Ab wann gibt es eigentlich hitzefrei? Das fragen sich gerade wieder viele Eltern. Tatsächlich ist in Deutschland nämlich nicht einheitlich geregelt, wer wann beim Lernen schwitzen muss. Jedes Bundesland hat da eigene Vorstellungen. Und dann liegt es immer noch im Ermessen jeder Schule. Hier kommt ein Überblick: Diese Hitzefrei-Regelungen gelten in den verschiedenen Bundesländern – und wir geben Tipps, wie unsere Kinder die heiße Zeit in der Schule besser überstehen.
Gibt es heute echt weniger Hitzefrei als früher?
Ja, das Gefühl stimmt schon. Schüler*innen freuen sich zwar, wenn es hitzefrei gibt, aber für viele Eltern ist es ein Problem: Wer selbst bei der Arbeit ist, kann sich schlecht um ein Kind kümmern, das frühzeitig aus der Schule nach Hause kommt. Ob es hitzefrei gibt, wird meist kurzfristig entschieden und so klappt es beispielsweise oft nicht, die Kinder wie gewohnt von der Schule abzuholen.
Insbesondere Ganztagsschulen, von denen es immer mehr gibt, sichern den Eltern feste Betreuungszeiten zu. So können die Kinder nicht, wie es früher häufiger der Fall war, bei heißem Wetter einfach frühzeitig gehen. Sie haben dann eventuell zwar keinen Unterricht mehr, bleiben aber bis zum Ende der Betreuungszeit trotzdem in der Schule.
Überblicks-Tabelle: Für wen gibt es hitzefrei? Jedes Land regelt das anders
Nicht alle Schüler*innen kommen in den Genuss von hitzefrei. Nur Grundschüler*innen und Schüler*innen der Sekundarstufe I dürfen wegen zu hohen Temperaturen im Klassenraum frühzeitig aus dem Unterricht entlassen werden. In der Oberstufe, an Berufsschulen oder in Schulen des zweiten Bildungsweges wird weiter gelernt und geschwitzt.
Bundesland | Regelung |
Baden-Württemberg | Das Kultusministerium gibt keine offizielle Regelung vor, bietet aber Kriterien zur Orientierung an: Wenn die Außentemperatur um 11 Uhr mindestens 25 °C im Schatten beträgt, gibt es frühestens nach der 4. Stunde hitzefrei. Nachbar-Schulen stimmen sich ab und entscheiden möglichst gleich. |
Bayern | Ob hitzefrei wirklich nötig ist, soll ebenso geprüft werden wie die Möglichkeiten, kühlere Orte für den Unterricht zu finden. Auf konkrete Umstände wie Fahrschüler, die auf Busse angewiesen sind, sollten die Entscheider Rücksicht nehmen. |
Berlin | Hitzefrei die absolute Ausnahme bleiben. Es gibt keine starre Temperaturgrenze, stattdessen gilt es, den Unterricht anzupassen. |
Brandenburg | Wenn um 10 Uhr früh bereits 25 Grad Außentemperatur oder um 11 Uhr 25 Grad im Schulgebäude erreicht werden, darf der Schulunterricht um 12 Uhr beendet werden, rät das Kultusministerium. |
Bremen | Hier kann ab einer Temperatur von 25 Grad im Schulgebäude hitzefrei gegeben werden. Ausnahme: der Schwimmunterricht. |
Hamburg | Ab einer Außentemperatur von 27 Grad und einer Innentemperatur, die "nicht mehr zumutbar" erscheint, können die Schulen ab 11.30 Uhr hitzefrei geben. Die Schulkonferenz darf Sonderreglungen beschließen. |
Hessen | Das Kulturministerium erlaubt "alternative Formen des Unterrichts" und den Verzicht auf Hausaufgaben. Der Unterricht kann frühestens nach der 5. Stunde vorzeitig beendet werden und die Entscheidung ist mit benachbarten Schulen abzustimmen. |
Niedersachsen | Wenn der Unterricht durch hohe Temperaturen in den Schulräumen erheblich beeinträchtigt wird und andere Formen der Unterrichtsgestaltung nicht sinnvoll erscheinen, können Schulleiter*innen hitzefrei geben. Die Erziehungsberechtigten von Grundschüler*innen sind vorab zu informieren. |
Mecklenburg-Vorpommern | Kriterien sind Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Ist es unzumutbar schwül, können Unterrichtsstunden verkürzt werden. Im Einzelfall gibt es unterrichtsfrei. |
