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Streit schlichten: Wir Eltern können von Kindern lernen

Streit schlichten

Kinder können Streit schlichten und Konflikte gut selbst lösen und das mit ganz unterschiedlichen Strategien. Wir Eltern sollten einfach mal zusehen und dabei was lernen.

Kinder können Streit selbst schlichten

Kinder, vor allem auch Geschwister streiten, klar. Aber sie sind auch erstaunlich gut in der Lage, ihre Konflikte selbst zu lösen. Und Kinder entwickeln dabei, ihrem Alter entsprechend, die unterschiedlichsten Strategien, um einen Streit zu schlichten. Das beeindruckt auch Erwachsene: eine dritte Möglichkeit finden, wenn sich die ersten beiden nicht miteinander vereinen lassen – das macht Sinn.

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Jüngere Kinder sind zu Kompromissen noch nicht in der Lage, haben aber auch schon ganz beeindruckende Strategien, um Streit zu schlichten. Die mögen Eltern mitunter irritieren, aber „wir werden vor allem jüngeren Kindern nicht gerecht, wenn wir ihr Streit- und Konfliktlösungsverhalten aus dem Blickwinkel der Erwachsenen deuten und bewerten“, hat Professor Renate Valtin beobachtet. Die Pädagogin an der Humboldt-Universität Berlin hat 80 Kinder im Alter von fünf bis zwölf Jahren zum Thema Streiten und Vertragen befragt. Und sie hat Bemerkenswertes herausgefunden.

Wie kann man Streit schlichten?

Strategie 1: Einfach aufhören

Vor allem jüngere Kinder im Alter bis etwa acht Jahren beenden einen Konflikt oft, indem sie schlicht aufhören, sich zu streiten. „Einfach aufhören. Man verträgt sich und ist wieder Freund“, so lautet, ganz pragmatisch, der Lösungsvorschlag des achtjährigen Sven. Und auch für Stephan, fünf Jahre alt, ist die Sache klar: „Ganz einfach: Ich sag': ,Wollen wir uns wieder vertragen?', dann vertragen wir uns und spielen wieder.“

Strategie 2: Sich entschuldigen

Wenn eines der Kinder sich entschuldigt, ist der Streit vorbei. Dabei geht es bei den kleinen Kämpfern nicht unbedingt um ein Anerkennen der Schuld oder darum, Abbitte zu leisten. Auch das Entschuldigen ist eher wie eine Formel, mit der Streit beigelegt werden kann.

Das geht ganz leicht, wie man in diesem Beispiel erkennen kann: Anna hat dem Nachbarskind den Flummi weggetreten, und das, wo es gerade kurz davor war, den Flummi-Dribbel-Rekord aufzustellen! „Du blöde Kuh, ich spiel' nie mehr mit dir!“ Die beiden funkeln sich an. „Entschuldigung“, murmelt Anna. Kurzels Grummeln bei der Kontrahentin. Dann: „Okay. Willst du morgen mitspielen?" Kinder sind zum Glück selten nachtragend.

Strategie 3: Sich aus dem Weg gehen

Wenn die Wut zu groß ist, geht man sich erst mal aus dem Weg. Mit den Worten des kleinen Dirk: „Manchmal hört der Streit nicht auf, dann hau' ich lieber mal ab.“ Weggehen, bis der Zorn verraucht ist – das raten Mediatoren und Mediatorinnen auch ihren erwachsenen Klienten. Denn in der ersten Aufregung fallen oft Worte, die wir später bedauern. Und bei den Kleinen fliegen dann auch schon mal die Fäuste.

Wenn also zwei zankende Kinder erst mal auseinandergehen, sollten Eltern sie auch lassen. Meist finden sie ganz schnell von ganz allein wieder zusammen, in einer weniger aufgeladenen Atmosphäre.

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Strategie 4: Einfach mal nachgeben

Denn es gibt sie nun einmal: das letzte Bonbon, das einzige rote Rennauto, den Drachen, den nur einer an der Leine halten kann. Da kann es passieren, dass ein Kind verzichtet und sich etwas anderes sucht. „Na gut, dann nimm du den Rennwagen. Ich nehm' dafür die Polizei.“ Konflikt entschärft, und schon ist Ruhe auf dem Autoteppich. Und solange nicht immer der Gleiche nachgibt, können Erwachsene ganz entspannt zuschauen.

Und wenn die Idee nicht von allein zündet, ist das eine gute Gelegenheit, ein bisschen Konfliktlösung zu üben. Macht den Kindern Angebote: Wer kann was spielen, so dass beide zufrieden sind?

Fragt die Kinder, bietet Alternativen an, und lasst die Kleinen dann selbst entscheiden. Das schult - und kann enorm stolz machen! Und es ist ein erster Schritt in Richtung „Vertragen für Fortgeschrittene“.

