Hin und wieder kommt es vor, dass sich Schwangere bei ihrem behandelnden Frauenarzt nicht mehr wohlfühlen und gern zu einem anderen Arzt wechseln würden. Doch ist das so einfach möglich, auch innerhalb eines Quartals? Hier gibt’s die Antwort.
„Ich fühlte mich nicht ernst genommen, allein gelassen und verunsichert“
Unsere Leserin Jenny berichtet:
Früher hätte ich nichts auf meinen Frauenarzt kommen lassen. Bei den jährlichen Routineuntersuchungen wirkte er auf mich sehr kompetent und sympathisch und nahm sich Zeit. Ich war rundum zufrieden mit ihm.
Das alles änderte sich leider, als ich das erste Mal schwanger wurde. Nun wollte ich alles genauer wissen, hatte natürlich viele Fragen und auch einige Sorgen. Leider ging mein Arzt nicht darauf ein. Ich war nur eine von vielen Schwangeren, die zu diesem Zeitpunkt auf seiner täglichen Patientenliste standen. Und in seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Frauenarzt hatte er auch schon unzählig viele Schwangerschaften betreut – er war routiniert. Doch leider ging ihm dabei wohl irgendwann das Einfühlungsvermögen verloren.
Es ging damit los, dass er Schwangerschaftsbeschwerden wie Übelkeit und heftiges Sodbrennen nicht ernst nahm – das wären eben Dinge, die man durchmachen müsse. Deshalb gab er auch keine Tipps zu Hausmitteln geschweige denn möglichen Medikamenten. Stattdessen verunsicherte er mich mit Informationsbrocken zu anderen Symptomen und Untersuchungen und verwies mich auf Internetseiten, auf denen ich mich ja weiter darüber informieren könne. Außerdem verschrieb er mir ein Progesteronmittel, wies mich aber nicht darauf hin, dass man dieses dem geschundenen Magen zuliebe nicht schlucken muss, sondern auch vaginal einnehmen kann – diese Info habe ich mir schließlich er-googelt. Dafür drückte er mir beim nächsten Termin verschiedene Flyer für pränatal-diagnostische Untersuchungen in die Hand, ohne mich so wirklich über die Gründe dafür, die Abläufe und die potentiellen Ergebnisse aufzuklären. Er ließ mich völlig allein bei der Entscheidung für oder gegen die freiwilligen Tests beziehungsweise gab er mir das Gefühl, als gehörten sie mittlerweile zur Standard-Vorsorge und man müsse darüber nicht mehr viele Worte verlieren.
So verbrachte ich die ersten 14 Schwangerschaftswochen, unter schwerstem Sodbrennen und Übelkeit leidend, damit, auf eigene Faust im Internet zu recherchieren und mir den Kopf darüber zu zerbrechen, wie der Arzt dieses und jenes gemeint haben könnte, ob ich bestimmte IGeL in Anspruch nehmen sollte und ob mit mir und meinem Kind alles in Ordnung sei. Statt über alle Maßen glücklich zu sein, war ich ein nervliches Wrack voller Angst und Zweifel.
Wichtiges Vertrauensverhältnis zwischen Frauenarzt und schwangerer Patientin
So wie Jenny machen leider immer wieder schwangere Frauen schlechte Erfahrungen mit ihrem Gynäkologen. Dabei ist das Vertrauensverhältnis zwischen einer Schwangeren und ihrem Frauenarzt so unheimlich wichtig! Schließlich geht es nicht nur um das Wohl der Mutter, sondern auch um das Wohl des ungeborenen Kindes. Als werdende Mutter muss man sich bei seinem Arzt einfach gut aufgehoben und umfassend informiert und beraten fühlen, um wichtige Entscheidungen für sich und sein Kind treffen zu können. Außerdem möchte eine werdende Mutter, so wie jeder andere Patient beim Arzt, natürlich in ihren Beschwerden und Sorgen ernst genommen werden – ihr hilft es nicht, wenn ein routinierter Arzt diese lediglich mit einem Schulterzucken als „normal“ abtut.
