Wenn wir unseren Kindern Namen geben, steckt meist mehr dahinter als nur ein einfaches "Wir fanden den Namen schön!"
Geben wir es ruhig zu: Bei der Namensgebung sind wir Deutschen nicht gerade originell - wenn wir Namen erst einmal toll finden, halten wir uns daran. Wie kann es sonst sein, dass sich Namen wie Maximilian und Alexander schon seit Jahren in den Top Ten halten - genau wie Marie oder Sophia. Denken wir daran, dass wir unsere Emma oder unseren Ben in eine Klasse voller Emmas und Bens geben werden? Aber das war schon immer so, erinnert man sich an eigene Schulklassen, gab es auch da immer mehrere Kinder, die den gleichen Namen hatten. Irgendwie gibt es einen gemeinsamen Nenner bei der Namensgebung. Warum ist das so?
Vornamen: Der große gemeinsame Nenner
Es hat anscheinend etwas Beruhigendes, wenn wir unserem Nachwuchs einen Namen mitgeben, der allgemein anerkannt ist. Was viele schön finden, kann doch nicht verkehrt sein! Aber auf der anderen Seite hat sich der Geschmack, was Namen betrifft, mit der Zeit geändert. Die Gesellschaft für Sprache dokumentiert seit über vierzig Jahren die beliebtesten Vornamen. 1977 waren es Stefanie und Christian, 1987 Katharina und Christian, 1997 Marie und Alexander, 2007 Marie und Leon und 2017 Marie und Maximilian. Es scheint, dass sich der Geschmack innerhalb von zwanzig Jahren ändert, was mehrheitsfähige Namen betrifft.
Schaut man sich die aktuellen Top Ten an, kann man auch sagen, dass solche Namen wie Maria oder Paul Menschen vor einem Jahrhundert schmückten. Lange Zeit galten diese Namen als altmodisch, bis sie nun wieder modern sind. Es müssen wohl noch Jahrzehnte vergehen, bis Eltern ihre Kinder wieder Birgit oder Martin nennen. Man kann schon sagen, dass es ein kollektives Namenbewusstsein gibt und die Aussage "Ich fand, der Name klang so schön" sich schon aus einem unterbewusstem Strom nährt, der viel mit eigener Biografie und Sozialisation zu tun hat.
Unser Kind soll anders als alle anderen heißen
Auch hier gibt es gesellschaftliche Strukturen, die sich in der Namensgebung widerspiegeln. Studien, wie die von Uta Utech wollen belegen, dass Bildungsbürger ihre Kinder anders nennen als diejenigen, die eben nicht so viel Bildung genossen haben. Gebildete Schichten greifen anscheinend gern auf alte, traditionelle Namen zurück, während bildungsfernere Schichten sich eher an amerikanischer Popkultur orientieren und ihre Kinder Justin oder Celine nennen. Hierbei ist der Name zum einen eine Verbeugung und zum anderen eine Sehnsucht nach einem aufregenderem Leben.
Das ist kein neues Phänomen und hat manchmal nicht nur mit Schichten, sondern auch mit der Geografie zu tun - eine Mandy fand man wenig in der alten Bundesrepublik, dafür umso mehr in der DDR. Sehnsucht nach fremden Ländern - das steckt auch manchmal in den nordischen Namen, die besonders in Norddeutschland beliebt sind, die sich dann aber unaufhörlich nach Süddeutschland ausbreiten. Einen Sven findet man mittlerweile überall, ein Fiete muss sich wohl noch durchsetzen.
Vornamen mit Erwartungen
Nun ist ein Name nur ein Name und erst Erziehung und Sozialisation machen einen Menschen aus, aber mit einigen Namen sind bestimmte Erwartungen und Vorurteile verknüpft: Von einem Leander oder Rixa erwarten wir Abitur, von einem Kevin oder einer Chantal wahrscheinlich eher nicht.
Meistens sind es die Stefans und Christinas, die ihrem Nachwuchs eher einen ungewöhnlicheren Namen verpassen - ihr Kind soll schon von Anfang an hervorstechen. Ganz egal, ob er oder sie ihn dann immer buchstabieren muss. Auch kommt es auf dem Nachnamen an - bei Müller oder Meier könnte ja schon mal etwas Originelleres davor stehen. Heißt mein Kind Libusa oder Tankred, sage ich damit der Welt, dass der Spross aus meinen Lenden kein Allerweltsmensch wird und vor allem keine Allerweltseltern hat!
Vornamen mit Bedeutung
Fast jeder Name hat eine Bedeutung und das spielt ebenso eine Rolle wie sein schöner Klang in den Ohren der Namensgeber. Zum einen gibt es die ganz persönliche Bedeutung, wenn man sich an Traditionen hält und den Nachwuchs den Namen eines oder einer Verwandten verpasst. Oft geschieht dies aber erst beim zweiten Vornamen. Auch taucht in Deutschland der männliche Vorname Mohammed immer stärker auf, weil es in einigen muslimischen Kreisen üblich ist, den Erstgeborenen so zu nennen. Wer seinen Kulturkreis verlassen hat, möchte seinem Kind oft einen Namen geben, der die Verbindung aufrecht erhält. Auf der anderen Seite geben einige Eltern mit Migrationshintergrund ihren Kindern eher deutschklingende Namen, damit sie sich besser integrieren können.
Bei der Namensgebung orientieren sich einige Eltern auch nach der eigentlichen Bedeutung. Man möchte seinem Kind spirituelles Rüstzeug mitgeben, wenn man sie"Gottesgeschenk" nennt (das steckt hinter Maria oder eben der französischen Form - Marie) oder eben "Der Größte" (das bedeutet Maximilian).
Namen sind Identität und manche Menschen finden ihre so schlimm, dass sie sie ändern lassen. Oder wenn sie Glück haben, nehmen sie ihren zweiten Vornamen - oft werden außergewöhnliche Namen von Eltern in weiser Voraussicht mit einem ganz normalen abgesichert. Und dann gibt es ja auch immer noch die Standesbeamten, die allzu verrückte Kreationen abschmettern und Kinder vor schlimmen Zeiten in der Schule bewahren. Aber es bleibt etwas Schönes, seinem Baby einen Namen zu geben und ihn oder sie damit ganz eng an sich zu binden. Wir sind die Namensgeber, also sollten wir es uns gut überlegen!
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