Das Handy ist heutzutage bei den meisten Menschen in Dauerbetrieb. Ist ja auch enorm praktisch! Aber beim ständigen Blick auf das Smartphone besteht tatsächlich auch Suchtgefahr. So erkennen Eltern, wann aus Tech-Spaß Suchtverhalten geworden ist.
Ob WhatsApp, Instagram, die Nachrichten-App unseres Vertrauens oder einfach nur ein kleines Spiel zum Entspannen: Egal wo wir sind, ständig wandert unser Blick aufs Smartphone. In der Bahn, im Wartezimmer, zuhause auf der Couch oder im Café. Mittlerweile ist es einfach Dreh- und Angelpunkt unseres Lebens geworden und haben wir es einmal zuhause vergessen, werden wir so nervös, als hätten wir den Schlüssel liegen lassen. Und ist das Handy mal nicht in Reichweite, läuft zumeist immerhin das Tablet oder der Laptop. Vor allem für den Nachwuchs geht es gar nicht mehr ohne: Schließlich werden die Themen, die auf dem Schulhof besprochen werden, maßgeblich von sozialen Medien bestimmt und alle Absprachen online getätigt.
Generation Smartphone
Jedes Jahr befragt der "Medienpädagogische Forschungsverband Südwest" für die sogenannte JIM-Studie 1.200 Teenager in Deutschland zu ihrem Medienverhalten. Praktisch alle Kids zwischen zwölf und 19 Jahren in Deutschland (94 %) besitzen demnach ein eigenes Smartphone. Kein Wunder, schließlich sind sie heutzutage eine Art Alltagsassistent: sie sind Wecker, Terminkalender, Busplan, Tagebuch, Mittel zur Selbstverwirklichung und Kommunikationsmittel Nummer 1. Jugendliche, die mit dem Internet als etwas Selbstverständliches aufgewachsen sind, organisieren damit ihren kompletten Alltag.
Eine gewisse Abhängigkeit zum Smartphone ist da nur die logische Konsequenz. Laut einer Studie der Krankenkasse DAK nutzen Kinder und Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren rund drei Stunden am Tag ihr Smartphone. Bei so intensiven Nutzungszeiten kommt die Frage nach dem Suchtpotenzial auf: Ab wann läuft ein Mensch Gefahr, ein ernsthaftes Internetsuchtproblem zu entwickeln?
Internet: Einfach Leidenschaft oder schon Sucht?
Auch eine exzessive Nutzung des Smartphones darf nicht von vornherein mit einer ernsthaften Sucht gleichgesetzt werden. Oft ist die intensive Nutzung und eine emotionale Bindung zu dem Smartphone nur eine vorübergehende Phase. Schließlich bedeutet ein eigenes Handy für Jugendliche auch ein Stück Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Es ist ein sichtbares Zeichen der Zugehörigkeit zu ihrer Altersgruppe. Auffällig heißt nicht krankhaft, aber Jugendliche, die dauerhaft an ihrem Smartphone, Tablet oder Laptop kleben, sind durchaus gefährdet, in eine Sucht abzurutschen.
Woran können Eltern also erkennen, dass ihr Kind suchtgefährdet ist? Ein paar eindeutige Hinweise gibt es.
Anzeichen für eine Internetsucht:
- Die Nutzung des Internets ist nicht mehr kontrollierbar. Die Zeit gerät aus dem Blick und Termine werden vergessen.
- Kein Interesse mehr an anderen Lebensbereichen: Hobbys oder Freundschaften werden vergessen oder gar aufgegeben, um mehr Zeit im Netz zu verbringen.
- Obwohl Probleme wie Streit mit Freunden oder Familie, Schlafmangel und Konzentrationsschwierigkeiten aufgrund der ständigen Internetpräsenz entstehen, wird an der exzessiven Nutzung festgehalten.
- Unruhe, Aggression und Stress, wenn es keine Möglichkeit gibt, online zu gehen.
- Lügen bezüglich der tatsächlichen Nutzungsdauer.