Nordrhein-Westfalen | Hier kommt es auf die Temperatur innerhalb des Schulgebäudes an: Ab 27 Grad kann Unterricht ausfallen. Das Kulturministerium untersagt hitzefrei bei Raumtemperaturen unter 25 Grad – da kann es draußen noch so heiß sein. |
Rheinland-Pfalz | Einzelentscheidung: Die Schulen bestimmen selbst, Richtlinien werden nicht vorgegeben. |
Saarland | Damit Eltern Familie und Beruf besser vereinen können, wurde der alte Hitzefrei-Erlass abgeschafft. Stattdessen sollten Schulen Klassenarbeiten verschieben und Lehrer*innen können mit Schüler*innen Stoff wiederholen oder sie Hausaufgaben machen lassen, statt neues zu lernen. |
Sachsen | Das Kulturministerium gibt keine Richttemperatur vor und überlässt es den Schulleiter*innen, wie sie vorgehen. Es ist möglich den Unterricht ausfallen zu lassen, die Pausen zu verlängern oder die Unterrichtsstruktur anzupassen. |
Sachsen-Anhalt | Erreichen die Temperaturen im Klassenzimmer um 11 Uhr bereits 26 Grad oder mehr, kann es hitzefrei geben. Bei extremer Hitze darf das sogar für die Oberstufe gelten. |
Schleswig-Holstein | Bei starker Hitze im Sommer entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter im Rahmen der Fürsorgepflicht, ob und in welchem Umfang Unterricht erteilt werden kann, so der Erlass des Kultusministeriums. |
Thüringen | Die Entscheidung soll die Schulleitung treffen, "nach Beurteilung der konkreten Situation im Schulgebäude". Falls Schüler*innen auf Schulbusse angewiesen sind, ist der Schulträger in die Entscheidung einzubeziehen. |
Hitzefrei aus Kind- und Elternsicht
Als Kind habe ich hitzefrei geliebt. Ich erinnere mich genau an die Aufregung an den heißen Tagen und die Hoffnung, dass der Unterricht nach der 4. Stunde doch bitte ausfallen möge. Ich bin dann mit meinen Freund*innen unterwegs gewesen und habe nach Abkühlung gesucht.
Heute als Mutter sehe ich hitzefrei mit gemischten Gefühlen. Denn einerseits glaube ich immer noch, dass es unfair ist, wenn Kinder an sehr heißen Tagen in schwülen, stickigen Räumen ohne Luftzug benotete Arbeiten schreiben sollen. Wir Erwachsene können uns da doch auch nicht gut konzentrieren.
Andererseits ist die Entscheidung für hitzefrei eine sehr spontane, auf die viele Eltern gar nicht reagieren können. Deswegen finde ich alternative Angebote in Form von Schule im Freien im Schatten eine gute Idee.
Wie Schulen heute gut auf Hitze reagieren können
Nicht betreute Kinder einfach hinaus in die Hitze zu schicken, ist in vielen Fällen keine Option. Schulen können auf hohe Temperaturen und schwüle Witterung aber auch reagieren, indem sie den Unterricht und den Stundenplan ein wenig anpassen. Zwar lassen sich Klassenarbeiten nicht immer verschieben, aber beispielsweise beim Sportunterricht kann man es etwas ruhiger angehen lassen.
Lehrer*innen müssen bei großer Hitze keinen schwierigen neuen Lehrstoff behandeln, sondern können stattdessen bereits behandelte Themen wiederholen oder vielleicht auch mal eine Diskussion oder ein Rollenspiel ansetzen.
Und statt in einem sonnenbeschienenen Klassenzimmer zu schmoren, können Lehrpersonen und Lernende auch mal an ein schattigeres Plätzchen wechseln und den Unterricht etwas freier gestalten. Kurzum: Hitzefrei ist zum Glück nicht der einzige Weg, heiße Sommertage in der Schule erträglicher zu machen.
Seit wann gibt es hitzefrei? 1892 gab's zum allerersten Mal hitzefrei, auf Erlass des preußischen Schulministeriums. Heute ist diese Frage Ländersache, aber nur einige Bundesländer geben hierzu Richtlinien vor. Letztendlich ist es der Schulleiter oder die Schulleiterin, der oder die entscheidet. Viele Schulen haben deshalb eine interne Regelung, welche Temperatur erreicht werden muss, damit es hitzefrei gibt.
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