Der tschechische Autor Franz Kafka gilt bis heute als einer der größten Autoren der modernen Literatur und hat den modernen Roman geprägt wie kein Zweiter. Zu Lebzeiten kaum bekannt, lesen Generationen von Schüler*innen und Student*innen seine Werke, die sich jeglicher eindeutigen Interpretation entziehen und rätseln bis heute über die Botschaft seiner symbolisch-absurden Texte. Wer Weltliteratur liebt, kommt an Franz Kafka nicht vorbei.
Seine Texte bieten zudem eine Fülle spannender Figuren mit sehr schönen Vornamen, die Literatur-interessierte werdende Eltern zu so mancher Namensgebung inspirieren können. Wie cool ist es, als Kind sagen zu können “Ich heiße wie eine Figur aus einem Franz Kafka Text”. Wir stellen euch 17 kafkaeske Figuren aus der literarischen Traumwelt des Autors vor, nach denen ihr euer Kind benennen könnten. Darunter sind einige schöne klassische europäische Jungen und weitaus mehr klangvolle Mädchennamen.
#1 Franz (František)
Der Name Franz war ein zu Franz Kafkas Geburtsjahr 1883 beliebter Name in Österreich-Ungarn. Eigentlich lautete er im Tschechischen František Kafka. Als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Prag gehörte Kafka einer tschechischen Minderheit an, die Deutsch sprach und so verfasste er auch seine drei berühmten Romanfragmente und Erzählungen auf Deutsch. Bis heute gehören seine Texte, deren Veröffentlichung er selbst nie erlebte und mit deren Verwaltung er seinen besten Freund Max Brod beauftragte, zu den meist-interpretierten modernen Texten des 20. Jahrhunderts und faszinieren Literaturwissenschaftler wie Philosophinnen gleichermaßen.
Der Name Franz stammt aus dem Althochdeutschen und geht auf den Namen “Frank” zurück, was auch “Der Freie” heißen kann. Leider fühlte sich der Schriftsteller, der nie von seiner Autorschaft leben konnte, sondern mit seinem Erwerbsjob in einer Versicherungsgesellschaft haderte, nie wirklich frei in seinem beruflichen und privaten Leben.
#2 Josef - Aus "Der Prozess"
Josef heißt die Hauptfigur in Kafkas beliebtestem und meistrezipiertesten Romantext “Der Prozess”, der wie alle seine Romane erst nach seinem Tod in unvollständiger Fassung veröffentlicht wurde. Der Text gilt als einer der wichtigsten Romantexte der Neuzeit, weil er in Stil und stark symbolischer inhaltlicher Beschreibung den Weg frei für den modernen Roman gemacht hat, der sich nicht mehr an einen konkreten Ort und eindeutiges Themensujet gebunden sieht, sondern sich irgendwann in Raum und Zeit parabelhaft verliert. Der Name Josef ist ein biblischer männlicher Name aus dem Hebräischen.
Die Hauptfigur Josef K. erwacht eines morgen in seinem Bett und wird verhaftet, ohne dass klar ist, wer ihn anklagt bzw. welcher Tat er sich schuldig gemacht hat. Nun geht eine absurd-düstere Reise durch eine ominöse Behörde und gleichzeitig ins innere Bewusstsein der Hauptfigur lost, bei der bis zum Schluss nicht eindeutig klar ist, welche Schuld ihn trifft.
#3 Erna - Aus "Der Prozess"
Im Roman “Der Prozess” kommen viele ganz verschiedene Frauenfiguren vor, die nicht alle handelnde Personen sind und deren Funktion teilweise unklar ist. Doch sie alle tragen sehr schöne Namen. Die Figur Erna ist lediglich eine Nebenfigur und Cousine des Josef K., Tochter seines Onkels. Sie schreibt ihrem Onkel in einem Brief vom Prozess ihres Cousins und spielt sonst keine Rolle.
Der Name Erna geht auf Ernestine und den männlichen Vornamen Ernst zurück, der “Entschlossenheit” bedeutet.
#4 Elsa - Aus "Der Prozess"
Elsa wird als Josef K.s Geliebte und Freundin bezeichnet. Er trägt ständig ein Bild von ihr bei sich, doch sie selbst tritt nicht als handelnde Person in Erscheinung über Elsa erfährt der Leser, dass sie in einem Weinlokal als Kellnerin arbeitet und sich scheinbar nicht für den Prozess von Josef interessiert.
Der Name Elsa geht auf den Namen Elisabeth zurück, den man auch in der Bibel findet. Durch den Disney-Filmhit “Frozen” berühmt geworden, heißen wieder viele Mädchen Elsa. Er bedeutet “die Gott verehrt” oder “die Gott geweiht ist”.
