Jedes fünfte Kind, das in Deutschland zur Schule geht, ist laut dem Bundesverband Legasthenie & Dyskalkulie von einer Lese- und Rechtschreib-Schwäche betroffen. An welchen Anzeichen ihr eine Legasthenie frühzeitig bei eurem Kind erkennt und welche Therapieansätze euch helfen können, bevor der Lernfrust zu groß wird.
- 1.Legasthenie: Ab welchem Alter wird getestet?
- 2.Legasthenie: Anzeichen im Kindergarten
- 3.Legasthenie: Anzeichen in der Grundschule
- 4.Wie kann man eine Lese-Rechtschreib-Schwäche testen?
- 5.Das können Eltern bei einer Lese-Rechtschreib-Schwäche tun
- 6.Lese-Rechtschreib-Schwäche: Mögliche Ursachen
- 7.Therapie bei Lese-Rechtschreib-Schwäche
- 7.1.Kostenübernahme der LRS-Therapie
- 7.2.Nachteilsausgleich bei Lese-Rechtschreib-Schwäche
- 8.Legasthenie: Weiterführende Linktipps
- 8.1.Bundesverband Legasthenie & Dyskalkulie e.V.
- 8.2.LegaKids
- 8.3.Arbeitsblätter.org
- 8.4.SCHLAUDINO
- 8.5.Verein Leichter Lernen e.V.
Legasthenie: Ab welchem Alter wird getestet?
In der Regel wird ab dem Grundschulalter auf eine Lese-Rechtschreib-Schwäche getestet, da die meisten Kinder in der Grundschule ja erst Lesen und Schreiben lernen. Wenn jetzt Schwierigkeiten auftreten, kann euch der folgende Online-Test weiter helfen:
Das Lernportal SCHLAUDINO bietet einen Test für Eltern an, den ihr beim Verdacht auf eine Lese-Rechtschreib-Schwäche bei eurem Kind ganz einfach online durchführen könnt. Test und Auswertung sind für euch komplett kostenfrei:
Der Test wurde vom Diplom-Legasthenie-Trainer und Pädagogen Karl Beinstein entwickelt, wird von Expert*innen empfohlen und richtet sich an Kinder ab der 1. Grundschulklasse. Dort müsst ihr Angaben zum Lese- und Schreibverhalten eures Kindes machen und bekommt am Ende auf einer Skala angezeigt, wie schwerwiegend die Probleme sind.
Im Anschluss bekommt ihr konkrete Übungen vorgeschlagen, die ihr mit eurem Kind durchführen könnt. Ein toller Service, den ihr unbedingt nutzen solltet.
Legasthenie: Anzeichen im Kindergarten
Tatsächlich treten bei einer Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) bereits im Vorschulalter erste Auffälligkeiten auf, die im Rahmen des Kinder-Sprachscreenings KiSS, das standardmäßig in manchen Kindergärten durchgeführt wird, erkannt werden können.
Auch mit dem Bielefelder Screening zur Früherkennung von Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten (BISC) können bereits im Vorschulalter Tendenzen einer Lernschwäche festgestellt werden. Diese Methode wird von Fachleuten wie Ergotherapeuten oder Logopädinnen durchgeführt, meist in den Kindergarten-Alltag integriert (mit dem Einverständnis der Eltern). Dabei werden die visuelle Aufmerksamkeit, das Lang- und Kurzzeitgedächtnis sowie das phonologische Bewusstsein des Kindes erfasst.
In dem Test wird spielerisch untersucht, ob Kinder:
- Sprechschwierigkeiten haben, z. B. sehr undeutlich sprechen
- Wörter in Silben sprechen können
- Formen, Zahlen und Buchstaben voneinander unterscheiden können
- Verschiedene Laute innerhalb eines Wortes identifizieren können
- Sich gut Reime und Lieder merken können
Warum werden bereits Kindergartenkinder getestet? In einer Studie fanden Italienische Wissenschaftler heraus, dass Kinder, die im Kleinkindalter Schwierigkeiten mit dem Erkennen von Mustern haben, später weniger gut lesen können.
