Ohne Computer-Skills geht heute nichts mehr und unsere Kinder wachsen ganz selbstverständlich mit digitalen Medien auf. In den meisten Familien herrscht allerdings Uneinigkeit über die Grenzen: Wieviel Medienkonsum ist zuviel? Wie sieht ein angemessenes Nutzungsverhalten aus? Und wie erkennt man eigentlich Computersucht? Für familie.de hat Florian Buschmann für Eltern zusammengefasst, wann die Alarmsignale läuten sollten. Denn wer könnte Betroffene und Angehörige besser verstehen als ein ehemals Süchtiger selbst?!
Niemand sollte unter den neuen Medien leiden, sondern von den digitalen Möglichkeiten profitieren. Eltern können helfen, langfristige Schäden zu vermeiden, indem sie auf eine sinnvolle Mediennutzung achten.
Florian Buschmann
Gaming, Social Media und Streaming bieten für Kinder faszinierende Welten. Faszinierend und fesselnd. Vor allem mit Smartphones als ständigen Begleitern im Alltag fällt es – Betroffenen und Angehörigen – oft schwer, die Grenze zwischen harmloser Freizeitbeschäftigung und ernsthafter Abhängigkeit zu erkennen.
9 Computersucht-Anzeichen, an denen Eltern erkennen können, ob ihre Kinder gefährdet sind
Beantwortet ihr drei oder vier der folgenden Kriterien mit ja, zeigt euer Kind schon kritisches Verhalten. Bei fünf oder mehr solltet ihr dringend intervenieren und Hilfe suchen.
1. Gedankliche Vereinnahmung
Vielseitige Tätigkeiten prägen den Alltag von Jugendlichen. Beschäftigt sich euer Kind jedoch überwiegend mit Inhalten der Virtualität im echten Leben, handelt es sich um eine Vereinnahmung.
2. Entzugssymptome
Funktioniert eine Zeit ohne digitale Geräte nur selten, sind dies erste Warnsignale. Entzugssymptome zeigen sich unter anderem in Unruhe und ständige Streitereien, endlich wieder an den Rechner zu dürfen.
3. Toleranzentwicklung
Mit der Zeit verlieren Tätigen in der Virtualität ihren Reiz. Süchtige verstärken daher ihren Konsum, um eine gleichbleibende Stimulation zu erfahren – oder nehmen zusätzlich andere Suchtmittel.
4. Kontrollverlust
Zögert euer Kind die Länge der Onlinezeiten heraus, hält sich nicht mehr an Regeln und lässt sich unkontrolliert von Emotionen leiten, liegt ein Verlust der Kontrolle zugrunde.
5. Verlust des Interesses
Bindet die Virtualität das Interesse für andere Tätigkeiten, beschränkt sich die Handlungsvariabilität. Auch anhaltende Motivationslosigkeit erfordert Beachtung.
6. Langfristige Nutzung
Kurze Phasen des intensiven Spielens stellen in der Regel kein Problem dar. Kommt dies jedoch häufiger oder über einen längeren Zeitraum vor, handelt es sich um kritisches Verhalten.
7. Leugnung des Problems
Abhängige gestehen sich die problematische Nutzung selten ein. Mittels Lügen und Gutheißungen spielen Betroffene sich selbst und Angehörigen etwas vor.
8. Flucht vor negativen Emotionen
Belastende Gefühle treiben eine Sucht an. Versteckt sich der Betroffene vor diesen in der Virtualität, sollten Eltern wachsam sein.
9. Akzeptanz der negativen Auswirkungen
Ein langfristiger Medienkonsum schafft Probleme in der Realität. So akzeptieren und ignorieren Betroffene Unordnung, Leistungsabfall in der Schule oder den Verlust von Freunden.
Diese neun Kriterien entstammen dem Leitfaden zur Bewertung einer Sucht aus meinem Buch 'Ade Avatar', das ich geschrieben habe, um Betroffenen zu helfen. Es ist speziell auf Eltern ausgelegt, kann aber auch von jedem anderen – sogar Betroffenen selber – angewandt werden und soll helfen, Suchtgefahr einschätzen zu können.
In Zusammenarbeit mit Therapeuten entstand die „Drei-Schritt-Methode“, um Jugendliche aus Virtualität und Computersucht zu befreien. Sie ist für Eltern aufbereitet und generell nahestehende Personen können sie einfach anwenden.
Da ich selbst unter einer Sucht litt, kenne ich beide Perspektiven. Die von Angehörigen und Betroffenen. Mein Herzensprojekt „Ade Avatar“ unterstütz daher die Wiederkehr in der Wirklichkeit.
Florian Buschmann
Mehr Informationen über Florian und seine Projekte findet ihr auf seiner Website.
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Bildquelle: Getty Images/Yalana