Kann das wirklich sein? Deine Periode bleibt aus, du hast eindeutige Schwangerschaftsanzeichen – aber die Schwangerschaft lässt sich medizinisch nicht bestätigen. Wenn der Schwangerschaftstest negativ bleibt, kann es sich um eine Scheinschwangerschaft handeln. Dennoch sind die Symptome echt – und eine Behandlung umso wichtiger. Denn der Schmerz einer Scheinschwangerschaft ist meist enorm.
Was ist eine Scheinschwangerschaft?
Wenn alle Anzeichen darauf hindeuten, aber keine Schwangerschaft vorliegt, spricht man von einer Scheinschwangerschaft. Die Kondition – auch Phantomschwangerschaft genannt – ist sehr selten. Betroffene leiden verständlicherweise sehr stark darunter, nicht wirklich schwanger zu sein, während der Körper eine andere Realität vorgibt. In der Regel spielen komplexe psychische Ursachen eine Rolle, die sich auf biologische Prozesse im Körper auswirken. Medizinisch spricht man auch von einer Pseudocyesis, Graviditas imaginata oder Pseudogravidität – was zeigt: Es handelt sich um ein reales Befinden, das dir niemand absprechen kann.
Auch, wenn deine Schwangerschaft nicht bestätigt werden kann, ist deine Erfahrung dennoch echt: Die Unterstützung deiner Frauenärztin ist jetzt umso wichtiger, sie kann dich in körperlichen Symptomen betreuen und über psychologische Unterstützung beraten, mit deren Zusammenarbeit die Behandlung am erfolgreichsten ist.
Woran erkenne ich eine Scheinschwangerschaft?
Die Symptome einer Scheinschwangerschaft unterscheiden sich zunächst nicht von denen einer Schwangerschaft:
- ausbleibende Periode
- Morgenübelkeit
- geschwollene, schmerzende Brüste
- sensible Brustwarzen
- wachsender Bauch
- Müdigkeit
- häufiger Harndrang
In einigen Fällen fangen die Brüste an, Muttermilch zu produzieren. Manche Frauen haben das Gefühl, Kindsbewegungen im Bauch wahrzunehmen. Oft liegt eine hormonelle Störung vor, sodass auch eine erhöhte Konzentration des Gelbkörperhormons Progesteron, des Stillhormons Prolaktin sowie Östrogen im Blut nachweisbar ist.
Erkennen lässt sich eine Scheinschwangerschaft eindeutig an einem negativen Schwangerschaftstest, wenn sich das Schwangerschaftshormon HcG also nicht nachweisen lässt. Und daran, dass auch im Ultraschall kein Baby zu sehen ist.
Dr. med. Christian Albring, ehem. Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, dazu:
"Als sicheres Schwangerschaftszeichen gilt nur der positive Schwangerschaftstest und ein Ultraschallnachweis. Das Ausbleiben der Menstruationsblutung bei einem ansonsten regelmäßigen Zyklus, Veränderungen an Gebärmuttermund und Gebärmutter, die bei der frauenärztlichen Untersuchung oft bereits kurz nach dem Ausbleiben der planmäßigen Monatsblutung festgestellt werden können, deuten nur darauf hin."
Welche Ursachen hat eine Scheinschwangerschaft?
Meist führt eine komplexe Kombination aus psychischen und körperlichen Ursachen zu einer Scheinschwangerschaft:
Psychische Ursachen
Der Auslöser ist überwiegend ein großer, unerfüllter Kinderwunsch. Diese Belastung kann zu einer sogenannten Wunschneurose führen. Seltener ist die extreme Angst vor einer Schwangerschaft der Auslöser, die dann als Angstneurose bezeichnet wird.
In beiden Fällen kann der folgende enorme Stress körperliche Symptome auslösen und den Hormonhaushalt beeinflussen. Auch manche Medikamente, die bei psychischen Erkrankungen eingesetzt werden, können den Hormonspiegel der Schwangerschaftshormone weiter in die Höhe treiben – und die Symptome noch verstärken.
Schmerzliche Ereignisse wie eine Fehlgeburt oder Verluste im Familien- und Freundeskreis können eine Scheinschwangerschaft auslösen, denn der weibliche Zyklus hängt eng mit unserer Psyche zusammen.
