Schwanger und selbst noch ein Kind: Teenieschwangerschaften werden zwar seltener, kommen aber dennoch vor. Eltern und Kind kann das den Boden oder den Füßen wegziehen. Wieso sich manche Minderjährigen bewusst für eine Schwangerschaft entscheiden und wo es Hilfe gibt.
“Mama, Papa – ich bin schwanger”. Ein Satz, der plötzlich alles verändert – sowohl für den schwangeren Teenager als auch für seine Eltern. In so jungen Jahren die Verantwortung für ein eigenes Baby zu übernehmen, heißt schlagartig erwachsen zu werden. Schule und Ausbildung plus Kindererziehung – eine Herausforderung, mit der selbst ältere, erfahrene Frauen, die fest im Leben stehen, zu kämpfen hätten. Doch die Ausbildung hinten anzustellen, erhöht das Armutsrisiko immens: Die Chance, später einen qualifizierten Beruf auszuüben und somit finanziell für sich und das Kind zu sorgen, würde so ins Unmögliche rücken. Die meisten jungen Schwangeren erkennen dieses Risiko und stehen am Rande der Verzweiflung.
Den Eltern der Schwangeren geht es da nicht anders: Schließlich ist das Kind gerade aus dem Gröbsten raus – und schon sollen sie die nächste verantwortungsvolle Aufgabe als Großeltern übernehmen? Jahrelang haben sie sich um ihre Tochter gekümmert und versucht, die richtigen Weichen für das Leben zu stellen. Mit einem Mal scheint es, als sei der Zug vollkommen entgleist. Wut, Verzweiflung, Scham: Die Palette der Emotionen ist groß.
Etwa 4.000 Teeniemütter pro Jahr
Teenieschwangerschaften sind in Deutschland immer seltener, die Zahl der minderjährigen Mütter sinkt seit Jahren: So lag der Anteil der Neugeborenen mit einer Mutter unter 18 laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2002 noch bei 1,1 %, 2017 nur noch bei 0,5 %. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung liegt das vor allem daran, dass Jugendliche heute ein stärkeres Bewusstsein für Verhütung haben. 2001 gaben 12 % der Mädchen an, dass sie beim ersten Mal nicht verhütet hätten, 2014 waren es 8 %. Doch auch wenn 0,5 % Teeniemütter wenig klingt: Es sind immer noch über 4.000 Babys, die von Minderjährigen auf die Welt gebracht werden.
Raus aus der Perspektivlosigkeit – dank Schwangerschaft?
Auch wenn Jugendliche heutzutage besser verhüten: Mangelhafte Verhütung ist dennoch der Hauptgrund für Teenagerschwangerschaften. Verhütungspannen passieren Jugendlichen schließlich genauso wie Erwachsenen, nur dass hier die Häufigkeit durch Unwissenheit über die korrekte Anwendung und mangelndes Bewusstsein über die Wichtigkeit von Verhütungsmitteln verstärkt wird. Im Teenageralter spielen Partys und Alkohol eine wichtige Rolle. Junge Menschen wollen Grenzen austesten und Erfahrungen sammeln. Da kommt schnell Leichtsinn ins Spiel: Was soll bei dem einen Mal schon passieren? Die eine vergessene Pille wird schon nicht so schlimm sein ...
Neben Verhütungspannen gibt es aber auch Mädchen, die eine Schwangerschaft bewusst provozieren – in der Hoffnung, die Lebenssituation damit verbessern zu können. Sie sehen das Mutterwerden als Chance, Problemen in der eigenen Familie oder in der Schule zu entkommen. Sie möchten selbstständig und erwachsen sein – ohne sich darüber im Klaren zu sein, was das alles eigentlich bedeutet. Dass das Leben mit einem Baby noch komplizierter und schwieriger wird als ohne, ist ihnen dabei nicht bewusst. Ein weiterer Grund für eine gewollte Schwangerschaft kann auch sein, den Freund halten zu wollen. Verzweifelte Mädchen sehen in einem Baby einen Beziehungsretter. Was es natürlich nicht ist.
Minderjährig Schwanger: Wie geht es jetzt weiter?
Ob ungewollt oder geplant: Die meisten schwangeren Teenager entscheiden sich für eine Abtreibung. Sie realisieren, welche große Verantwortung ein Baby mit sich bringt und dass sie mit Schule und Berufsausbildung selbst noch große Aufgaben vor sich haben. Außerdem möchten sie nicht auf ihre Jugend verzichten.
