Vor dem Einsatz der Saugglocke bei der Geburt haben viele werdende Mamas Respekt. Schließlich haben wir wenig Einfluss auf die Umstände, die den Eingriff nötig machen. Und auch die Risiken beschäftigen viele Eltern sowie Wissenschaftler*innen. Welche Gründe es für eine Geburt per Saugglocke gibt und wie gefährlich sie wirklich ist.
- 1.Was ist eine Saugglocke?
- 2.Wann ist eine Saugglocken-Geburt notwendig?
- 3.Wann wird die Saugglocke nicht angewendet?
- 4.Wie läuft eine Saugglockengeburt ab?
- 5.Ist eine Geburt per Saugglocke gefährlich?
- 5.1.Risiken fürs Baby
- 5.2.Risiken für die Mutter
- 6.Was sind die seelischen Folgen einer Saugglocken-Geburt?
- 7.Kann man der Saugglockengeburt vorbeugen?
- 8.Was bedeutet VE bei der Geburt?
- 9.Saugglocke oder Geburtszange?
Die Saugglocke wird mittlerweile relativ selten angewendet: Etwa bei 6,5 % aller Geburten in Deutschland kommt sie zum Einsatz. Zum Vergleich: Etwa jede dritte Geburt verläuft per Kaiserschnitt. Bei der sogenannten vaginal-operativen Geburt werden Instrumente – also die Saugglocke oder seltener eine Geburtszange – verwendet, um das Baby aus dem Geburtskanal zu ziehen.
Was ist eine Saugglocke?
Die Saugglocke (auch Vakuumextraktor genannt) ist ein glockenförmiges Instrument. Sie besteht aus einer Schale, die mit einer Vakuumpumpe und einem Griff zum Ziehen verbunden ist.
Wann ist eine Saugglocken-Geburt notwendig?
Die Saugglocke kommt zum Einsatz, wenn das Baby beim Weg aus dem Geburtskanal Unterstützung von außen benötigt und kein Kaiserschnitt (mehr) möglich ist. Das ist dann der Fall, wenn das Köpfchen schon tief im Becken liegt.
Gründe für eine Saugglockengeburt
- Geburtsstillstand
- Kraftlosigkeit der Mutter
- Vorerkrankung der Mutter, die längeres Pressen verhindert
- Abnormale Herzfrequenz beim Baby
- Enger Geburtskanal
Wichtig zu wissen: Bei Mamas mit Schwangerschaftsdiabetes ist das Risiko einer Geburt per Kaiserschnitts oder per Saugglocke leicht erhöht, da ein größeres Geburtsgewicht wahrscheinlicher ist. Wie du mit deiner Ernährung gegensteuern kannst, liest du hier bei uns im Ratgeber.
Wann wird die Saugglocke nicht angewendet?
Nicht immer kommt eine Geburt per Saugglocke infrage. In folgenden Fällen wird sie nicht angewendet:
- Ungeeignete Lage des Babys, z. B. Steißlage
- Frühgeburten – hier steigt das Risiko für Hirnblutungen.
- Nicht vollständig geöffneter Muttermund
- Komplikationen, bevor die zweite Geburtsphase erreicht wurde
Wie läuft eine Saugglockengeburt ab?
Eine Saugglocken-Geburt wird nicht im Voraus geplant, vielmehr ist sie eine situationsabhängige Entscheidung, bei der Arzt/Ärztin und Hebamme die Lage von Mutter und Kind abschätzen müssen.
- Nachdem dein Arzt oder deine Ärztin dir erklärt, weshalb der Gebrauch einer Saugglocke nötig ist und welche Komplikationen auftreten können, wird die Saugglockengeburt eingeleitet.
- Wenn du nicht vorher schon eine PDA bekommen hast, wird dir ein lokales Schmerzmittel verabreicht.
- Manchmal wird ein Dammschnitt gemacht, um den Geburtskanal zu weiten und Verletzungen vorzubeugen.
- Die Harnblase wird mithilfe eines Katheters geleert, um zusätzlichen Platz im Becken zu schaffen.
- Nachdem die Lage deines Babys ertastet wurde, wird die Saugglocke durch die Vagina am Kopf des Babys angesetzt.
- Mithilfe der Glocke wird ein Unterdruck erzeugt und das Baby wird bei der nächsten Geburtswehe aus dem Geburtskanal gezogen.
Ist eine Geburt per Saugglocke gefährlich?
Viele Mütter haben Angst vor einer Saugglockengeburt. Zum einen aufgrund des empfundenen Kontrollverlusts und der Angst vor Schmerzen und Verletzungen. Dazu kommen die Sorgen, dass das Baby bleibende Schäden am Gehirn zurückbehalten könnte. Zwar wird das Risiko derzeit als gering eingeschätzt, aber die Notwendigkeit und die Spätfolgen einer Saugglockengeburt werden weiterhin erforscht.
