Morgenübelkeit ist in unserer Gesellschaft schon oft ein Synonym für Schwangerschaft – tatsächlich tritt sie auch bei mehr als jeder 2. Schwangeren auf. Aber was, wenn die Schwangerschaftsübelkeit extrem wird? Eine brandneue Studie kam jetzt der Ursache näher, warum bis zu 2 % der schwangeren Mamas an schwerer Übelkeit und ständigem Erbrechen leiden. Was man gegen Hyperemesis gravidarum tun kann und woran du sie genau erkennst.
- 1.Woran erkennt man Hyperemesis gravidarum?
- 1.1.Anzeichen von Hyperemesis gravidarum
- 2.Ist Hyperemesis gravidarum gefährlich?
- 2.1.Folgen von Hyperemesis gravidarum
- 2.2.Ist Hyperemesis gravidarum gefährlich für mein Baby?
- 3.Wie wird Hyperemesis gravidarum behandelt?
- 4.Welche Ursachen hat Hyperemesis gravidarum?
- 4.1.Faktoren, die Hyperemesis begünstigen können
- 5.Wie lange hält Hyperemesis gravidarum an?
- 6.Tritt Hyperemesis gravidarum in weiteren Schwangerschaften auf?
Über 80 % der Schwangeren leiden an der sogenannten Morgenübelkeit, die in der Regel mit oder ohne Erbrechen ganztags auftritt. Auch wenn die ständige Übelkeit ganz schön schlaucht, verschwindet sie meistens nach dem ersten Trimester, spätestens nach der 20. SSW von alleine. Ein mehr oder weniger konstantes Gefühl der Übelkeit und auch mehrfaches Erbrechen kann also zu den normalen Schwangerschaftssymptomen gehören.
Allerdings sieht es bei bis zu 2 % der Schwangeren anders aus: Sie leiden an ständiger Übelkeit mit Erbrechen und können ihrem normalen Alltag nicht mehr nachgehen. Es ist wichtig, diese Symptome der Hyperemesis ernst zu nehmen und sie schnellstmöglich abklären zu lassen. Denn dass man dagegen nichts tun kann, stimmt nicht: Mittlerweile gibt es Behandlungen und Medikamente, die helfen können. Und auch die Ursachen der Hyperemesis haben Wissenschaftler*innen herausgefunden.
Woran erkennt man Hyperemesis gravidarum?
Hyperemesis gravidarum unterscheidet sich von "normaler" Schwangerschaftsübelkeit darin, dass du dich mehr als fünf mal pro Tag übergibst, sehr schlapp bist und dazu kaum Nahrung aufnehmen kannst.
Anzeichen von Hyperemesis gravidarum
- starkes Krankheitsgefühl
- großes Unwohlsein und starke Übelkeit
- häufiges Erbrechen (mehr als 5 mal am Tag)
- Gewichtsverlust (über 5 % des Körpergewichts)
- Probleme beim Essen und Trinken
- schneller Puls
Viele werdende Mamas, die an Hyperemesis gravidarum leiden, müssen sich ständig und auch mit leerem Magen übergeben – selbst nachts – und schaffen es an manchen Tagen kaum aus dem Bad. Deshalb ist Hyperemesis eine sehr ernst zunehmende Erkrankung, die im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft entsteht und die man als Betroffene kaum beeinflussen kann.
Wichtig: Wenn du dich unwohl fühlst und unter Übelkeit leidest, ist es wichtig, deine Hausärztin oder Gynäkologin aufzusuchen, auch wenn die anderen aufgeführten Symptome für Hyperemesis Gravidarum nicht auf dich zutreffen. Oder wenn du glaubst, "nur" an Morgenübelkeit zu leiden. Das ist auch wichtig, wenn du andere Symptome, wie Bauchschmerzen, hast. Hyperemesis ist eine Ausschlussdiagnose, es können auch immer andere Erkrankungen und Notfälle hinter diesen Symptomen stecken.
Ist Hyperemesis gravidarum gefährlich?
Hyperemesis kann gefährlich werden, wenn sie nicht behandelt wird. Die Krankheit wird in zwei Schweregrade unterteilt:
Grad 1 ruft ein starkes Krankheitsgefühl hervor, kann aber häufig zu Hause behandelt werden.
Bei Grad 2 der Hyperemesis-Erkrankung sind starke Auswirkungen auf den Stoffwechsel feststellbar, sodass in vielen Fällen eine stationäre Behandlung nötig ist. Deswegen ist es wichtig, dass du dich bei starkem Unwohlsein in ärztliche Behandlung begibst.
Folgen von Hyperemesis gravidarum
- starker Flüssigkeitsverlust und Mangelernährung
- Störung des Elektrolythaushalts
- niedriger Blutdruck und Kreislaufprobleme
Ist Hyperemesis gravidarum gefährlich für mein Baby?
Auch wenn es dir momentan sehr schlecht geht, bekommt dein Baby in der Regel von der schlimmen Übelkeit nichts mit und entwickelt sich gesund weiter. Wichtig ist, dass du auf eine regelmäßige Flüssigkeits- und Kalorienzufuhr achtest und dich regelmäßig ärztlich abchecken lässt. Eine langwierige Unterernährung kann dennoch die kindliche Entwicklung beeinträchtigen oder zu einem geringen Geburtsgewicht führen.
Eine unbehandelte Hyperemesis oder ein sehr schwerer Verlauf stellen eine große Gefahr für dich und dein Baby dar.