Legasthenie: Anzeichen in der Grundschule
In der Grundschule gibt es deutliche Anzeichen, die auf eine Lese-Rechtschreib-Schwäche hinweisen können. Z. B. beim Lesen:
- Das Kind liest sehr stockend und versteht den Sinn nicht.
- Die Buchstaben werden nur sehr langsam oder überhaupt nicht zusammengezogen.
- Das Kind verschluckt regelmäßig die Endsilben.
Wenn ihr das Gefühl habt, dass euer Kind die Wörter eher errät, als tatsächlich liest und versteht, solltet ihr hellhörig werden.
Auch beim Schreiben gibt es eindeutige Hinweise für eine Legasthenie. Wenn euer Kind Schwierigkeiten hat:
- Laute zu unterscheiden
- ähnlich aussehende Buchstaben wie m und w oder b und d zu unterscheiden
- Beim Abschreiben eines Textes alles richtig zu schreiben
- Buchstaben in die richtige Reihenfolge zu bringen (aus Haus wird z. B. Huas)
- Selbstlaute und ihre Länge zu erkennen (aus Tonne wird dann Tone)
- Reime zu finden und zu erkennen
- Wörter in Silben zu zerlegen
Wenn euer Kind auch nach ständigem Üben die Wörter immer noch falsch schreibt oder im Diktat die Wörter unterschiedlich falsch schreibt, solltet ihr das Gespräch mit der Lehrkraft suchen und Unterstützung einfordern.
Wie kann man eine Lese-Rechtschreib-Schwäche testen?
Vielleicht sind die Lehrer*innen eures Kindes auch schon auf euch zugekommen oder haben im Gespräch Schwierigkeiten erwähnt. Mit einem zusätzlichen Rechtschreibtest (wie z. B. dem Salzburger Rechtschreibtest) kann bei Kindern mit Verdacht auf LRS getestet werden, ob wirklich eine Legasthenie vorliegt.
Das können Eltern bei einer Lese-Rechtschreib-Schwäche tun
Zögert nicht, Eigeninitiative zu zeigen, sobald ihr das Gefühl habt, euer Kind hat Probleme beim Lesen und Schreiben. Wie immer ist es jetzt besonders wichtig, einfühlsam auf euer Kind einzugehen und es nicht unter Druck zu setzen. Was ihr jetzt konkret tun könnt:
- Mit dem Kind ruhig über die Probleme sprechen
- Geduld und Verständnis zeigen
- Kleine Fortschritte und Stärken loben
- Gebt eurem Kind das Gefühl, dass ihr es bedingungslos unterstützt und anerkennt
- Das Gespräch mit der Klassen-Lehrkraft suchen
- Expert*innen-Hilfe in Anspruch nehmen
- Sämtliche beteiligte Lehrkräfte über die LRS des Kindes informieren
Weitere Tipps, wie ihr angemessen auf die Lernschwäche deines Kindes reagiert, gibt es hier:
Lese-Rechtschreib-Schwäche: Mögliche Ursachen
Zum Glück wird heutzutage immer mehr aufgeklärt, was es mit der LRS auf sich hat, und dass diese nichts mit der Intelligenz des Kindes zu tun hat. Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass in vielen Fällen Gene eine große Rolle spielen. Sie sorgen im Gehirn dafür, dass die betroffenen Kinder und Erwachsenen Schwierigkeiten mit der Wortverarbeitung, der Buchstaben-Laut-Zuordnung und der sprachlichen Verarbeitung haben. Das bedeutet nicht, dass sie weniger intelligent sind. Dies solltet ihr euch und eurem Kind immer wieder vor Augen führen.
Therapie bei Lese-Rechtschreib-Schwäche
Eure Aufgabe als Elternteil ist es, eurem Kind genügend Selbstvertrauen zu geben und so früh wie möglich nach Fördermöglichkeiten zu schauen. Ihr seid dabei nicht allein – holt euch Rat bei anderen Eltern, Webseiten wie SCHLAUDINO oder LegaKids oder die GoLexic-App, die Tipps und tolle Übungen anbieten.
Wenn ihr euch Hilfe holt, achtet darauf, dass die Therapie genau auf euer Kind zugeschnitten ist, seine Stärken und Schwächen berücksichtigt. Manche Betroffene haben größere Schwierigkeiten mit dem Lesen, andere wiederum mit dem Schreiben. Die angebotenen Lerntechniken sollten darauf abgestimmt sein.
