Ist mein Baby gesund? Eine Frage, die uns Eltern in der Schwangerschaft besonders belastet. Mithilfe der pränatalen Diagnostik lassen sich viele Krankheiten bereits im Mutterleib erkennen. Eine genaue Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten gibt es aber nicht immer. Welche Formen der Pränataldiagnostik es gibt – und wann sie sinnvoll sind.
Unter den Begriff Pränataldiagnostik fallen alle Untersuchungen im Mutterleib, die nicht in die gesetzliche Schwangerenvorsorge fallen. Sie werden von Frauenärzt*innen und Zentren für pränatale Diagnostik als Zusatzleistungen zum regulären Ultraschall für Schwangere angeboten. Dabei reichen die pränatalen Untersuchungen von nicht-invasiven Ultraschalls und Tests zu invasiven Eingriffen, die ein Risiko für eure Schwangerschaft bedeuten können. Bei dringenden medizinischen Gründen werden die Kosten für pränatale Tests von den Krankenkassen übernommen.
Welche Gründe für pränatale Untersuchungen gibt es?
Mithilfe der pränatalen Diagnostik lassen sich Auffälligkeiten, die im Ultraschall aufgetreten sind, genauer untersuchen. Im Vordergrund der Untersuchungen steht es dabei, Entwicklungsprobleme eures Babys schnell zu erkennen. So können sie im besten Fall noch vor der Geburt behandelt werden. Auch Behandlungen nach der Geburt lassen sich so im Vorhinein planen, z. B. wenn euer Baby ein Organleiden hat. Auch wenn ihr genetische oder körperliche Risikofaktoren habt, lassen sie sich vielleicht abklären.
Gründe für Pränataldiagnostik:
- Risikoschwangerschaft
- Planung einer Risikogeburt
- Ausschluss von Erbkrankheiten
- familiäre Vorgeschichte von Fehlentwicklungen
Viele Eltern entscheiden sich für die Pränataldiagnostik, um Gewissheit zu haben, dass ihr Baby gesund ist. Zwar lassen sich manche Krankheiten ausschließen. Leider wirft die Pränataldiagnostik aber oft mehr Zweifel und Fragen auf, als sie Sicherheit gibt. Und oft überschlagen sich bei auffälligen Befunden die Ereignisse und Empfehlungen. Deshalb ist es wichtig, dass ihr euch im Vorhinein mit möglichen Ergebnissen auseinandersetzt. Und überlegt, ob ein Schwangerschaftsabbruch für euch infrage kommt.
Welche Methoden der Pränataldiagnostik gibt es?
Es gibt nicht-invasive und invasive Methoden der Pränataldiagnostik. Ultraschall- und Blutuntersuchungen gelten als nicht-invasiv und stellen in der Regel kein gesundheitliches Risiko für Mama und Baby dar. Hierzu zählt auch die Feindiagnostik. Eine genaue Diagnose lässt sich bei non-invasiven Untersuchungen dafür häufig nicht stellen. Dazu kommt, dass nicht alle Fehlbildungen und Krankheiten erkennbar sind. Somit sind diese Tests nur eine Risikoeinschätzung und keine endgültige Diagnose.
Invasive Methoden sind Behandlungen, bei denen Proben aus der Fruchtblase oder vom Embryo entnommen werden. Sie erhöhen das Risiko einer Fehlgeburt, aber geben häufiger die Möglichkeit einer Diagnose. Manche Krankheiten können auch sehr sicher diagnostiziert werden.
Nicht-Invasive Methoden der Pränataldiagnostik
Ultraschall (Sonografie)
Zu den routinemäßigen Vorsorgeuntersuchungen, die im Mutterpass vorgesehen sind, gehören drei ärztliche Kontrollen mit dem Ultraschall. Besonders der erste (zwischen der 9. SSW und 12. SSW) und der zweite Ultraschall (zwischen der 19. SSW und 22. SSW) können Wachstumsstörungen, mögliche Behinderungen oder Fehlbildungen wie Herzfehler oder einen offenen Rücken feststellen. Bei der dritten Ultraschalluntersuchung um die 29. SSW werden nochmals die Entwicklung des Ungeborenen, die Fruchtwassermenge und die Lage des Kindes überprüft.
