Hyperaktive Kinder haben, zu unrecht, einen sehr schlechten Ruf. Sie fallen auf, weil sie oft herumrennen und sich schlecht konzentrieren können. Die Kinder machen das nicht mit Absicht, Hyperaktivität ist angeboren.
Wenn ihr hyperaktives Kind hört, dann ist der nächste Gedanke vermutlich: AD(H)S. Hinter dieser Abkürzung verbirgt sich das Aufmerksamkeits-(Hyperaktivitäts)-Defizit-Syndrom. Es gibt beide Diagnosen, manche Kinder haben ADS und andere haben ADHS. Für die bessere Lesbarkeit schreiben wir im weiteren Verlauf immer AD(H)S und weisen im Zweifelsfall auf Unterschiede hin.
Kinder mit AD(H)S können sich nicht gut konzentrieren
Kinder mit ADS und ADHS können ihre Aufmerksamkeit nicht gut auf eine Sache fokussieren, sie unterbrechen ihr Spiel, weil sie rumlaufen müssen, und stören auch andere, die sich besser konzentrieren können. AD(H)S ist angeboren. Oft stellen Eltern später fest, dass ihr Nachwuchs schon als Baby besonders fordernd war.
AD(H)S wird aber oft erst später diagnostiziert. Vielleicht merkt ihr als Eltern, dass euer Kind irgendwie anders ist, aufgeweckter oder fahriger als Gleichaltrige. Oder ihr werdet von den Erzieher*innen oder Lehrer*innen angesprochen, dass euer Nachwuchs sich nicht gut konzentrieren kann.
Diagnose sollte immer von einer Fachperson kommen
Habt ihr oder eine Fachperson den Verdacht, dass euer Kind hyperaktiv sein könnte, müssen eine Reihe Untersuchungen und Tests gemacht werden. Diese führt ein auf AD(H)S- geschulter Kinder- und Jugendpsycholge oder eine -psychologin durch. So wird sichergestellt, dass die Diagnose AD(H)S nicht leichtfertig fällt. Denn auch wenn etwa 5 % aller Kinder in Deutschland hyperaktiv sind, handelt es sich hierbei nicht um eine Modeerscheinung.
AD(H)S wird durch eine Fehlschaltung im Gehirn ausgelöst, eure Erziehung ist für die Unruhe eures Kindes nicht verantwortlich. Und eure Kinder sind nicht deswegen so aktiv, weil sie euch ärgern wollen, sondern weil sie ihre Energie irgendwie loswerden müssen. Menschen mit AD(H)S (die Diagnose begleitet einen oft ein Leben lang) können nicht aufhören Reize zu empfangen. Und dieses ständige "offen sein" für ihre Umwelt hindert sie daran, sich auf eine Sache zu konzentrieren.
Wann ist ein Kind hyperaktiv?
Kann sich euer Kind sehr schlecht auf eine Sache konzentrieren, wird immer wieder unruhig und kommt euch irgendwie getrieben vor, dann solltet ihr euren Verdacht mit einer Kinderärztin besprechen. Manchmal ist der Bewegungsdrang total altersentsprechend und normal, es kann aber auch AD(H)S dahinter stecken. Gewissheit bekommt ihr nur, wenn ihr nachfragt.
Kinder gelten dann als hyperaktiv, wenn sie dieses Verhalten langfristig zeigen. Außerdem können sie, trotz Verboten und Ermahnungen, nicht damit aufhören. Bis zu einem gewissen Alter ist fehlende Konzentration und viel herumrennen vollkommen normal. Aber Kinder lernen, sich den gesellschaftlichen Normen anzupassen, werden ruhiger. Hyperaktive Kinder können dies nicht, bzw. brauchen sie dabei sehr viel Unterstützung.
Wie erkennt man hyperaktive Kinder?
Sie bewegen sich gern und viel, mehr als andere Kinder im gleichen Alter. Es fällt nicht nur euch, sondern auch anderen auf, dass euer Kind mit den Gedanken immer woanders ist. Typisch ist auch, dass hyperaktive Kinder nicht gern bei gemeinsamen Aktivitäten mitmachen wollen. Sie werden schnell ungeduldig und sind überfordert davon, auf andere zu warten.
In der Schule fallen hyperaktive Kinder auf, weil sie viele Flüchtigkeitsfehler machen. Sie lesen nicht gründlich genug die Aufgabenstellung, haben keine Lust ganze Sätze zu schreiben. AD(H)S ist keine Lernschwäche, kann aber das Lernen negativ beeinflussen.
Hyperaktive Kinder haben oft keinen Filter und sprechen über alles, was ihnen in den Sinn kommt. Sie merken nicht, dass sie andere damit verschrecken oder auch verletzen. Oft reden sie auch ohne Punkt und Komma, warten oft nicht mal ab, bis die Frage überhaupt zuende gestellt ist. Ihr als Eltern könnt hier nur immer wieder liebevoll lenkend eingreifen und erklären, dass nicht jeder Ort für jedes Gespräch geeignet ist.
Wie sind hyperaktive Kinder?
