einseitig." Ein gesundes Kind verhungert nicht freiwillig. Solange es fröhlich und aktiv ist, besteht meist kein Grund zur Sorge.
Häufige Gründe, warum Kinder nicht essen wollen
Grund | Erklärung | Mögliche Lösung |
Entwicklungsphase | Kinder nutzen Essen als Autonomiebereich | Gelassenheit, keine Machtkämpfe |
Appetitschwankungen | Natürliche Hungerphasen | Regelmäßige Mahlzeiten anbieten, aber nicht zwingen |
Zwischenmahlzeiten | Kind ist nicht richtig hungrig | Snacks reduzieren |
Ablenkung | Zu viele Reize bei Tisch | Ruhige Essensatmosphäre schaffen |
Konsistenz/Geschmack | Abneigung gegen bestimmte Texturen | Lebensmittel in anderer Form anbieten |
Müdigkeit | Besonders abends zu erschöpft | Essenszeiten anpassen |
Neurodiversität (ADHS, Autismus, etc.) oder Hypersensibilität, etc. | Kind kann nicht still sitzen, Essgeräusche ertragen, etc. | Esssituation anpassen und Situation mit Expertinnen besprechen |
Warum verweigert mein Kind das Essen?
Hinter der Essensverweigerung steckt selten reiner Trotz. Oft handelt es sich um natürliche Entwicklungsphasen oder körperliche Bedürfnisse. Kleinkinder durchleben Phasen, in denen sie weniger Appetit haben, weil ihr Wachstum zeitweise langsamer verläuft. Besonders im Alter zwischen zwei und vier Jahren entdecken Kinder ihre Selbstständigkeit und nutzen die Mahlzeiten, um auch einmal den "Bestimmer" oder die "Bestimmerin" zu spielen. "Kinder merken schnell, dass Essen ein Punkt ist, der die Eltern sorgt", erklärt Edith Gätjen.
Auch die Vorlieben von Kindern folgen einer eigenen Logik: "Essen ist eine Vertrauensfrage. Da Kinder viele Nahrungsmittel noch nicht kennen, entscheiden sie instinktiv: Was ist sicher, und was sichert mein Überleben", so die Expertin. Das trifft zum Beispiel auf Süßes zu, aber auch auf andere kalorienreiche Kost. Gemüse passt nicht in dieses Schema – es immer wieder anzubieten, lohnt sich trotzdem. Kinder brauchen oft bis zu zehn Kontakte mit einem Lebensmittel, bis sie es akzeptieren.
Und übrigens hat der Hang zu mehr oder weniger Mäkeligkeit beim Essen genetische Gründe, wie ihr hier im Video erfahrt. Welche Tricks bei Picky Eaters helfen können, verrät euch Redakteurin Jennifer Kober.
Wenn das Kind nicht am Tisch essen will: So schafft ihr eine angenehme Atmosphäre
Ein Kind, das nicht am Tisch sitzen bleiben will, kann verschiedene Gründe haben. Vielleicht ist die Sitzposition unbequem, die Atmosphäre zu angespannt oder die Ablenkung zu groß. Achtet auf diese wichtigen Faktoren:
Schafft einen kinderfreundlichen Essplatz mit passendem Stuhl und der richtigen Höhe. Kinder sollten bequem sitzen können, mit den Füßen auf einer Stütze und den Armen entspannt auf dem Tisch. Gemeinsame Mahlzeiten sollten Familienzeit sein – ohne Fernseher, Handy oder Tablet. Sprecht über schöne Erlebnisse des Tages und bezieht euer Kind in Gespräche ein.
Feste Tischzeiten helfen ebenfalls: Achtet auf regelmäßige Mahlzeiten und nehmt diese möglichst gemeinsam ein. In Gesellschaft schmeckt es den Kleinen besser, und sie lernen, dass Essen zum Wohlbefinden beiträgt. Setze klare, aber freundliche Regeln: "Bei uns isst man am Tisch." Bleibe dabei konsequent, aber ohne Strenge. Auch ein besonderes Ritual, wie ein Tischspruch oder ein schön gedeckter Tisch mit Kindergeschirr können zum Essen am Tisch animieren.
Und manchmal hilft es, das Kind seinen Bewegungsdrang ausleben zu lassen – auch beim Essen. Solange wir unserem Kind mitgeben, dass Hinsetzen, die bessere Wahl ist, wird es das auch irgendwann tun. Nur vielleicht gerade jetzt in dieser Entwicklungsphase nicht.
Abendessen-Verweigerung: Was tun, wenn euer Kind abends nicht essen will?