Doppler-Sonografie
Bei Verdacht auf ein Organleiden kann mithilfe der Doppler-Sonografie ihre Funktion überprüft werden. Mithilfe des Dopplers wird der Blutfluss in bestimmten Gefäßen sichtbar gemacht. Anhand der Richtung und auch der Geschwindigkeit der Durchblutung lässt sich so auch auf bestimmte Krankheiten des Babys schließen, die seine Organe beeinträchtigen.
Ersttrimester-Screening
Ab der 11. SSW kann der Frauenarzt das sogenannte Ersttrimester-Screening vornehmen. Dabei kombiniert er verschiedene nicht-invasive Untersuchungsmethoden. Im Zentrum dieses Screenings steht die Messung der Nackentransparenz (NT) des Fötus. Bei einigen Chromosomenveränderungen, etwa Trisomie 21, aber auch einiger Herz- und anderer Fehlbildungen, staut sich in der Nackenregion vermehrt Flüssigkeit. Diese ist im Ultraschallbild deutlich erkennbar. Zusätzlich misst der Frauenarzt Eiweiß- und Hormonwerte im mütterlichen Blut. Auch Daten über die Schwangere werden berücksichtigt:
- Alter
- ethnische Herkunft
- Diabetesrisiko
- Rauchen
- Fruchtbarkeitsbehandlung
Eine spezielle Software errechnet aus diesen Daten und den Testergebnissen dann eine Zahl, die als „Gesamtrisiko des Kindes“ bezeichnet wird. Dennoch geben diese Tests nur eine Risikoeinschätzung und keine endgültige Diagnose.
Triple-Test
Der Triple-Test ist ein Bluttest, bei dem das Blut der Schwangeren auf bestimmte Hormone und Eiweiße untersucht wird. Mit ihm lässt sich ggf. eine Amniozentese vermeiden, weil er bestimmte Marker für Chromosomenstörungen und Neuralrohrdefekte aufzeigen kann. So lässt sich die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der Downsyndrom oder Spina bifida bei eurem Baby auftritt. Der Triple-Test wird daher häufig als Ausschluss-Verfahren genutzt.
Habt ihr eine höhere Wahrscheinlichkeit auf ein Baby mit Trisomie 21 aufgrund eures Alters, kann ein unauffälliger Triple-Test ggf. eine Amniozentese unnötig machen. Ein sicheres Ergebnis bekommt ihr jedoch nicht: Bei einem unauffälligen Triple-Test kann die Trisomie-21-Wahrscheinlichkeit z. B. bei 1:3000 liegen, bei einem auffälligen Test bei 1:100, also einem Prozent.
Invasive Methoden der Pränataldiagnostik
Chorionzottenbiopsie
Bei der Chorionzottenbiopsie wird eine dünne Hohlnadel durch die Bauchdecke (manchmal auch die Scheide) eingeführt, um Gewebezellen zu entnehmen, aus denen sich später die Plazenta entwickelt. Im Labor werden sie auf Chromosomenveränderungen untersucht. Da diese Gewebeprobe das gleiche Erbgut trägt wie das Baby, können Erbkrankheiten oder genetische Erkrankungen sehr gut diagnostiziert werden. Das Ergebnis liegt nach zwei bis sieben Tagen vor. Wie bei jedem invasiven Eingriff steigt auch bei der Chorionzottenbiopsie leider das Fehlgeburtsrisiko. Zumindest ist die Statistik eher beruhigend: Nur bei etwa ein bis zwei Prozent der Eingriffe kommt es zu einer Fehlgeburt.
Amniozentese
Die Amniozentese ist eine Fruchtwasseruntersuchung, bei der eine Hohlnadel durch die Bauchdecke in die Fruchtblase eingeführt wird. Die Untersuchung kann ab der 14. SSW durchgeführt werden. Bei der Entnahme von Fruchtwasser werden Zellen vom Baby aufgefangen, die auf Chromosomenveränderungen und Erb- und Stoffwechselkrankheiten untersucht werden.
Bis zum Testergebnis kann es drei Wochen dauern, weil vor der Chromosomen-Untersuchung erst Gewebekulturen angesetzt werden müssen. Nach einer Amniozentese können leichte Wehen und Blutungen auftreten. Das Fehlgeburtrisiko liegt aber nur bei 0,5 bis 1 Prozent.