Die allermeisten Kinder bewegen sich gern, deswegen fällt lange Zeit auch nicht auf, wenn euer Kind hyperaktiv ist. Aber während andere Kinder lernen sich in bestimmten Situationen, z. B. in der Kita oder Schule auch mal still zu beschäftigen, fällt dies hyperaktiven Kindern deutlich schwerer.
Vermutlich hört ihr häufig, dass euer Kind wohl "Hummeln im Hintern" hätte. In der einen Sekunde sitzt es auf dem Stuhl und malt, in der nächsten ist es aufgesprungen und rennt ohne Sinn schreiend durch den Raum. Euer Kind folgt einem inneren Impuls, den es überhaupt nicht steuern kann.
Wie beruhigt man hyperaktive Kinder?
Durch Zuwendung und Stärkung des Selbstvertrauens. Hyperaktive Kinder brauchen sehr viel Bestätigung, weil sie dauernd auf Empfang sind und alles mitbekommen. Sie merken durchaus, dass sie von ihrem Umfeld als "anders" wahrgenommen werden. Das kann dazu führen, dass sie sich ausgegrenzt fühlen. Alle Kinder brauchen Rückhalt und Eltern, die sie so lieben, wie sie sind. Da sind hyperaktive Kinder keine Ausnahme.
Generell kann es hyperaktiven Kindern helfen, wenn sie einen durch strukturierten Tag haben. Das gibt ihnen Sicherheit und Orientierung. Es müssen bei der Diagnose AD(H)S nicht sofort Medikamente zum Einsatz kommen. Oft genug reicht es, wenn ihr Eltern aufmerksam euer Kind begleitet und immer wieder signalisiert, dass ihr für es da seid.
Was brauchen hyperaktive Kinder?
Wie alle Kinder brauchen auch sie Liebe und Verständnis. Natürlich kann es für euch Eltern frustrierend sein, wenn ihr das Gefühl habt, euer Nachwuchs hört euch überhaupt nicht zu. Auch wenn es so wirkt, eure Kinder machen das nicht mit Absicht. Es ist schlicht so, dass Aufgaben, die von euch aufgegeben werden viel langweiliger sind als das, was ihnen selbst im Kopf rumgeht. Deswegen schalten hyperaktive Kinder ihre Eltern gern (unbewusst!) auf stumm, um sich nicht mit dem Alltagseinerlei befassen zu müssen. Hier braucht ihr Eltern eine große Portion Gelassenheit.
- Es kann helfen, wenn ihr eurem hyperaktiven Kind kurze und klare Anweisungen gebt. Nutzt keine Füllwörter. Statt: "Es wäre wirklich schön, du würdest mir helfen den Abendbrottisch zu denken" probiert mal "Bitte stell die Butter auf den Tisch" aus.
- Verliert nicht die Nerven. Klar ist es furchtbar frustrierend, wenn ihr alles immer wieder wiederholen müsst und dabei vielleicht auch noch ignoriert werdet. Aber gemurmelte Gemeinheiten vergiften eure Beziehung zum Kind und bringen überhaupt nichts.
- Lobt euer Kind, wenn es euren Aufforderungen nachgekommen ist. Das muss nicht ausufernd sein, aber ein anerkennendes Wort hilft immer.
Welchen Sport für hyperaktive Kinder?
Jeder Sport, der beim Auspowern hilft, ist ein guter Sport für hyperaktive Kinder. Sie lernen spielerisch, sich zu fokussieren und länger bei einer Sache zu bleiben. Sport mit AD(H)S ist nicht ganz einfach, erwartet nicht, dass es mit einer neuen Sportart sofort klappt. Aber probiert am besten aus, welcher Sport eurem Kind am meisten zusagt. Wir alle haben ja eine bestimmte Abneigung gegen verschiedene Sportarten. Das ist bei hyperaktiven Kindern nicht anders.
Sportarten, die für hyperaktive Kinder geeignet sind:
- Kampfsportarten
- Reiten
- Tischtennis
- Trampolin springen
- Tanzen (und zwar von Ballett bis Hip Hop)
- Sportarten, bei denen Balance halten im Vordergrund steht (z. B. Einrad fahren oder Akrobatik)
- Klettern
Bei all den Fragen zu hyperaktiven Kindern bleibt ihr Eltern oft etwas außen vor. Deswegen an dieser Stelle der Rat: Achtet auch auf euch. Es kann sehr kräftezehrend sein ein Kind mit AD(H)S im Alltag zu begleiten. Schaut, dass auch ihr immer mal wieder zur Ruhe kommt, Entspannung findet. Eure Kinder sind wichtig, aber ihr seid es auch.
Mein Fazit
Hyperaktive Kinder tragen oft einen unsichtbaren Stempel auf der Stirn. Denn leider werden sie allzu leicht als anstrengend und nervig wahrgenommen. Natürlich kann es fordernd sein, wenn das eine Kind in der Kita immer in Bewegung ist, andere ablenkt und nie mitspielen will. Aber hyperaktive Kinder besitzen oft eine enorme Fantasie. Und sie sind ja manchmal mit sich selbst überfordert. Wenn andere dann auch noch auf ihnen rumhacken und genervt sind, dann kann das für Kinder zu einer großen Belastung werden.
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