Eine Geburt ist anstrengend und echte körperliche Arbeit. Eine große Hilfe kann der Gebärhocker sein. Doch welche Vor- und Nachteile bringt die hockende Geburt?
In Film und Fernsehen sehen Geburten immer so aus: Die Mutter liegt, mit einem Krankenhauskittel bekleidet, auf dem Rücken im Bett. Neben ihr steht ihr Mann und hält ihre Hand. An den Füßen wartet ein Arzt auf die Ankunft des Babys, eine Hebamme feuert an, im Hintergrund wuselt weiteres Krankenhauspersonal. Nach ein, zwei Mal pressen und leichtem Schnaufen ist es dann so weit: das Baby ist da.
Abgesehen davon, dass eine Geburt in der Regel deutlich länger dauert und nicht so viel Publikum im Kreißsaal ist, gibt es in der Wirklichkeit auch deutlich mehr Gebärpositionen als liegend im Bett (und hübsch geschminkt...). Eine davon ist die Hocke.
In der gehockten Geburtsposition ist die Schwerkraft deine Freundin. Auf Dauer kann die hockende Position aber ganz schön unbequem oder anstrengend werden. Darum haben die meisten Kliniken oder Geburtshäuser kleine Helferlein parat. Das können ein einfacher Stuhl, ein Pezziball oder eben einen Gebärhocker sein.
Gebärhocker – was ist das?
Der Gebärhocker hat die Form eines Hufeisens auf vier Beinen. Er hat meistens keine Lehne, sodass du dich wunderbar an deinen Partner oder deine Begleitperson lehnen kannst, die idealerweise hinter dir sitzt. Vor dir steht, kniet oder sitzt deine Hebamme.
Schon vor Hunderten von Jahren haben Frauen im Sitzen, Hocken oder Stehen entbunden. Diese Positionen wurden eigentlich "erst" vor rund 200 Jahren von der liegenden Position abgelöst.
Wie funktioniert der Gebärhocker?
Bei senkrechten Geburtspositionen spricht man von einer "aktiven" Haltung. Und das nicht ohne Grund. Denn so kannst du tatsächlich besser mithelfen, unterstützt von der Schwerkraft. In der aufrechten Haltung
- drücken dein Baby, das Fruchtwasser und die Gebärmutter mit ihrem vollen Gewicht nach unten und helfen, den Muttermund zu öffnen.
- wirkt sich die Uterusmuskulatur stärker aus, weshalb die Wehen das Baby effektiver und schneller voran schieben.
- hast du mehr Kraft zu pressen.
- kannst du besser atmen. Dadurch geht es nicht nur dir besser, auch die Plazenta wird besser durchblutet.
- ist dein Rücken, Beckenboden und Damm entlastet. Dadurch kommt es auch seltener zum Dammriss.
- kann dein Partner oder deine Begleitperson dich von hinten umfassen und stützen
Welche Nachteile hat der Gebärhocker?
Die Geburt auf dem Gebärhocker bringt kaum Nachteile mit sich. Aber:
- Durch den erhöhten Druck und das schnellere Voranschreiten der Geburt können jedoch auch die Schmerzen stärker werden.
- Außerdem ist diese Haltung auf Dauer etwas anstrengend und wird daher selten durchgehend einbehalten.
- Bei längerem Sitzen auf dem Hocker kann es zu einem Vulvaödem (Wassereinlagerung in den Schamlippen) kommen.
- Höherer Blutverlust ist möglich.
- Hebamme oder Arzt haben bei einer liegenden Gebärenden besseren Einblick in das Geschehen. Daher lassen sie dich in der allerletzten Phase der Geburt vielleicht die Position wechseln. Kommt es zu Komplikationen während der Geburt, muss du ebenfalls in eine liegende Position wechseln.
Was ist der Unterschied zum Gebärstuhl
Der Gebärstuhl ist eine weitere Hilfe bei einer aufrechten Geburtsposition. Er sieht ein bisschen aus wie ein Gynäkologischer - oder Liegestuhl mit einem verstellbaren Rückenteil und Beinstützen. Darin entbindest du nicht in so tiefer Ebene wie beim Hocker. Für einen Positionswechsel kann der Stuhl einfach verstellt werden. Während du auf einem Gebärstuhl während der Geburt besser gestützt bist, kannst du dich auf einem Hocker ohne Lehne besser bewegen und frei nach vorne oder hinten beugen.
Eine große Hilfe
Bei der Geburt meines Sohnes war ich im Bett liegend so unruhig, dass ich nicht mal liegen bleiben konnte, um ein CTG schreiben zu lassen. Der Gebärhocker war DIE Lösung. Mein Mann saß auf dem Bett hinter mir, ich konnte mich richtig in seine Umarmung fallen lassen. Auch ihm gab diese Position das Gefühl, mehr für mich tun zu können, als nur Händchen zu halten. Die Geburt ging nicht nur super schnell und komplikationslos, uns kam es vor wie richtiges gutes Teamwork (außer, dass ich vermutlich den größeren Teil der Arbeit hatte..).
Bildquelle: Getty Images / Kemal Yldirim