Schwangere, die diese lange Wartezeit als zu belastend empfinden, können den sogenannten FISH-Schnelltest wählen, bei dem das Ergebnis der Amniozentese schon nach wenigen Tagen vorliegt. Das Ergebnis ist aber unsicherer und die Kosten höher.
Pränatale Diagnostik und auffälliger Befund
Für pränatale Diagnostik entscheiden wir uns meist in der Hoffnung, dass dabei nichts Besorgniserregendes entdeckt wird. Deshalb ist es ein riesiger Schock, wenn die erhoffte Entwarnung ausbleibt.
Ein auffälliges Untersuchungsergebnis muss aber lange nicht bedeuten, dass euer Kind wirklich krank ist. Vor allem bei den nicht-invasiven Untersuchungen im ersten Schwangerschaftsdrittel kommt es immer wieder zu falschen Ergebnissen. Deshalb ist es wichtig, einen klaren Kopf zu behalten. Lasst euch das Laborergebnis genau erklären.
Ein weiteres Problem: Bei diesen Untersuchungen wird nur eine Wahrscheinlichkeit berechnet. Es kann noch gar keine eindeutige Diagnose gestellt werden. Dabei gilt aus medizinischer Sicht schon eine geringe Wahrscheinlichkeit als „auffällig“.
Erst wenn sich in weiteren Tests der Verdacht auf eine Fehlbildung oder Krankheit erhärtet, stehen die wichtigen Entscheidungen an. Dabei werdet ihr nach der Diagnose nicht alleine gelassen. Eure Ärzt*in wird euch über die nächsten Schritte beraten und kann euch wichtige Ansprechpartner vermitteln, z. B. eine psychosoziale Beratung.
Vorteile der pränatalen Diagnostik
In manchen Fällen kann eine frühe Diagnose das Leben eines Babys retten. Denn bestimmte Fehlbildungen und Krankheiten lassen sich bereits im Mutterleib behandeln. Organleiden, z. B. Herzfehler können nach der Geburt ohne Zeitverlust sofort operiert werden und somit die Überlebenschancen deutlich erhöhen. Gleichzeitig können wir Eltern uns emotional, organisatorisch und ggf. auch finanziell auf die Zeit nach der Geburt vorbereiten.
Viele Schwangere, die zu einer Risikogruppe zählen, sehen die Möglichkeiten der pränatalen Diagnostik als Segen an. Denn im Idealfall bringen die Untersuchungen Gewissheit, ein gesundes Kind in sich zu tragen.
Nachteile der pränatalen Diagnostik
Auch die genauesten Untersuchungen geben uns keine 100-prozentige Gewissheit, ob unser Baby gesund auf die Welt kommen wird. Kein Test der pränatalen Diagnostik kann das leisten, egal wie ausgefeilt die Methoden auch sein mögen. Häufig erleben betroffene Eltern die Schwangerschaft durch einen Filter oder möchten keine Beziehung mit ihrem Kind aufbauen.
Jeder pränatale Test kann dabei die Entscheidung für das Kind neu infrage stellen und stellt damit eine unglaubliche Belastung für die Eltern dar - egal, wie das Ergebnis am Ende ausfällt.
Gleichzeitig stehen beim Thema pränatale Diagnostik auch ethische und religiöse Fragen im Raum. Darf überhaupt jemand entscheiden, wann ein Leben lebenswert ist oder nicht? Wichtig ist also, dass wir als Eltern mit uns selbst im Reinen sind, bevor wir uns auf die Untersuchungen einlassen.
Anlaufstellen für Eltern
Eine fachkräftige Beratung und Begleitung kann euch in dieser Zeit große Unterstüzung geben. Neben der medizinischen Beratung durch pränataldiagnostische Zentren könnt ihr euch an folgende Stellen wenden:
- lokale Schwangerenberatung (z. B. über pro familia)
- Hebammen, etwa über den Deutschen Hebammenverband
- humangenetische Beratung
- Elternverbände wie den Bundesverband zur Begleitung von Familien vorgeburtlich erkrankter Kinder e.V. (bfvek)
Mein Fazit
Wie die meisten Eltern stehe ich dem Thema Pränataldiagnostik mit gemischten Gefühlen – und großer Ehrfurcht – gegenüber. Es ist wichtig, zu unterscheiden, aus welchen Gründen wir uns für oder gegen pränatale Tests entscheiden. Und welche Auswirkungen das Ergebnis für uns haben könnte.
Bildquelle: Getty Images/nensuria