Bei den meisten Kids gehören sie nicht gerade zu den beliebtesten Tests: Diktate. Sowohl in Deutsch als auch in den Fremdsprachen sind sie aber an den meisten Schulen noch immer fester Bestandteil zur Überprüfung von Rechtschreibung und Sprachverständnis. Wie ihr mit eurem Kind Diktate üben könnt und wie ihr es schafft, dass es sogar Spaß daran hat, hat uns eine Lehrerin verraten.
Wie kann man mit dem Kind am besten Diktate üben?
"Die beste und schönste Methode, fit in Rechtschreibung zu werden, ist das Lesen. Wenn euer Kind gerne liest, nimmt es ganz von selbst auf, wie Wörter geschrieben werden und kann sie dann auch korrekt wiedergeben. Es lohnt sich also, Kinder für das Lesen zu begeistern", sagt Ann-Kathrin Vosseler, Lehrerin für die Sekundarstufe an einer baden-württembergischen Realschule.
"Doch sogar, wenn euer Kind ein Bücherwurm ist, machen Diktate oft Schwierigkeiten", räumt sie ein. Das Tempo ist zu schnell, man versteht die Lehrerin nicht richtig, "blickt" den Text nicht oder hat plötzlich einen "Blackout".
Die gute Nachricht: Ihr könnt euer Kind unterstützen, indem ihr ihm bei der Vorbereitung von Diktaten helft. Um mit eurem Knirps erfolgreich Diktate zu üben und Lernfrust zu vermeiden, gibt euch die Lehrerin hier die 7 besten Tipps:
- Geeigneten Text wählen: Sucht Texte aus, die für die Klassenstufe eures Kindes geeignet sind. Ihr könnt dazu einen Text aus dem Schulbuch oder einem speziellen Übungsbuch nehmen. Im Netz findet ihr kostenlos gute Diktate für alle Altersstufen. Extratipp: Wenn ihr lustige Texte, Texte mit saisonalem Bezug, etwa kleine Weihnachtsgeschichten, oder z. B. eine Pferdegeschichte für einen kleinen Pferdefan aussucht, ist euer Kind mit Sicherheit motivierter.
- Regelmäßig: Idealerweise übt ihr mit eurem Kind kontinuierlich in "kleinen Häppchen" Diktate. Also zum Beispiel an einem festen Tag in der Woche einen kurzen Text, kurz vor dem Diktat gerne auch häufiger, z. B. täglich 10-15 Minuten. So vermeidet ihr auch Frust durch Überforderung.
- Praxisnahe Diktierweise: Übt mit eurem Kind Diktate so, wie sie in der Schule auch stattfinden. Lest zunächst also einmal den kompletten Text vor. Lest dann den ersten Satz im Ganzen vor. Diktiert dann in sinnvollen einzelnen Abschnitten und wiederholt diese. So dann mit jedem einzelnen Satz fortfahren: immer erst im Ganzen lesen, dann in kleinen Abschnitten. Am Schluss den gesamten Text noch einmal vorlesen. Fragt im Zweifel gerne den Lehrer oder die Lehrerin eures Kindes, worauf sie beim Diktieren achten.
- Neutrale Sprache: Diktiert den Text so, wie ihr normal sprecht. Das heißt, versucht nicht, durch besondere Betonung z. B. auf Doppelkonsonanten oder -vokale hinzuweisen. Das gibt euren Kids sonst Tipps, die die Lehrerin im Diktat in der Regel nicht gibt und ihr könnt euch kein Bild über den wirklichen Wissensstand eures Kindes machen.
- Zeit geben: Gebt eurem Kind genug Zeit, sich das Diktat am Ende nochmal alleine durchzulesen und etwaige Fehler zu korrigieren. Euer Kind ist nach dem Schreiben echt k.o.? Dann könnt ihr ihm den Text auch erst etwas später erneut vorlegen, z. B. am Abend oder am nächsten Tag. So hat das Kind die Chance, mit "klarem Kopf" nochmal drüberzuschauen.
- Fehler besprechen: Wenn ihr mit eurem Kind das Diktat geübt habt, schaut es euch gemeinsam an. Wo stecken die Fehler? Erklärt eurem Kind, was es falsch gemacht hat und prägt euch zusammen die richtige Schreibweise mit der entsprechenden Regel ein. Tipp zum Merken: Diese "Fehlerwörter" könnt ihr z. B. auf Karteikarten schreiben und die Stelle, an der falsch geschrieben wurde, farblich markieren. Bei den nächsten Diktaten könnt ihr darauf achten, dass die Fehlerwörter bzw. -fälle gehäuft vorkommen und so checken, ob euer Kind die Regel jetzt verinnerlicht hat.