Doch was können Jenny und andere Betroffene in einer solchen Situation tun? Natürlich sollten sie in erster Linie das Gespräch mit dem Arzt suchen und ihn darauf hinweisen, dass sie sich mehr Aufklärung wünschen. Insbesondere, wenn der Arzt zuvor eigentlich als kompetent und sympathisch empfunden wurde, kann es durchaus sein, dass seine erfahrungsbedingte Routine im Umgang mit Schwangeren von der Patientin einfach falsch aufgefasst wird.
Grundsätzlich hat der Arzt die Pflicht zur Aufklärung über Untersuchungen und Behandlungsmethoden und zwar in verständlicher Sprache. Drückt sich der Arzt für die Patientin unverständlich aus oder fühlt sich die Patientin nicht ausreichend informiert, sollte sie ihrem Arzt dies mitteilen. Er muss sich die Zeit nehmen, alle Unklarheiten in einem persönlichen Gespräch aufzulösen.
Fühlt sich eine Schwangere bei ihrem Frauenarzt (dennoch) nicht gut aufgehoben, steht es ihr zudem frei, sich einen neuen Arzt zu suchen.
Frauenarztwechsel in der Schwangerschaft
Gesetzlich versicherte Patientinnen dürfen sich unter den niedergelassenen, an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Haus- und Fachärzten den aussuchen, zu dem sie gehen möchten. Am einfachsten ist der Wechsel zum neuen Quartal, wenn der neue Abrechnungszeitraum für die Ärzte beginnt. Doch auch innerhalb eines Quartals ist ein Facharztwechsel möglich, wenn dafür ein wichtiger Grund vorliegt, erklärt Jann Ohlendorf von der UPD Patientenberatung Deutschland gGmbH. Dazu zählt auch ein gestörtes Arzt-Patienten-Verhältnis. So viel zur Theorie.
In der Praxis sieht es allerdings so aus, dass einige Leistungen im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge durch den Frauenarzt nur einmal abrechenbar sind. Das heißt, dass der neue Frauenarzt im aktuellen Quartal manche Untersuchungen gegebenenfalls nicht mehr abrechnen kann. In Folge dessen kann er die Annahme der neuen Patientin innerhalb des vorliegenden Quartals möglicherweise verweigern. Verständlich, schließlich möchte auch der neue Arzt für seine Leistungen gerecht bezahlt werden. Grundsätzlich ist die Abrechnung beziehungsweise das Budget des Arztes jedoch kein Grund, die Behandlung eines Patienten abzulehnen, informiert der Experte der Unabhängigen Patientenberatung. Da hilft im Zweifel nur: Direkt beim neuen Wunsch-Arzt nachfragen!
Noch ein Tipp vom Experten: Beim Arztwechsel kann es hilfreich sein, eine Kopie der Patientenakte mitzubringen, sodass der neue Arzt die bisherige Behandlung nachvollziehen kann. Die Kopie können Sie beim bisherigen Arzt anfordern, gegebenenfalls fallen dabei jedoch Kosten für Sie an. Alternativ kann auch der neue Arzt die Akten von der alten Praxis anfordern.
Bei Fragen zu Patientenrechten: Individuell beraten lassen
Stecken Sie in einer ähnlichen Situation wie Jenny oder haben andere Fragen zu Ihren Patientenrechten, können Sie sich Auskunft über die UPD Patientenberatung einholen. Die telefonische Beratung der UPD steht über kostenlose Rufnummern auf Deutsch, Türkisch, Russisch und Arabisch zur Verfügung. Zudem gibt es die Möglichkeit einer Online-Beratung per E-Mail oder Online-Plattform.
Beratung in deutscher Sprache unter der Telefonnummer: 0800 011 77 22
(montags bis freitags 8 - 22 Uhr, samstags 8 - 18 Uhr)
Die Adressen der 30 Vor-Ort-Beratungsstellen sowie eine Übersicht über die 100 Städte, in denen das Beratungsmobil Halt macht, finden Sie unter www.patientenberatung.de.
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