Es passiert zum Glück nur selten, aber leider immer wieder mal: Der Geburtsvorgang stockt wegen Schulterdystokie. Was man darunter versteht, wie es zu dieser Geburtskomplikation kommt und wie Arzt und Hebamme mit diesem besonderen Notfall umgehen.
Was versteht man unter Schulterdystokie?
Bei einer Schulterdystokie verläuft die Geburt erst ganz normal, bis der Kopf des Kindes draußen ist. Dann aber klemmt sich die Schulter des Babys hinter dem Schambein der Mutter ein. Dadurch kommt es zum Stillstand der Geburt. Zum Glück geschieht das nur bei ein bis drei Prozent aller Geburten. Das Problem: Es lässt sich nicht vorhersagen, ob diese Komplikation wirklich auftreten wird.
Auch unsere familie.de-Kollegin musste sich bei ihren Schwangerschaften mit dem Thema Schulterdystokie auseinandersetzen. Weil bei ihren beiden Kindern das errechnete Geburtsgewicht über vier Kilo lag, wurde sie beim Geburtsplanungsgespräch in der Klinik vom Oberarzt auf das Risiko hingewiesen. Auch ein geplanter Kaiserschnitt stand aus diesem Grund bei beiden Schwangerschaften im Raum.
"Der Arzt hat die Gefahr einer Schulterdystokie bei mir als gering eingeschätzt, weil meine Kinder sehr proportional gebaut waren. Also haben wir uns für die natürliche Geburt entschieden, zum Glück ist ja auch immer alles gut gegangen. Aber ich musste unterschreiben, dass wir von der Klinik auf die Gefahren hingewiesen worden sind."
familie.de-Redakteurin
Warum ist die Schulterdystokie so gefährlich?
Die Schulterdystokie gehört zu den am meisten gefürchteten Komplikationen in der Geburtshilfe, weil die Sauerstoffversorgung des Babys gefährdet ist, während es festklemmt. Es muss also umgehend gehandelt werden, damit das Kind so schnell wie möglich geboren werden kann und es weiter ausreichend Sauerstoff bekommt.
Da es sich um einen geburtshilflichen Notfall handelt, werden weitere Geburtshelfer und optimalerweise auch ein Neonatologe (spezialisierter Kinderarzt für Neugeborene) dazu gerufen. Um sicher zu stellen, dass das medizinische Personal sofort weiß, was zu tun ist, gibt es in allen Krankenhäusern Ausbildungen für diesen Notfall.
Welche Faktoren erhöhen das Risiko einer Schulterdystokie?
Auch wenn man keine genauen Vorhersagen treffen kann, so gibt es doch Faktoren, die das Risiko einer Schulterdystokie erhöhen. Dazu gehören:
- Makrosomie, also Übergröße des Kindes (mehr als 4.000 g)
- Diabetes
- Schwangerschaftsdiabetes
- Übergewicht
- Frau hat ein schmales Becken
- sehr kleine Schwangere (unter 1,55 m)
- keine optimale Geburtsposition des Babys
- Geburtsunterstützung mit Saugglocke oder Geburtszange
- nach bereits aufgetretener Schulterdystokie in früheren Schwangerschaften
- bei eingeleiteten Wehen
- Schulterbreite des Babys größer als der Kopf
Neuerdings nimmt die Häufigkeit von Schulterdystokien leider etwas zu. Als mögliche Gründe vermutet man
- die steigende Zahl der Spätgebärenden
- das vermehrte Vorkommen von Gestationsdiabetes (Schwangerschaftsdiabetes)
- schwerere Kinder
Was kann man bei Schulterdystokie tun?
Die wichtigste Maßnahme im Notfall: Die Schultern des Babys müssen vom Becken der Mutter gelöst werden. Oft reicht hier schon eine einfache Veränderung der Geburtsposition aus. Ein besonders effektives Verfahren dabei ist das Gaskin-Manöver.
Namensgeberin ist Ina May Gaskin, oft auch als "Mutter der authentischen Geburtshilfe" und "berühmteste Hebamme der Welt" bezeichnet. Sie brachte bereits 1976 die Methode mit dem Vierfüßlerstand in die moderne Geburtshilfe ein.
Wenn die Schwangere in den Vierfüßlerstand geht, verändert sich durch die Stellung auch die Lage des Beckens. Der Abstand zwischen Scham- und Steißbein wird größer, die verkeilte Schulter kann sich lösen und die Geburt schreitet voran.
Ein Dammschnitt bei Schulterdystokie ist bei Fachleuten umstritten. Der Scheidenausgang wird dadurch zwar vergrößert, nicht aber der Beckeneingang.
Kann man eine Schulterdystokie verhindern?
Viel kann man nicht tun, um eine Schulterdystokie zu verhindern, da sie unvorhersehbar ist und erst während der Geburt auftritt. Im Fall einer Schwangerschaftsdiabetes aber kann schon die richtige Behandlung, eine gute Stoffwechseleinstellung und vernünftige Ernährung helfen, das Risiko einer Schulterdysokie durch Makrosomie beim Baby zu verhindern.
Bei Kindern mit hohem errechnetem Geburtsgewicht ist der sicherste Weg natürlich der Kaiserschnitt. Oft wird die OP schon im Vorfeld geplant.
Eine weitere Absicherung ist es, gut ausgebildete Ärzte und Hebammen bei der Geburt dabei zu haben. Falls eine Schulterdystokie auftritt, ist es wichtig, dass die Geburtshelfer die Anzeichen richtig deuten, schnell die richtigen Entscheidungen treffen und sofort die notwendigen Maßnahmen einleiten.
Bitte nicht verrückt machen!
Wenn du besorgt bist wegen dem Thema Schulterdystokie, dann sprich doch mal mit den Verantwortlichen in deiner Klinik darüber, wie Ärzte und Hebammen auf diese Geburtskomplikation vorbereitet sind. Im Übrigen werden die meisten Babys, bei denen eine Schulterdystokie auftritt, ohne Gefahr geboren und kommen nach einer Schulterdystokie gesund zur Welt.
Bildquelle: GettyImages/rubberball