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Strategie 5: Den goldenen Mittelweg suchen

Der zwölfjährige Michael beschreibt das Ganze so: „Wenn einer sagt: ,Nein, wir tun es nicht!', und der andere sagt: ,Wir tun es doch!', können die beiden doch einfach bestimmen: ,Okay, wir tun es morgen.“

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„Die meisten älteren Kinder erkennen, dass beide Parteien einen Beitrag zur Streitbeendigung zu erbringen haben und dass der andere in irgendeiner Form zu besänftigen ist“, erklärt Professor Renate Valtin.

„Mit zunehmendem Alter wird Freundschaft als zweiseitige Beziehung gesehen und Konfliktlösung als ein Prozess des Aushandelns, der von beiden und zu beiderseitiger Zufriedenheit zu leisten ist.“

Strategie 6: Auch mal Fehler eingestehen

Die Frage, wer recht hat, spielt insbesondere bei älteren Kindern durchaus eine Rolle. Den Fehler einzugestehen, ist dann oft der einzige Weg zum Frieden. „Ich würde ihm erstmal die Meinung sagen“, beschreibt Sven, zwölf Jahre, eine solche Situation. „Und wenn er dann selber sagt ,Na gut, das war nicht richtig von mir', dann würde ich mich wieder mit ihm vertragen.“

Für Eltern ist es daher wichtig, schon früh mit ihren Kindern zu üben, dass und wie man sich entschuldigt. Denn wer nicht gelernt hat, Fehler zuzugeben, der tut sich später schwer mit dem Aussprechen von Entschuldigungen - und also damit, sich wieder zu vertragen. Fehler zugeben, dass gilt übrigens auch für die Großen.

Dabei macht es Sinn, dass wir Eltern Vorbilder sind. Erzwungene Entschuldigungen sind erstens für beide Seiten nicht schön, da sie eben nicht ehrlich sind und meistens haben die Kleinsten auch gar nicht verstanden, warum sie sich jetzt entschuldigen sollen. Bedenkt, dass sich Empathie erst im Kindergartenalter langsam entwickelt.

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Familienstreit: Was sind Ich und Du-Botschaften?

Ich-Botschaften folgen im Aufbau einem gewissen Muster und können helfen, zum Beispiel Streit in der Familie zu entschärfen. Sie ist wie folgt aufgebaut:

  • Ich bin... (Beschreibung des Gefühls)
  • wenn du... (Auslöser für das Gefühl)
  • weil... (Begründung)
  • und ich möchte... (Erwartung/Bedürfnis/Ziel)
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Im Gegensatz zu Du-Botschaften (Beispiel: "Du bist doof, lass mich in Ruhe!") sind Ich-Botschaften komplexer. Sie beschreiben den Auslöser ohne dabei zu bewerten. Es wird klar, welches Gefühl mit welcher Wirkung beim Gegenüber entsteht. Im letzten Schritt wird klar, welches Ziel bzw. Bedürfnis dahintersteckt.

Du-Botschaften werden häufig als Vorwürfe interpretiert und bringen so noch mehr Zunder. Darüber hinaus sind häufig Verallgemeinerungen dabei wie "immer" oder "nie". Wenn wir in uns gehen, wissen wir selbst, dass das übertrieben ist.

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Durch Ich-Botschaften bleibt ein Streit sachlicher und differenzierter. Die Streitenden haben so wirklich eine Chance, zu verstehen, was beim anderen bzw. der anderen los ist. Und häufig wird dann auch klar: „Das wollte ich mit meiner Aussage gar nicht sagen."

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Ihr könnt euch schon mit den Kleinsten üben und Ich-Botschaften senden. Das fordert zum einen die Sprachkompetenz und das Sprechen über Gefühle. So lernen unsere Kinder, welche Gefühle es alle gibt und wie sie dieses verbalisieren können.

Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Den Streit geschlichtet und dabei noch was gelernt! Ruft doch mal eine Familienkonferenz ein und sprecht über Regeln beim Streiten.

Quellen: Unternehmensberatung Dr. Georg Klaus,

Sarah Plück

Zurückhaltung

Ich finde es ganz wichtig, dass Kinder lernen, dass Streit normal ist und dazu gehört. Nur so können sie auch Strategien entwickeln. Deswegen sollten wir Eltern nicht immer unserem Impuls folgen, die Sache (für unsere Kinder) schnell aus dem Weg räumen zu wollen, sondern uns eher zurückhalten (Stichwort Helikoptereltern bzw. Rasenmähereltern.

Klar ist natürlich, wenn es handgreiflich wird, sind wir in der Verantwortung und schreiten ein. Ansonsten können wir ja mal versuchen, wertfrei die Situation zu beschreiben (das ist gar nicht so leicht) und so den Kindern zu helfen.

Sarah Plück

Bildquelle: Gettyimages/Halfpoint