Hinweis: Wenn ihr oder eine nahestehende Person gefährdet ist und ihr nicht weiter wisst, steht euch das Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe zur Verfügung. Ihr erreicht es unter 0800 / 33 44 533. In Notfällen, z. B. bei drängenden und konkreten Suizidgedanken zögert nicht, euch an die nächste psychiatrische Klinik oder den Notarzt unter der Telefonnummer 112 zu wenden.
Körperliche Ursachen
Frauen, die vermuten, sie seien schwanger, missdeuten oft andere körperliche Vorkommnisse oder Veränderung wie Blähungen, Darmbewegungen, Bauchwassersucht oder Fetteinlagerungen. Das Absetzen der Pille kann die Symptome verstärken: Die Begleiterscheinungen und das Einpendeln des Zyklus kann Symptome hervorrufen, die auf eine Schwangerschaft deuten.
Auch Krankheiten, z. B. eine Zyste am Eierstock, und Medikamente, die in den Hormonhaushalt eingreifen, können solche Symptome auslösen und den Verdacht auf die Schwangerschaft verhärten.
Das gegenteilige Phänomen einer Scheinschwangerschaft, eine verdrängte Schwangerschaft, wird häufig ebenso durch psychische Gründe ausgelöst.
Die Rolle der Gesellschaft
Scheinschwangerschaften sind selten und komplex, aber betreffen Frauen weltweit und schon seit Jahrhunderten. Sie sind stark an gesellschaftliche Erwartungen und Vorurteile gekoppelt, die durch ihre (fehlende) Fruchtbarkeit für Frauen entstehen. So war Maria Stuarts "eingebildete" Schwangerschaft die erste der Geschichte, die dokumentiert wurde. Dazu treten jährlich weltweit mehrere Fälle auf – die für die Frauen nicht selten bis zum Termin der Geburt führen, welche dann schmerzlicher Weise ausbleibt. Deshalb ist es wichtig, die Ursachen nicht nur im persönlichen Bereich zu sehen.
Scheinschwangerschaft und positiver Schwangerschaftstest?
Bei einer Scheinschwangerschaft bleibt der Test negativ. Kommt es bei dir vor, dass der Schwangerschaftstest positiv ist, aber bei der Ultraschalluntersuchung kann kein Embryo in der Gebärmutter gefunden werden kann, deutet das auf eine andere Diagnose hin. Meist liegt eine Eileiterschwangerschaft oder ein Windei vor.
Dr. med. Christian Albring erklärt: "Wenn der Schwangerschaftstest aus dem Blut deutlich und anhaltend positiv ist, aber in der Gebärmutter kein Embryo gefunden werden kann, dann muss mittels der Ultraschalluntersuchung ausgeschlossen werden, dass sich das befruchtete Ei in den Eileitern oder in der Bauchhöhle eingenistet hat."
Wie wird eine Scheinschwangerschaft behandelt?
Ein negativer Schwangerschaftstest oder ein negativer Befund bei der Ultraschalluntersuchung kann erste Gewissheit verschaffen, dennoch ist eine weiterführende Behandlung und Therapie entscheidend. Denn leiden Frauen an einer Scheinschwangerschaft, leidet auch ihre Seele mit – und das Loslassen ist in solch einer Situation unfassbar schwer.
Die Behandlung einer Scheinschwangerschaft ist komplex und muss weiterhin untersucht werden. Bestehende Studien zeigen aber, dass eine psychologische Beratung ein wichtiger Schritt ist. Auch kann die Behandlung der psychischen Belastung dabei helfen, körperliche Beschwerden zu lindern und die Erfüllung des Kinderwunsches zu erleichtern.
Auch und besonders eine "unechte" Schwangerschaft ist ein großer Verlust. Im Video findest du Hilfestellungen, die vielleicht den Umgang damit etwas erleichtern:
Wir recherchieren mit großer Sorgfalt und nutzen nur vertrauenswürdige Quellen. Die Ratschläge und Informationen in diesem Artikel ersetzen keine medizinische Betreuung durch entsprechendes Fachpersonal. Bitte wendet euch bei gesundheitlichen Fragen und Beschwerden an eure Ärztinnen und Ärzte, Hebammen oder Apotheker*innen, damit sie euch individuell weiterhelfen können.
Quellen: Berufsverband der Frauenärzte e.V., Biopsychosocial view to pseudocyesis: A narrative review, A Comprehensive Review of Pseudocyesis and its Associated Psychiatric Disorders, The science of phantom pregnancies: a very real—and very rare—condition (National Geographic)