Mögliche Therapieansätze sind:
- Symptomtraining, d. h. gezieltes Üben von Lesen und Rechtschreibung.
- Verbesserung der Aufmerksamkeit und Sinneswahrnehmung.
- Ganzheitliche Therapie, d.h. neben schulischen werden auch soziale und emotionale Aspekte berücksichtigt.
Kostenübernahme der LRS-Therapie
Es gibt die Möglichkeit, einen Antrag auf Kostenübernahme für die benötigten Therapien und Fördermaßnahmen beim Jugendamt einzureichen. Konkret würde dann eine Eingliederungshilfe nach §35a SGB VIII beantragt. Diese wird gewährt, wenn eine "bestehende oder drohende seelische Behinderung" beim Kind festgestellt wird. Daher müssen zum Antrag auch pädagogische, psychologische und medizinische Gutachten eingereicht werden, die die Legasthenie bescheinigen.
Nachteilsausgleich bei Lese-Rechtschreib-Schwäche
In der Schule könnt ihr ggf. bei erwiesener Legasthenie den sogenannten Nachteilsausgleich geltend machen. Das bedeutet, dass euer Kind im Schulalltag z. B.:
- Nur freiwillig vorlesen oder an die Tafel muss
- Mehr Zeit bekommt bei Tests und Arbeiten
- Rechtschreibung und Leseleistung nicht bewertet werden
- Aufgabenstellungen laut vorgelesen bekommt
- Bei den Hausaufgaben nur das erledigen muss, was es schafft
Wann ein Nachteilsausgleich erlassen wird, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Erkundigt euch bei eurer Schule.
Hey, auch Albert Einstein und Leonardo da Vinci waren Legastheniker – und sie gehörten zu den schlauesten Menschen, die auf dieser Erde wandelten. Also nicht den Mut verlieren!
Legasthenie: Weiterführende Linktipps
Zum Glück gibt es viele Informationen und kostenlose Arbeitsblätter sowie Übungen im Web, die ihr nutzen könnt, falls ihr auf einen Therapieplatz warten müsst:
Bundesverband Legasthenie & Dyskalkulie e.V.
Beim Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie gibt's Infos zu Legasthenie und LRS, Informationen zu den einzelnen Landesverbänden, eine Mediathek, Broschüren und Ratgeber für Eltern und Lehrer sowie eine eigene Jugendseite.
LegaKids
Das für alle Nutzer kostenfreie Onlineprojekt LegaKids.net richtet sich an Kinder, Eltern, Lehrer*innen und Interessierte, die Hilfestellung beim Umgang mit und Informationen über Lese-/Rechtschreibunsicherheiten, LRS, Legasthenie oder Rechenschwäche suchen. Hervorzuheben ist der spezielle Kinderbereich, in dem Informationen sehr kindgerecht aufgearbeitet sind und Übungsmaterialien sowie Spiele angeboten werden.
Arbeitsblätter.org
Bei Arbeitsblätter.org gibt's viele kostenlose Arbeitsblätter von diplomierten Legasthenietrainer*innen zum Üben im schulischen und außerschulischen Bereich.
SCHLAUDINO
Das Ehepaar Beinstein kennt Legasthenie aus der eigenen Familie und entschied sich dazu, über die Diagnose aufzuklären und Betroffenen zu helfen. Deshalb gründeten sie SCHLAUDINO. Auf ihrer Webseite stellen sie viel kostenloses Material wie Checklisten zur Verfügung und verweisen auf weiterführende Förderprogramme.
Verein Leichter Lernen e.V.
Der Verein "Leichter lernen e. V." möchte mit seiner Webseite Eltern von lernschwachen Kindern über wirkungsvolle Behandlungsmethoden von Lese-Rechtschreibschwäche informieren: www.legasthenie.de
Manchmal steckt auch eine weitere Diagnose hinter der LRS. Informiere dich hier zum Thema AD(H)S & Autismus:
Quellen: Bundesverband Legasthenie & Dyskalkulie, Biss-Sprachbildung.de, Schlaudino