- Kreativ werden: Euer Kind hasst Diktate schon allein deswegen, weil es dabei so lange stillsitzen muss? Dann können sog. Laufdiktate eine tolle Möglichkeit sein. Dabei legt ihr den Text einige Meter vom Schreibtisch eures Kindes weg. Das Kind steht auf, läuft zum Text, prägt sich einen Teil davon ein, setzt sich wieder und schreibt das Gesehene aus der Erinnerung nieder. Toll vor allem für sehr aktive oder hyperaktive Kinder mit starkem Bewegungsdrang.
Je nachdem, welche Klasse euer Kind gerade besucht, sind natürlich die Anforderungen bei den Diktaten unterschiedlich. Für die Klassen 2 bis 10 gibt es hier daher nochmal spezielle Tipps:
Diktate üben in Klasse 2
Ab der 2. Grundschulklasse werden im Fach Deutsch Diktate geschrieben. Die erste Voraussetzung für ein gutes Diktat ist, dass die Lehrkraft die Handschrift lesen kann. Denn Unleserliches wird als Fehler gewertet. Gerade, wenn Zeitdruck dazukommt, ist leserliches Schreiben für viele Schulkinder eine Herausforderung. So könnt ihr euren Mini beim Schnellschreiben fördern:
Während Diktate in der 2. Klasse zum Beginn des Schuljahrs oft noch nur aus einzelnen Wörtern bestehen, sind sie zum Ende der 2. Klasse schon bis zu 40 Wörter lang und zusammenhängende Texte. Wenn ihr mit eurem Kind übt, solltet ihr also Texte mit ungefähr dieser Wortzahl aussuchen. Diktiert auch hier so, wie es die Kinder aus der Schule kennen – siehe unser Tipp "Praxisnahe Diktierweise". Bei Zweitklässlern sollten die einzelnen Diktierabschnitte noch nicht länger als drei bis vier Wörter sein.
Ann-Kathrin Vosseler: "Für die Kleinen ist es hilfreich, sich gewisse Rechtschreibstrategien anzueignen, z. B. das Schwingen oder das Ableiten. So können sie hören bzw. sich selbst erklären, wie ein Wort geschrieben wird."
"Welcher Rechtschreibschwerpunkt in welcher Klasse behandelt wird, gibt zumindest in Baden-Württemberg der Rechtschreibrahmen vor", sagt die Lehrerin. In den übrigen Bundesländern ist der Lehrplan aber ähnlich.
Danach liegt ein Schwerpunkt bei Diktaten in der Grundschule unter anderem auf der Groß- und Kleinschreibung. Besprecht die Regeln dazu vor dem Diktat nochmal kurz mit eurem Kind, das kann helfen. Außerdem ist die Konsonanten-Verdoppelung (Schärfung) wichtig.
"An vielen Grundschulen wird mit sog. "Lernwörtern" gearbeitet. Das sind Wörter, deren Rechtschreibung sich nicht so leicht selbst erklärt und die ein bisschen "tricky" sind", erklärt Ann-Kathrin Vosseler. Auch bei denen kann es Sinn machen, sie auf Karteikarten zu notieren und sie auf jeden Fall regelmäßig schreiben zu üben.
"Eine weitere Möglichkeit, die schwierigen Lernwörter einzuprägen, sind Lückendiktate", so die Lehrerin. Das Kind bekommt hierfür einen Lückentext vorgelegt, in dem es einzelne Wörter aus dem Diktat eintragen muss. Vorteil: Die Grundschüler*innen lernen die Schreibweise und das Zuhören, können sich dabei auf die schwierigen Wörter konzentrieren, müssen aber noch nicht ganz so viel schreiben, was vor allem für jüngere Kinder eine Entlastung ist.
Tipp zum Üben: Bei Diktaten in der 2. Klasse müssen die Schüler*innen Zeichensetzung noch nicht eigenständig können. Diktiert also Punkt und Komma mit.
Diktate üben in Klasse 3
Zwischen 8 und 9 Jahren wird die Grundlage für ein gutes Rechtschreibverständnis gelegt, darum ist es nun besonders wichtig, viel zu lesen und zu schreiben. Auch fließen Diktate zwischen der 3. und der 8. Klasse erheblich in die Notengebung mit ein.
In der 3. Klasse ist ein Diktat schon ca. 80 Wörter lang, also doppelt so lang wie in der 2. Klasse. Passt daher beim Üben mit eurem Kind die Textlänge nun darauf an.
Vor allem für Themen wie Groß- und Kleinschreibung kann es sinnvoll sein, die Übungsdiktate noch für weitere Übungen zu verwenden. Das Kind kann z. B. alle Hauptwörter farblich markieren oder alle Verben. So lernt es nicht nur Wortarten, sondern versteht zugleich besser, was groß, was klein geschrieben wird.
Für Grundschüler*innen ist es übrigens sinnvoll, das gleiche Diktat im Abstand einiger Tage nochmal zu wiederholen und zu schauen, wo es noch Fehlerquellen gibt. Es muss nicht jedes Mal ein neuer Text sein!