Wenn Menschen eine Internetsucht entwickeln, dann liegen meist jedoch auch vorherige Probleme vor, eine Sucht entwickelt sich selten aus dem Nichts. Bei den meisten Suchtkranken ist das Belohnungszentrum im Gehirn gestört. Auch haben Patienten oft traumatische Erlebnisse erlebt und allgemein Probleme mit einem gesunden Sozialverhalten: Sie kämpfen mit einem gestörten Selbstwertgefühl oder leiden unter Depressionen. Es müssen also mehrere Faktoren zusammenkommen, bis sich aus einer intensiven Mediennutzung wirklich eine krankhafte Sucht entwickelt.
Internetsucht ist keine offizielle Krankheit
Das Problem, wenn eine Internetsucht festgestellt wird: Obwohl Smartphones und das Internet durchaus Suchtpotenziale haben, ist die "Internetsucht" noch keine offiziell anerkannte Krankheit. Und das bedeutet, dass es gar nicht so leicht ist, Therapiemöglichkeiten zu finden. Ohne eine offizielle Anerkennung der Krankheit, können Therapiezentren nicht finanziert und damit Patienten nicht behandelt werden. Dennoch ist es möglich, PsychologInnen aufzusuchen.
Vielen Eltern fällt es schwer, mit Tochter oder Sohn ruhig über das Problem zu sprechen. Suchtkranke neigen dazu, ihre Probleme zu verneinen, zu verharmlosen oder gar aggressiv auf das Thema zu reagieren. Hilfe und Beratung findet ihr bei der kostenlosen Hotline von Internetsucht e. V. unter 0800 152 9529.
Nochmal sei erwähnt ...
Dass Jugendliche das Internet intensiv nutzen, ist durchaus normal und für die heutige Generation ein wichtiger Teil der Pubertät. Erst wenn Schule, Freunde oder auch der Sportverein wegen des Internets vernachlässigt werden, die Nutzungszeiten immer länger werden und Kinder trotz negativer Konsequenzen vom Handy oder Laptop keinen Abstand nehmen können, kann eine ernsthafte psychische Störung vorliegen. Zieht also zunächst keine voreiligen Schlüsse und macht euch selbst keine Angst. Auch für die meisten von uns Eltern ist das Handy zu einem treuen Lebensbegleiter geworden – aber eben auch nicht mehr.
Internetsucht rechtzeitig vorbeugen: Was wir Eltern tun können
Sind wir gute Vorbilder? Damit sich eine so starke Abhängigkeit zum Internet und zum Smartphone erst gar nicht entwickelt, sind wir Eltern gefragt. Denn wie das Internet genutzt wird, ist nicht nur Frage der Erziehung, sondern vielmehr eine des Vorlebens. Und da müssen wir uns selbst an die Nase fassen und das eigene Nutzungsverhalten einmal kritisch hinterfragen. Sind wir vielleicht selbst dauerhaft mit unseren Smartphones,Tablets oder Rechner beschäftigt? Oft greifen wir ganz unbewusst danach, aber gerade darum sollten wir unseren Kindern deutlich machen, dass kein Mensch dauerhaft erreichbar sein muss und sollte.
- Vereinbart handyfreie Zeiten: Während des Essens, im Bett und nach 22 Uhr z.B.
- Am besten Regeln schriftlich festhalten und an den Kühlschrank pinnen damit ihr alle immer wieder daran erinnert werdet.
- Neue Freizeitmöglichkeiten und gemeinsame Aktivitäten anzubieten hilft, Langeweile zu vermeiden, die oft den automatischen Griff zum Smartphone der Laptop mit sich führt.
- Was auf keine Fall hilft: Den Kids das Smartphone zu verbieten. Verbote machen erst recht neugierig und stiften zu gegenteiligem Verhalten an. Außerdem ist das Handy im Leben von Kindern und Jugendlichen heute enorm wichtig. Mehr über das Thema Handyverbote erfahrt ihr hier.
Quellen: DAK, JIM-Studie
Was für stranger und zum Teil verquerer Quatsch uns und unseren Kids im Internet so begegnet, und wie man Fakes und Hoaxes erkennen kann, sehr ihr hier im Video:
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