Den Kaiserschnitt kennt sicherlich fast jede von euch. Aber was ist eigentlich eine Kaisergeburt? Warum sie gar nicht so verschieden ist und nur wenige Minuten den großen Unterschied machen: So wird aus steriler Kaiserschnitt-OP ein intensives Geburtserlebnis.
Die Kaisergeburt als prägendes Familienerlebnis
Im Grunde handelt es sich bei der Kaisergeburt um einen ganz normalen Kaiserschnitt, der Eltern aber statt einer Operation ein Geburtserlebnis schenkt. Der Unterschied besteht darin, dass das Tuch, das die Mutter und die operierenden Ärzte trennt, für ein paar Minuten gesenkt wird, wenn Bauchdecke und Gebärmutter geöffnet sind. Das Licht wird gedimmt und der Arzt holt das Baby langsam aus dem Bauchraum.
Erst kommt das Köpfchen zum Vorschein, dann die Schultern und der Körper, fast so, wie bei einer natürlichen Geburt. Mutter und Vater haben so den allerersten Blickkontakt mit ihrem Kind. Sie können direkt miterleben, wie es den ersten Schrei macht, sehen sofort, wie das Baby aussieht, wenn es aus dem Bauch kommt. Während das Tuch wieder gehoben wird und die Ärzte weiterarbeiten, liegt das Kind sofort auf der Brust der Mutter und der Vater kann sogar die Nabelschnur durchtrennen, wenn er möchte.
Glücksgefühl für Mutter und Kind
Von dem Glücksgefühl, das sich bei diesem Erlebnis einstellt, profitieren Mutter und Kind noch lange nach der Geburt: Der unmittelbare Blick- und Hautkontakt zwischen Mutter und Kind lassen die Glückshormone bei beiden sofort ansteigen und stärken die Mutter-Kind-Bindung. Das erleichtert nicht nur die Genesung der Mutter im Wochenbett, sondern auch die Stillphase und die Rückbildung. Bei Müttern tauchen seltener psychische Probleme wie Niedergeschlagenheit und Übelkeit als Folgen des Kaiserschnitts auf. Bei Kindern kann man beispielsweise einen positiven Effekt auf die Sprachbildung erwarten, da der erste Schrei gleich von der Mutter beantwortet werden kann.
Kein Zweifeln mehr: Ist das wirklich mein Kind?
Die Zeiten, in denen bei einem Kaiserschnitt das Baby erst einmal weggebracht, gebadet und dann fertig angezogen auf die Brust der Mutter gelegt wird, sind damit vorbei. Kein Zweifeln mehr: Ist das wirklich mein Kind, das mir da gebracht wird? Der natürliche Vorgang bei einer Spontangeburt, das Miterleben, wie das Kind aus dem eigenen Bauch kommt, wird von vielen Müttern nach einem Kaiserschnitt vermisst.
Negative Nebenwirkungen gibt es bisher keine. Viele Mütter haben Bedenken, sie könnten sich selbst in den geöffneten Bauchraum sehen, oder dass das Baby voller Blut ist. Aus der Perspektive der Mutter ist aufgrund der Bauchwölbung der Schnitt jedoch gar nicht zu erkennen. Und Blut ist auch keines zu sehen – nur das Baby. Die sterile OP-Umgebung, die durch das Tuch zwischen Patient und Operationsteam gewährleistet wird, ist mit der kurzen Unterbrechung der Barriere zwischen steriler und nicht-steriler Umgebung nicht nennenswert gefährdet.
Bisher konnte dadurch keine erhöhte Infektionsgefahr festgestellt werden. Im Gegenteil, Mütter waren nach einer Kaisergeburt sogar weniger infektionsanfällig als bei einer herkömmlichen Kaiserschnitt-Operation. Sogar anwesende Väter fallen bei der Kaisergeburt nicht so schnell in Ohnmacht wie sonst.
Revolution oder Lifestyle-Schnickschnack?
Erfunden hat der Brite Nick Fisk die Methode 2008 in Australien, in Deutschland eingeführt hat diese sanfte Variation des Kaiserschnitts Professor Wolfgang Henrich, Direktor der Geburtsmedizin der Charité in Berlin. Seit dem Sommer 2012 wurden bereits etliche Kaisergeburten durchgeführt, inzwischen wird die Methode auch in anderen Geburtskliniken erfolgreich praktiziert.
Dennoch wird auch Kritik laut. Der Deutsche Hebammenverband sieht die Kaisergeburt als Lifestyle-Schickschnack und nicht als Geburtshilfe, und befürchtet, dass mit dieser sanften Methode die Operation dabei verharmlost und der ohnehin bereits bestehende Trend zum Kaiserschnitt noch verstärkt wird.
In den letzten 15 Jahren ist der Anteil der Kaiserschnitte im Vergleich zu Spontangeburten in Deutschland von 18 auf über 30 Prozent gestiegen. Kritisiert wird auch, dass die Vor- und Nachteile dieser Geburt noch nicht wissenschaftlich erforscht sind. Dies soll aber an der Berliner Charité nun mit zwei Doktorarbeiten geschehen.
Sicher ist und bleibt auch die Kaisergeburt letztlich eine große invasive Operation – doch möglicherweise sprechen die große Anzahl positiver Erfahrungen von Geburtshelfern und Wöchnerinnen, die von ihrer Kaisergeburt schwärmen, für einen Bruch mit der Tradition.
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