Punktabzug für Übergewicht: Eine neue Studie zeigt, dass dicke Kinder im Unterricht normalgewichtigen Kindern nicht gleichgestellt sind. Trotz gleicher Kompetenzen erhalten sie schlechtere Noten.
Diskriminierung nicht nur von Mitschüler*innen
Dass es Kinder mit Übergewicht in der Schule oft nicht leicht haben, ist nichts Neues. Mobbing wegen Übergewicht ist leider Alltag auf unseren Schulhöfen und endet mittlerweile nicht mehr am Schultor, sondern wird in den sozialen Medien fortgesetzt – mit verheerenden Folgen, vor allem für die Psyche der betroffenen Kinder. Wie sehr übergewichtige Kinder jedoch auch unbewusst von Lehrkräften diskriminiert werden, das enthüllt jetzt eine Studie.
Die Soziologin Mona Dian und der Soziologe Moris Triventi untersuchten Daten von rund 3.700 Schüler*innen siebter Klassen an deutschen weiterführenden Schulen. Anhand der Deutsch- und Mathenoten konnten die Wissenschaftler erkennen, dass Lehrkräfte die Leistung von Kindern mit Übergewicht schlechter bewerten als von normal- oder untergewichtigen Kindern. Andere Ursachen wie zum Beispiel eine geringere fachspezifische Kompetenz, psychologische Merkmale oder wichtige schulbezogene Einstellungen und Verhaltensweisen konnten vorab ausgeschlossen werden.
Schlechtere Noten vor allem im Deutschunterricht
Die Studie zeigt, dass die Schulnoten bei übergewichtigen Kindern im Durchschnitt schlechter ausfallen. Vor allem bei adipösen Jungen machte sich ein negativer Effekt bemerkbar: Sie bekamen in Deutsch um 11 Prozentpunkte häufiger eine schlechte Note. Bei übergewichtigen Mädchen zeigte sich der Effekt weniger stark. In Mathe fielen zwar ebenfalls Unterschiede bei beiden Geschlechtern auf, jedoch geringer, was wohl daran liegt, dass in Deutsch mehr Spielraum für subjektive Bewertungen sei, so Dian und Triventi.
Vom Klischee zur Note
Aber wieso sollte bei der Benotung von Jungen das Gewicht eine Rolle spielen? Die beiden Forschenden vermuten hier zwei Stereotype, die unbewusst in die Leistungsbewertung reinspielen: Zum einen gelten übergewichtige Menschen als weniger diszipliniert als schlanke. Zum anderen gelten Jungen oft als weniger fleißig. Das Zusammenspiel dieser beiden Klischees könnten Lehrerinnen und Lehrer bei ihrer Benotung insgeheim beeinflussen.
Um daran etwas zu ändern, schlagen die beiden Soziologen Schulungen vor, "um die Lehrkräfte für unbewusste Vorurteile zu sensibilisieren. Dies könnte es ihnen ermöglichen, diskriminierendes Verhalten zu erkennen und ihm entgegenzuwirken." Außerdem halten sie es für sinnvoll, den Namen der Schüler*innen bei Prüfungen zu verbergen. So könne man die Verzerrung aufgrund persönlicher Merkmale verringern.
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