Diktate üben in Klasse 4
Die Noten in der 4. Klasse sind entscheidend für die Empfehlung, welche weiterführende Schule euer Kind besuchen sollte. Daher sind Diktate spätestens jetzt ziemlich wichtig. Macht eurem Kind aber bitte trotzdem keinen Druck, damit erreicht ihr nichts. Diktate weiterhin regelmäßig üben, nicht zu lange und gerne mit "Stoff", der eure Kids interessiert, ist das beste Rezept für Lernerfolg statt -frust.
Schaut euch an, welche Rechtschreibschwerpunkte auf dem Lehrplan stehen. In der 4. Klasse werden z. B. oft Diktate geschrieben, in denen die Kinder zwischen "aa oder ah", "i oder ie", "ai oder ei", "d oder t" oder "v oder f", "k oder ck" entscheiden müssen. Auch "das oder dass", die häufigste Rechtschreibfehlerquelle der deutschen Sprache, ist ein wichtiger Schwerpunkt. Übt die entsprechenden Wörter und lasst sie in eure Übungsdiktate mit einfließen.
Diktate in der 4. Klasse haben meist rund 100 Wörter. Wenn ein Diktat ansteht, macht es schon Sinn, diese Länge zu üben, damit das Kind lernt, sich so lange zu konzentrieren und auch motorisch am Stück schreiben zu können. Ihr müsst aber nicht immer so lange Diktate üben, regelmäßige 5-Minuten-Häppchen sind besser als nichts, um das Kind nicht zu überfordern.
Diktate üben in Klasse 5
Diktate sind in der 5. Klasse schon weitaus anspruchsvoller als noch in der Grundschule. Der Schwerpunkt liegt unter anderem auf Themen wie substantivierten Verben, Zeichensetzung bei wörtlicher Rede, Anredepronomen etc. Auch Getrennt- bzw. Zusammenschreibung und die Regeln dazu sowie Dehnung und Schärfung und gleichklingende Wörter und Silben sind wichtige Themen, zu denen in euren Diktaten Beispiele vorkommen sollten.
Diktate in der 5. Klasse sind meist rund 100 Wörter lang oder länger.
Verwirrt von all den Regeln?
Auf diesen Portalen findet ihr schnell und easy alles, was ihr zu Grammatik und Rechtschreibung wissen müsst, plus Strategien und Lernmaterialien:
Studienkreis, Duden Learnattack, Tutoria, Simple Club (hier geht's zu den Rechtschreibstrategien), Studyflix, Lernhelfer, Easy Tutor, StudySmarter, Scribbr, Sofatutor, Übungskönig
Viel Spaß beim Üben!
Diktate üben in Klasse 6
An vielen Schulen wird in Klasse 6 ein spezielles Fremdwörterdiktat geschrieben.
Ein weiterer Fokus liegt auf der Zeichensetzung. Kommas werden nach und nach nicht mehr mit diktiert, sondern das Kind muss sie eigenständig setzen und so die Kommaregeln anwenden. Das Schlusszeichen wird hingegen meist noch diktiert. Bitte macht z. B. bei Kommas nur solche Sprechpausen, wie ihr sie auch beim normalen Sprechen machen würdet und übertreibt nicht zu sehr. Sonst "verratet" ihr dem Kind zu viel und es ist nicht möglich, das Können realistisch einzuschätzen.
Diktate in der 6. Klasse sind ca. 120-140 Wörter lang.
Diktate üben in Klasse 7
In der 7. Klasse üben Kinder in Diktaten weitere Rechtschreibfälle wie Adjektiv-Verb-Verbindungen, außerdem kommen Fremdwörter aus dem Französischen dazu.
Euer Kind hat keinen Bock, mit euch zu üben? Apps können eine gute Alternative darstellen, wenn es um das Aneignen von Rechtschreib-Skills geht. Gute Lern-Apps mit verschiedenen Schwerpunkten stellt unser Video vor:
Diktate üben in Klasse 8
Auch in der 8. Klasse schreiben viele Lehrer*innen noch Diktate. Schwerpunkte der rund 170 Wörter langen Texte sind z. B. "das/dass", "seid/seit", "ei/ai", "ss/ß", Fremdwörter aus dem Lateinischen und Kommasetzung bei Konjunktionalsätzen.
Diktate üben in Klasse 9
In der 9. Klasse drehen sich die Diktate eurer Kinder u. a. um nominale Aneinanderreihungen sowie Getrennt- oder Zusammenschreibung von Adjektiven. Die Texte sind etwa 200 Wörter lang.
Diktate üben in Klasse 10
Nach der 10. Klasse habt ihr's endlich geschafft: Spätestens in der gymnasialen Oberstufe werden in der Regel keine Diktate mehr geschrieben. Wenn ihr in der 10. noch gemeinsam üben möchtet, sind Diktate mit einer Länge von ca. 240 Wörtern realistisch.
Quellen: Deutsches Schulportal, Ministerium für Kultus, Jugend & Sport Baden-Württemberg