#5 Leni - Aus "Der Prozess"
Leni ist einer der handelnden Frauenfiguren mit einer Besonderheit: Das junge Mädchen tritt auf den Plan als Pflegerin des Advokaten, der Josef beim Prozess unterstützen soll. Als eine Art Femme Fatale mit “Schwimmhäuten zwischen den Fingern” tritt sie dem Helden mit eindeutigem sexuellen Interesse entgegen, das diesen stark verunsichert. Sie zerrt ihn sogar in einer Art übergriffigen Szene zu Boden und die beiden haben sexuellen Kontakt, der eher von ihr ausgeht.
#6 Gregor - Aus "Die Verwandlung"
Kafka erschafft mit “Die Verwandlung” die erste phantastische Erzählung der Neuzeit und gilt damit stilprägend für die frühe phantastische Literatur: Die ledige Hauptfigur Gregor erwacht darin eines Tages als Insekt in seinem Bett und weiß nicht, wie es dazu kam. Seine Eltern bekommen Angst vor dem überdimensionalen Käfer und sperren ihn in sein Zimmer ein, von dem aus er fortan sein Dasein fristen muss. Vollkommen hilflos ist er seiner Verwandlung ausgesetzt und verliert immer mehr seine menschliche Existenz.
Der Name Gregor ist ein griechischer Name und bedeutet “Der Wachsame”.
#7 Grete - Aus "Die Verwandlung"
Grete ist die Schwester des Protagonisten Gregor aus der “Verwandlung”. Sie versorgt ihren Bruder, der sein Dasein als Insekt in seiner Kammer fristet, mit Nahrung, doch fühlt auch sie sich von ihm nach und nach abgestoßen. Sie vernachlässigt ihre Pflichten und räumt nicht mehr bei ihm auf. Als Gregor schließlich verstirbt, ist die Familie nicht traurig, sondern konzentriert sich darauf für Grete einen Mann zu finden, der alle fortan versorgt. Denn bisher hatte Gregor diese Aufgabe gebührt.
#8 Georg - Aus "Das Urteil"
Die Erzählung “Das Urteil” veröffentlicht Kafka zu seinen Lebzeiten 1913 und widmet sie seiner Verlobten Felice Bauer, ohne dass man genau verstehen kann, was diese damit anfangen soll. Darin kommt Kafkas häufiges Lebensthema, der Vater-Sohn-Konflikt vor. Die Hauptfigur Georg steht kurz vor der Hochzeit und schreibt einen Brief an einen Freund. Dabei kommen Konflikte mit seinem Vater zum Vorschein, die auch an jene Konflikte des Autors erinnern. Am tragischen Ende stürzt Georg sich in einen Fluss.
#9 Josefine - Aus "Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse"
“Josefine, die Sängerin” ist Kafkas letzte verfasste Erzählung. Josefine ist eine kleine Maus, die als Sängerin auftritt, wobei sie eigentlich auch nur pfeift wie jede andere Maus. Das Mäusevolk verehrt sie dennoch für ihre angebliche Kunst und Josefine bekommt immer mehr Starallüren, weigert sich zu singen, weil der Ruhm ihr nicht reicht und verschwindet irgendwann von der Bühne. Der Text wird als Parabel über das Verhältnis von Autor und Künstler gedeutet, das für Kafka immer eines der schwierigsten war.
Der Name Josefine stammt aus dem Hebräischen und steht für “Gott möge vermehren”.
#10 Karl - Aus "Der Verschollene"
“Der Verschollene” oder auch “Amerika” ist der zweite unvollendete Roman des tschechischen Autors. Darin berichtet die Hauptfigur Karl Roßmann über seine Reise von Prag in die USA und wird dort mit den technischen Neuerungen der Moderne konfrontiert. Angeregt wurde Kafka vermutlich durch die Auswanderung zahlreicher Juden, die von Prag aus Ende des 19. Jahrhunderts schon bis zum Ersten Weltkrieg nach Amerika reisten und dort ihr Glück suchten. Kafka selbst war nie in Amerika.
Die jugendliche Hauptfigur Karl bekommt in Amerika seinen ersten Job, findet Freunde und verarbeitet das Ausgangsereignis und sein schwieriges Verhältnis zu Frauen: Ein deutlich älteres Dienstmädchen habe ihn vergewaltigt, sei schwanger geworden und daher verlangten seine Eltern, dass er das Land verlasse.
#11 Klara - Aus "Der Verschollene"
Wie schon im Romanfragment “Der Prozess” begegnet Karl hier zahlreichen Frauen, die alle ganz verschiedene Typisierungen von Weiblichkeit darstellen zwischen Femme Fatale, Heilige und Mutter. Klara ist die Tochter eines reichen Geschäftsmannes, den Karl bei seinem Onkel kennenlernt. Ähnlich wie im Prozess mit Leni kommt es hier zu einem sexuellen Übergriff, der von Klara ausgehen soll.
