Unter Koedukation versteht man die gemeinsame schulische Erziehung von Jungen und Mädchen. Seit wann es das Konzept gibt, wer davon profitiert und was die Schulforschung heute darüber denkt.
Was bedeutet der Begriff Koedukation?
Der Begriff Koedukation setzt sich aus den lateinischen Wörtern "con" (bedeutet zusammen) und "educare" (bedeutet erziehen) zusammen und steht meist für die gemeinsame Bildung von Mädchen und Jungen.
Im Gegensatz dazu steht die Monoedukation oder Seedukation, also die geschlechterspezifische Erziehung, bei der Mädchen und Jungen getrennt voneinander unterrichtet werden.
Laut Wikipedia wird bzw. wurde der Begriff Koedukation in manchen Ländern auch für die "gemeinsame Unterrichtung von Menschen verschiedener ethnischer Herkunft" (z.B. in den USA, als in den Südstaaten noch Rassentrennung zwischen Schwarzen und Weißen gängig war) oder "von Angehörigen verschiedener Religionsgemeinschaften" benutzt.
Seit wann gibt es Koedukation in Deutschland?
Koedukation gibt es in Deutschland schon lange. Allerdings hatte sie zunächst rein praktische Gründe: Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war es normal, dass in der Elementarschule (heutige Grundschule) Kinder aller Altersstufen gemeinsam unterrichtet wurden. Denn meist gab es nur ein Klassenzimmer und einen Dorfschullehrer. Es wäre also gar nicht anders möglich gewesen. Gleichwertig waren Mädchen und Jungen in dieser Zeit aber trotzdem nicht: Die männlichen Schüler saßen meist in den Bankreihen, während die Schülerinnen am Rand des Zimmers sitzen mussten – sie durften also gnädigerweise beim Unterricht der Jungen mithören. Das sieht man auf vielen alten Gemälden.
Auf weiterführenden Schulen wurden die Geschlechter dann strikt getrennt: Während die Jungen aufs Gymnasium, Realgymnasien oder Oberrealschulen gingen, kam für Mädchen nur das sogenannte Lyzeum in Frage. Dort wurden vor allem Dinge wie Handarbeit, Religion oder Hauswirtschaft unterrichtet. Fremdsprachen oder Naturwissenschaften galten als zu kompliziert für Mädchen.
Erst als sich die bürgerliche Frauen- und Jugendbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts dafür stark machte, durften langsam auch Mädchen die Jungengymnasien besuchen. In der Weimarer Republik wurde das Modell der Koedukation langsam populärer, bevor die Zeit des Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieges wieder einen riesigen Rückschritt bedeuteten: Zum Beispiel wurden während der Kinderlandverschickung Jungen und Mädchen getrennt voneinander untergebracht und geschlechterspezifisch unterrichtet.
Während Koeduktion in der späteren DDR bereits 1945 eingeführt und in den 1950er Jahren flächendeckend umgesetzt wurde, wurde sie in der BRD erst in den 1950er und 1960er Jahren zur häufigsten Schulform. Die letzten Bundesländer folgten sogar erst in den 1970er Jahren.
Da reine Mädchenschulen bis dahin als weniger gut und schlechter ausgestattet galten, wurde dieses neue Bildungsmodell als Fortschritt zu mehr Gleichberechtigung und Chancengleichheit gesehen. Die Nachteile für Frauen sollten dadurch aufgehoben werden und ihnen so der Zugang zu allen Berufen oder Bildungsfeldern gewährleistet werden.
Koedukation: Wer profitiert von dem Bildungsmodell?
Wer die größeren Vor- oder Nachteile von der Koedukation hat, da ist sich die Schulforschung nicht ganz einig. Bereits in den 1980er Jahren wurde Kritik an dieser Bildungsform laut, als Zahlen belegten, dass Schülerinnen nach dem Abitur weit häufiger ein naturwissenschaftliches oder technisches Studium aufnahmen, wenn sie vorher an reinen Mädchenschulen unterrichtet worden waren. Die Begründung der Schulforscher: Technikängste würden in Gegenwart der Jungen reproduziert und verstärkt. In monoeduktiven Gruppen könnten sich die Mädchen viel freier entfalten und mehr Interesse an Technik entwickeln.
Doch auch die Jungen, die lange Zeit als die Profiteure der Koedukaktion betrachtet wurden, haben offenbar nicht nur Vorteile aus dem Bildungsstil: Der Bildungserfolg der Mädchen, der anhand von Noten und Schulabschlüssen gemessen wird, nahm über die Jahre gegenüber dem der Jungen immer mehr zu.
Koedukation: Wird das Konzept heute in Frage gestellt?
Trotz aller Diskussionen ist man sich bis heute letztendlich einig, das Konzept der Koedukation nicht grundsätzlich anzuzweifeln. Allerdings wird inzwischen empfohlen, Mädchen und Jungen auf Zeit zu trennen. Das soll dabei helfen, stereotype Rollenzuweisungen und Geschlechterdynamiken aufzubrechen, wie sie nach wie vor in gemischten Gruppen auftreten können. Außerdem soll so auf die jeweiligen Stärken und Schwächen gezielter eingegangen werden. So will man beiden Geschlechtern besser gerecht werden. Dafür benutzt man den Begriff der reflexiven Koedukation.
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Quellen:
Wikipedia.de
Lehrer-online.de
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