Wie wird Hyperemesis gravidarum behandelt?
In einigen Fällen kann eine stationäre Behandlung mit Elektrolytlösung nötig sein. Sie hilft dir, schneller zu Kräften zu kommen. In “leichteren”, also als nicht bedrohlich eingestuften Fällen, kann die starke Übelkeit mit einer Ernährungsumstellung und einigen Maßnahmen behandelt werden, die auch bei regulärer Schwangerschaftsübelkeit empfohlen werden. Zusätzlich kann dein Arzt oder deine Ärztin dir Medikamente verschreiben.
- fettarme und kohlenhydratreiche Ernährung
- viele kleine Mahlzeiten
- B-Vitaminreiche Nahrungsmittel wie Milch, Nüsse und Vollkorn
- zusätzliche Gabe von B-Vitaminen, besonders B6 und B12
- Ingwer
- Vermeiden von Faktoren, die Übelkeit auslösen, z. B. bestimmten Gerüchen
- Akupressur und Akupunktur
Welche Ursachen hat Hyperemesis gravidarum?
Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass eine Mehrzahl von körperlichen Faktoren für die starke Schwangerschaftsübelkeit verantwortlich sind. Eine brandneue Studie, die im Dezember 2023 erschien zeigt, dass das vom Baby gebildete Stammhirn-Hormon GDF15 starke Übelkeit in der Schwangerschaft – und somit auch Hyperemesis – auslösen kann.
Je nachdem, wie sensibel der Körper auf GDF15 reagiert, desto stärker wird auch die Übelkeit. Auch unser Körper produziert routinemäßig GDF15, allerdings ist es genetisch verschieden, in welchen Mengen. So reagieren Schwangere mit sonst sehr niedrigem GDF15-Spiegel stärker als zum Beispiel solche, die (z. B. aufgrund der Erbkrankheit ß-Thalassämie) generell größere Mengen des Hormons produzieren.
Eine Rolle scheint auch der Spiegel an HcG, also des bei der Einnistung gebildeten Gelbkörperhormons, zu spielen. Ein sehr hoher HcG-Spiegel kann starke Übelkeit auslösen. Auch die Hormone Östrogen, Progesteron und schwankende Schilddrüsenhormone scheinen beteiligt zu sein. Meist trifft bei Hyperemesis mindestens einer der folgenden Faktoren zu:
Faktoren, die Hyperemesis begünstigen können
- Mehrlingssschwangerschaften
- Übergewicht
- erste Schwangerschaft
- Stoffwechselerkrankungen (z. B. der Leber oder Schilddrüse)
- Ernährungsstörungen
- emotionale Anspannung
- starker Stress
- Depressionen
- Persönlichkeitsstörungen
Medizinische Ursache
Lange hieß es, dass Hyperemesis (und auch Schwangerschaftsübelkeit) vor allem psychisch bedingt seien, besonders Stress die Ursache sei. Natürlich helfen Ruhe, Unterstützung und Entlastung im Alltag, mit schweren Symptomen wie Hyperemesis umzugehen. Aber die neuen Studien zeigen auch deutlich, dass wir Mamas keinen wirklichen Einfluss darauf haben, ob diese Erkrankung auftritt. Und sie helfen hoffentlich auch bei der Entwicklung neuer Therapiemethoden.
Wie lange hält Hyperemesis gravidarum an?
Glücklicherweise verspüren viele werdende Mamas ab Ende des ersten oder Anfang des zweiten Trimesters eine Besserung, wenn sich der Hormonshaushalt etwas einpendelt. In manchen Fällen können die Symptome aber über viele Monate oder die ganze Schwangerschaft bis zur Geburt anhalten. Mit einer ärtzlichen Betreuuung und Behandlung lassen sich die Anzeichen oft lindern.
Tritt Hyperemesis gravidarum in weiteren Schwangerschaften auf?
Leider gibt es hier keine genaue Formel: Bei einigen Müttern tritt die Übelkeit nur in der ersten Schwangerschaft auf, bei anderen kann sie sich in Folgeschwangerschaften verschlimmern. Auch hier hilft vielleicht die Gewissheit ein wenig, dass die Übelkeit spätestens dann vorbei ist, wenn du dein Baby in den Armen hältst.
Wenn es dir etwas besser geht, kann auch Yoga helfen, mit bestimmten Symptomen leichter umzugehen. Im Video haben wir 5 Übungen aus dem Schwangerschaftsyoga, die leicht nachzumachen sind:
Wir recherchieren mit großer Sorgfalt und nutzen nur vertrauenswürdige Quellen. Die Ratschläge und Informationen in diesem Artikel ersetzen keine medizinische Betreuung durch entsprechendes Fachpersonal. Bitte wendet euch bei gesundheitlichen Fragen und Beschwerden an eure Ärztinnen, Hebammen oder Apotheker*innen, damit sie euch individuell weiterhelfen können.
Quellen: Deutsches Ärzteblatt, Embryotox, Fejzo, M., Rocha, N., Cimino, I. et al. GDF15 linked to maternal risk of nausea and vomiting during pregnancy. Nature (2023), Fejzo, M.S., Sazonova, O.V., Sathirapongsasuti, J.F. et al. Placenta and appetite genes GDF15 and IGFBP7 are associated with hyperemesis gravidarum. Nat Commun 9, 1178 (2018)