Risiken fürs Baby
- Schwellung: Durch den Unterdruck der Glocke entsteht eine Schwellung am Kopf des Babys (Kephalhämatom genannt), die sich innerhalb der ersten beiden Tage nach der Entbindung von alleine zurückbildet. Die Kopfform des Babys verändert sich also nicht dauerhaft.
- Anpassungsschwierigkeiten: Wie bei einem Kaiserschnitt kann es beim Kind nach einer Saugglockengeburt zu Anpassungsschwierigkeiten kommen.
- Gehirnblutungen: Einer US-Studie aus dem Jahr 2023 zufolge, ist das Risiko ziemlich gering und es kommt in 1 von 650 bis 850 Geburten per Saugglocke zu kindlichen Hirnblutungen.
- Gehirntumore: Einer griechischen Studie zufolge könnte ein Zusammenhang zwischen einer Zangengeburt und einem um das Achtfache erhöhte Risiko bestehen, an einem Hirntumor zu erkranken.
Risiken für die Mutter
Auch für die Mutter kann die Geburt mithilfe einer Saugglocke Folgen haben.
- Körperliche Verletzungen: Wurde ein Dammschnitt durchgeführt, kann dieser weiter einreißen. Ohne Dammschnitt kann es durch den starken Druck zu einem Dammriss kommen. In beiden Fällen muss nach der Geburt genäht werden und die Wunde braucht mehrere Wochen, um zu heilen. Auch Scheide und Beckenboden können verletzt werden.
- Geburtstrauma: Viele Frauen benötigen Zeit und Unterstützung, um die Geburt per Saugglocke aufzuarbeiten.
Du hast Angst vor der Geburt bzw. dem Unbekannten, das auf dich zukommt? Oder nach einer Saugglockengeburt Sorgen vor der nächsten Entbindung? Im Video zeigt Hebamme Jana Friedrich, wie du dich auf deine innere Stärke fokussieren kannst. Weitere Bewältigungsstrategien findest du auch hier bei uns.
Dieses Video entstand in Kooperation mit Hebamme Jana Friedrich von Hebammenblog.de.
Was sind die seelischen Folgen einer Saugglocken-Geburt?
Geburten, in denen es zum Einsatz von Geburtshilfen kommt, verlaufen oft sehr traumatisch für die Eltern – vor allem für die Mutter. Für die Verarbeitung eines solchen Eingriffes ist es deshalb wichtig, die Gründe für den Einsatz der Saugglocke zu verstehen. Dafür hilft es, das Gespräch mit dem behandelnden Arzt bzw. der Ärztin zu suchen und dir den Geburtsbericht mitgeben zu lassen.
Beides macht die Situationen verständlicher und nimmt die Angst. Häufig kommen erst viel später noch Fragen auf, wenn die erste Zeit mit unserem Baby vorbei ist oder wir eine Folgeschwangerschaft planen.
Eine gute Nachricht: Acht von zehn Frauen, die eine Geburtshilfe hatten, haben beim nächsten Mal eine 'normale' Geburt.
Ich bin eine der acht Frauen
Nachdem bei meiner ersten Geburt erst eine überdosierte PDA und daraufhin auch die Saugglocke zum Einsatz kam, hatte ich mir fest vorgenommen, beim zweiten Mal mehr 'Herrin der Situation' zu sein. Und das hat auch geklappt.
Wohlgeraten und gesund sind übrigens beide Kinder und auch an der Kopfform könnte man nicht unterscheiden, welches der beiden per Saugglocke entbunden wurde und welches nicht.
Kann man der Saugglockengeburt vorbeugen?
Es gibt ein paar Möglichkeiten, das Risiko für den Bedarf einer Geburtshilfe zu verringern. Trotzdem ist es nicht immer möglich, eine Geburtshilfe zu vermeiden oder gar deine "Schuld", wenn sie angewendet werden muss.
Folgende Faktoren können das Risiko verringern:
- Während der Wehen eine aufrechte Position einnehmen
- Keine Epiduralanästhesie
- Mit PDA, mit dem Pressen mindestens eine Stunde warten, bis sich der Muttermund vollständig weiten kann oder man den Drang verspürt zu pressen.
Was bedeutet VE bei der Geburt?
VE steht für 'Vakuumextraktion', also eine Saugglockenentbindung. Der Abdruck der Saugglocke am Babykopf wird übrigens im Medizin-Jargon 'VE-Marke' genannt.
Saugglocke oder Geburtszange?
In seltenen Fällen wird anstatt einer Saugglocke eine Geburtszange angewendet, um die Geburt voranzutreiben. Das ist vor allem in zeitkritischen Situationen der Fall, denn eine Zangengeburt lässt sich schneller durchführen als eine Geburt per Saugglocke. Dennoch wird die Zange seltener verwendet, da sie mehr Erfahrung und technisches Geschick verlangt als die Saugglocke.
Quellen: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Statista, Vacuum Extraction - StatPearls, Nationwide Registry of Childhood Hematological Malignancies and Solid Tumors