Doch auch, wenn eine Schwangerschaft in jungen Jahren hart ist, so ist es dennoch kein Ding der Unmöglichkeit, das Kind zur Welt zu bringen und die neue Lebenssituation absolut positiv zu meistern. Nur weil ein Mädchen noch jung ist, heißt das nicht automatisch, dass sie eine schlechte Mutter ist. Für minderjährige Schwangere gibt es viele Unterstützungsangebote, niemand wird in so einer Situation alleine gelassen.
Auch wenn die Schwangeren noch minderjährig sind, liegt die Entscheidungsgewalt für oder gegen das Baby bei ihnen selbst. Wie jede andere Schwangere müssen sie Beratungsangebote wahrnehmen und sich Bedenkzeit nehmen, um ihre Entscheidung zu reflektieren. Auch muss von einem Arzt bescheinigt werden, dass sie geistig in der Lage sind, verantwortungsbewusst über ihr Leben zu entscheiden. Aber sie entscheiden letzten Endes selbst, auch wenn das für Eltern sehr schwer sein kann: Eine minderjährige Schwangere kann sich gegen den Willen der Eltern entscheiden, ob sie das Baby zur Welt bringen möchte oder nicht. Das Nötigen zu einer Abtreibung ist sogar strafbar.
Vorwürfe bringen niemandem etwas
Auch wenn Eltern gerne das Zepter für die schwangere Tochter in die Hand nehmen möchten, so müssen sie sich in diesem Punkt etwas zurücknehmen und besser versuchen, ihr beratend und unterstützend zur Seite zu stehen. Das kann ganz schön schwer sein: Oft ist der Kopf voll von Vorwürfen und Wut. Doch Vorwürfe sind das letzte, was dem Kind entgegengebracht werden sollte – die macht sich die Tochter in der Regel schon selbst mehr als genug. Dazu kommen kritische Kommentare von Klassenkameraden, Lehrern oder Freunden.
Natürlich sind Eltern erst einmal schockiert, verzweifelt und neigen so zu verletzenden Aussagen. Und das ist verständlich, schließlich sind sie blind vor Sorge. Trotzdem sollte nach dem anfänglichen Schockzustand versucht werden, möglichst positiv auf die Sache zu blicken: Verständnisvolle Eltern, die ihrer jungen Schwangeren hilfsbereit zur Seite stehen, machen es ihr möglich, sich nicht nur als Opfer der Umstände zu sehen – sie ermöglichen es, die Situation mit einem klaren Kopf anzunehmen und so kluge Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Entscheidet sich die Schwangere für ihr Baby, sollten Eltern versuchen, hinter ihrer Tochter zu stehen – sowohl moralisch als auch finanziell und und mit viel Zeit. Vielleicht ist es möglich, das zukünftige Großelterndasein so weit auszudehnen, dass sie zur Anfangszeit die Betreuung des Kindes übernehmen. So kann die junge Mutter ihren Schulabschluss und ihre Ausbildung fertig machen, auf eigenen Beinen stehen und ihre eigene Zukunft mit Kind absichern. Während der Schwangerschaft sollte in aller Ruhe gemeinsam geplant werden, welche zeitlichen und finanziellen Ressourcen aufgebracht werden können, um Tochter und Enkelkind zu stärken.
Auch wenn die Situation für manche Eltern nur schwer zu akzeptieren ist: Eltern von Teeniemüttern sind gesetzlich dazu verpflichtet, ihrem Kind jede notwendige Unterstützung zu geben. Drohungen wie das Kind “rauszuschmeißen” sind im Falle einer Schwangerschaft sogar strafbar.
Mutter-Kind-Heime und Jugendamt helfen
Sind Eltern nicht in der Lage, der jungen Schwangeren beiseitezustehen, gibt es spezielle Mutter-Kind-Heime, in die sie noch während der Schwangerschaft einziehen kann. In solchen Wohngruppen treffen Frauen, die in der gleichen Situation sind, aufeinander und werden von Fachpersonal betreut. Gemeinsam können sie so Schwangerschaft, Geburt und die ersten Monate danach durchstehen. Nach der Geburt kann das Baby dort betreut werden und die Mutter so ihre Ausbildung abschließen.
Eine weitere wichtige Anlaufstelle für minderjährige Schwangere sind Jugendämter. Hier können sie neben tiefgehenden Beratungsgesprächen zu persönlichen Umständen und Perspektiven unter Umständen auch finanzielle Hilfe bekommen. Die Beratung ist kostenlos. Schon während der Schwangerschaft kann und sollte eine solche Beratung in Anspruch genommen werden. So können rechtzeitig alle wichtigen Fragen zu sozialen und finanziellen Themen geklärt werden.
Weitere Beratung und Hilfe finden Betroffene Teenager unter www.schwanger-unter-20.de.
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