Dass Kinder abends weniger Appetit haben, ist völlig normal und kein Grund zur Sorge. Nach einem aktiven Tag sind viele Kinder abends zu müde zum Essen oder haben einfach keinen Hunger mehr. Überprüft zunächst, ob euer Kind tagsüber ausreichend isst oder vielleicht zu viele Snacks bekommt. Apfelschnitze, Dinkelstangen und andere Zwischenmahlzeiten füllen den kleinen Magen. Bei Tisch sind die Kinder dann nicht richtig hungrig – und werden wählerisch.
Passt die Abendessenszeit an den Rhythmus eures Kindes an – vielleicht ist es um 18 Uhr schon zu müde und würde um 17:30 Uhr noch besser essen. Bietet leichte, aber nahrhafte Mahlzeiten an, die nicht zu schwer im Magen liegen. Ein Butterbrot mit Gemüsesticks, eine kleine Portion Naturjoghurt mit Obst oder eine leichte Suppe sind ideale Abendessen für Kinder.
Machtkämpfe vermeiden: Entspannte Essenssituationen schaffen
Essenssituationen entwickeln sich schnell zu Machtkämpfen, wenn Eltern zu viel Druck ausüben. "Noch drei Löffel!" oder "Erst, wenn der Teller leer ist, gibt's Nachtisch!" Solche Sätze führen dazu, dass Kinder ihr natürliches Hunger- und Sättigungsgefühl zu ignorieren lernen. Stattdessen gilt die goldene Regel: Eltern entscheiden, was auf den Tisch kommt, und Kinder, wie viel sie davon essen.
Zum Essen zwingen solltet ihr euer Kind auf keinen Fall. Auch Tricks und Überredungskünste gehören nicht an den Tisch – zumal solche Versuche meist ohnehin nicht von Erfolg gekrönt sind. "Damit riskiert man nur nervenaufreibende Machtkämpfe", weiß Edith Gätjen.
Lobt nicht fürs Aufessen, sondern für das Probieren neuer Lebensmittel. Vermeidet es, Essen als Belohnung oder Trost einzusetzen. Bietet regelmäßige Mahlzeiten an, aber akzeptiert, wenn euer Kind manchmal weniger isst. Bleibt gelassen, auch wenn es mal eine Mahlzeit auslässt. Diese entspannte Haltung hilft eurem Kind, ein gesundes Verhältnis zum Essen zu entwickeln.
Kreative Lösungen für kleine wählerische Esser
Manche Kinder sind von Natur aus wählerischer beim Essen. Das ist keine Charakterschwäche, sondern oft eine Phase oder schlicht Teil ihres Temperaments bzw. Genetik. Andrea Zschocher aus der familie.de-Redaktion hat eine praktische Lösung gefunden: "Meine Kinder essen immer ... Irgendwas. Also vielleicht nicht das ganze Essen, aber Komponenten davon. Und zur Not geht immer Käsebrot."
Macht das Essen attraktiver, indem ihr es kindgerecht anrichtet – ein Gesicht aus Gemüse auf dem Teller oder kleine Häppchen zum Selber nehmen, kommen oft gut an. Bezieht euer Kind in die Essenszubereitung ein. Schon Dreijährige können beim Gemüseschneiden helfen oder Zutaten in die Schüssel geben. Was Kinder selbst zubereitet haben, probieren sie meist lieber. und was unsere Redaktions-Kids gerne essen, findet ihr hier zum Nachkochen.
Bei Gemüse, das viele Kinder ablehnen, hat Edith Gätjen einen Tipp: "Die meisten Kinder mögen seine glitschige Konsistenz nicht. Ebenso spielen Ansehnlichkeit und Farbe eine Rolle." Gart Gemüse nur bissfest oder bietet es als Rohkost an. Kohlrabi-, Paprika- oder Möhrenstifte knabbern viele Kinder gerne. Manche Gemüsesorten lassen sich in pürierten Soßen oder Suppen "verstecken". Hilft auch das nicht weiter, könnt ihr fehlendes Gemüse durch mehr Obst und Kartoffeln ausgleichen.
Gelassenheit ist eure beste Begleiterin
Die gute Nachricht: Die meisten "Esskapaden" der Kleinen sind vorübergehender Natur. Auch wenn euer Kind Hummeln im Hintern hat und nicht am Tisch isst. Manchen Kindern fällt das (häufig auch phasenweise) richtig schwer. Da hilft vor allem eines: Gelassenheit und vielleicht eine Zeit lang auf klassische Tischregeln zu verzichten und euer Kind neben, unterm oder auf dem Tisch essen zu lassen.
Vertraut auf das natürliche Hunger- und Sättigungsgefühl eures Kindes und bietet regelmäßig gesunde, abwechslungsreiche Mahlzeiten an. Setze klare, aber liebevolle Grenzen und schaffe eine positive Atmosphäre rund ums Essen. Mit der Zeit (und mit Ups and Downs) wird euer Kind ein gesundes Verhältnis zum Essen entwickeln – ohne Zwang und mit Freude am gemeinsamen Genießen.