Der Name Klara soll aus dem Lateinischen kommen und “Die Strahlende” oder “Leuchtende” bedeuten.
#12 Therese - Aus "Der Verschollene"
Während seiner Arbeit als Liftjunge im Hotel Occidental lernt Karl die Sekretärin Therese Berchtold kennen. Die ernste junge Frau versucht Karls Freundschaft zu gewinnen und weiht ihn in ihre schwere Kindheit ein. Nach einer unangenehmen Begebenheit mit einigen seiner Kollegen und einem Zusammenbruch, bei dem Karl zu Hilfe eilt, wendet sich Therese von ihm ab. Karl wird daraufhin im Hotel entlassen und reist weiter.
Therese ist ebenfalls ein Mädchenname aus dem Altgriechischen und soll die Jägerin, der Sommer oder die Wilde bedeuten.
#13 Johanna - Aus "Der Verschollene"
Johanna Brummer ist der Name einer weiteren Frauenfigur aus dem Text “Der Verschollene”. Sie ist das ältere Dienstmädchen seines Elternhauses, das Karl verführt hat und dann schwanger wurde. Von diesen Begebenheiten wird nur im Rückblick berichtet, sie selbst kommt nie zu Wort. Sie steht mit Elsa und Leni in einer Reihe von ambivalenten Frauentypen, die den Mann mit ihrer Sexualität überrumpeln und als Opfer dastehen lassen, aber andererseits auch zärtlich mütterlich begegnen.
Der Vorname Johanna ist die weibliche Form vom griechischen Namen Johannes und stammt auch aus dem Hebräischen.
#14 Brunelda - Aus "Der Verschollene"
Brunelda ist im Romanfragment “Der Verschollene” eine Frauenfigur, die dem Protagonisten ebenfalls eher Angst einjagt und ihn abstößt. Die Sängerin lebt im Hotel und wird von ihm zutiefst ablehnend empfunden, er ist ihr Bediensteter und fühlst sich von ihr stets sexuell bedrängt und belästigt.
#15 Frieda - Aus "Das Schloß"
“Das Schloss” ist der dritte unvollendete Roman von Franz Kafka. Darin befindet sich die Hauptfigur, die nur als K. bekannt ist, dank einer ominösen Einladung auf dem Weg in ein Schloss wieder, das einer Behörde gleicht. Im Dorf unweit des Schlosses lernt er zunächst einige Frauen kennen, doch keine von ihnen kann ihm helfen, die Bedeutung des Schlosses näher zu verstehen.
Frieda ist ein Schankmädchen, in das sich die Hauptfigur verliebt. Sie trennt sich von ihrem Freund, um mit K. zusammen zu sein. Doch K. möchte über sie eigentlich nur mehr über die Schlossbehörde erfahren und nutzt sie als Mittel zum Zweck.
#16 Olga - Aus "Das Schloß"
Olga ist eine weitere Frauenfigur, von der sich K. Informationen über das Schloss erhofft. Sie weiht die Hauptfigur in viele Verstrickungen der Dorfbewohner mit dem Schloss ein und erzählt in mehreren Kapiteln das Geheimnis ihrer Familie: Darin spielt ihre Schwester Amalia eine Schlüsselfigur, die sich etwas zu Schulden kommen ließ, dass nun die gesamte Familie in Abhängigkeit von den Schlossbeamten bringt. Olga scheint als einer der wenigen Frauen nicht sexuell an K. interessiert und wird als distanziert gegenüber den anderen Frauenfiguren beschrieben.
Der Name Olga stammt aus dem Slawischen und bedeutet “Die Heilige” bzw. “Die Geweihte”.
#17 Amalia - Aus "Das Schloß"
Amalia ist die Schwester von Olga, von der wir nur aus Olgas Berichten erfahren. Sie habe vor Jahren einen Beamten aus dem Schloss abgewiesen, woraufhin ihre Familie seitdem immer wieder der Schlossbehörde Rede und Antwort schuldet. Das belastet das Dorf und die Familie sehr, die aus der Dorfgemeinschaft ausgegrenzt wird. Amalia hat eine geheimnisvolle Autorität und verhält sich gegenüber ihren eigenen Gefühlen sehr wortkarg. Sie stellt im Roman ein eher modernes Frauenbild dar, weil sie sich nicht vom Begehren der Männer abhängig machen lässt.
Der Name Amalia kommt auch aus dem Althochdeutschen und bedeutet “Die Tapfere”.
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Wer Literatur liebt und sich nach weiteren Namensideen umschauen möchte, findet Inspiration in folgenden Namenslisten: