Brechen in der Kita oder bei Kindern im Freundeskreis die Windpocken aus, schrillt bei Schwangeren sofort die Alarmglocke: Windpocken, waren die nicht höchst ansteckend und gefährlich fürs Baby? Ja und nein. Jetzt heißt es erst mal: Tief durchatmen und schauen, wie es in deinem Fall ist. Denn viele Erwachsenen sind gegen das Windpocken verursachende Varizella-zoster-Virus immun. Bist du es nicht, liest du hier, wie du dich und dein Baby bestmöglich schützen kannst.
Wann eine Windpocken-Infektion gefährlich fürs Baby ist
Erstmal vorab: Rund 95 % der Erwachsenen in Deutschland gelten als immun. Bist du schwanger und gegen Windpocken geimpft oder hast du die Infektion bereits als Kind durchgemacht, musst du dir keine Sorgen um dein Baby oder dich selbst machen.
Du bist unsicher, wie das bei dir ist und kennst deinen Impf-Status nicht? Ob jemand Antikörper gegen das Windpocken auslösende Varizella-zoster-Virus hat, zeigt ein Blut-Test. Deshalb untersuchen das Ärzt*innen auch sofort, falls du dich im 1. oder 2. Trimester ansteckst.
Hat eine Schwangere keine Windpocken-Antikörper, besteht tatsächlich eine ernstzunehmende Gefahr fürs Ungeborene: Denn dann kann sie sich und ihr Baby im Bauch damit infizieren. Das passiert sehr selten, falls aber doch, kann es schwerwiegende Folgen haben:
- Gefahr fürs Baby im 1. und 2. Trimester: Steckt sich eine Frau in den ersten 6 Monaten ihrer Schwangerschaft mit Windpocken an (insbesondere zwischen der 5. und 24. Schwangerschaftswoche), wird das Virus in 2-3 % der Fälle aufs Kind übertragen. Das kann zu leichten Infektionen bis hin zur Fehlgeburt führen. Erkrankt das Ungeborene schwer, kann sich das Fetale Varizellensyndrom ausbilden, das Hautveränderungen, Augenschäden, Fehlbildungen und neurologische Krankheiten verursachen kann.
- Gefahr fürs Baby kurz vor oder nach der Geburt: Lebensbedrohlich fürs Baby wird es auch, wenn sich eine Schwangere kurz vor der Geburt oder einige Tage danach mit Windpocken ansteckt. In diesem Fall wird ihr Baby mit hoher Wahrscheinlichkeit krank und sein Immunsystem ist noch nicht in der Lage, sich gegen die Viren zu wehren. Die Infektion verläuft daher in der Regel schwer, in 30 % der Fälle sogar tödlich und muss deshalb sofort behandelt werden.
- Auch für die Schwangere selbst sind die Windpocken nicht ohne: Bei Erwachsenen verlaäuft die "Kinderkrankheit" in der Regel schwerer als bei Kindergarten- oder Grundschulkindern. Sie haben auch eher mit Komplikationen wie einer Lungen- oder (seltener) Hirnentzündung zu kämpfen.
Schwanger & Windpocken: Gibt es eine Therapie?
Besteht eine akute Ansteckungsgefahr, kommt eine Behandlung mit Antikörper-Medikamenten (Immunglobulinen) infrage, die die Viren bekämpfen, die Symptome abschwächen und die Infektions-Gefahr fürs Baby senken. Es gibt außerdem Arzneimittel, die das Abheilen der Bläschen beschleunigen können. Lass dich hier in deiner Arztpraxis beraten.
Für sehr schwere Erkrankungen stehen antivirale Medikamente zur Verfügung. Bei einer Windpocken-Infektion rund um die Geburt kann der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin ebenfalls Immunglobuline und antivirale Medikamente verschreiben: je nach Zeitpunkt für die Schwangere und/oder das Neugeborene.
Es gibt auch eine Vorsorge-Option: Frauen, die sich ein Kind wünschen und die Windpocken noch nicht durchgemacht haben, können sich vor einer möglichen Schwangerschaft dagegen impfen lassen. In der Schwangerschaft ist das nicht möglich. Hier hilft nur die bestmögliche Windpocken-Vermeidungstaktik (dazu später mehr). Gegebenenfalls greift im Einzelfall auch ein Beschäftigungsverbot.
Windpocken-Symptome
Die Inkubationszeit, also der Zeitraum zwischen Infektion und dem Auftreten erster Symptome, beträgt bei Windpocken etwa zwei Wochen:
- Oft fühlen sich an Windpocken-Erkrankte erst unwohl.
- Zu den frühen Symptomen zählen auch Kopf- und Gliederschmerzen sowie Fieber.
- Nach ein bis zwei Tagen bildet sich der für Windpocken typische, knotige Hautausschlag – wobei er bei Erwachsenen auch fehlen kann.
Die Windpocken-typischen, fies juckenden Bläschen zeigen sich meist erst im Gesicht und am Rumpf, später oft auch an den Armen und Beinen. Seltener sind die Schleimhäute und Geschlechtsorgane betroffen. Sie füllen sich mit Flüssigkeit, platzen auf und verkrusten dann mit der Zeit. Da die Flüssigkeit in den Bläschen hochansteckend ist, sollten Betroffene nicht kratzen – was natürlich nicht leicht ist, weil sie so fürchterlich jucken. Viele Erwachsene, die als Kinder Windpocken hatten, haben deshalb bis heute Narben.
Wie schütze ich mich als Schwangere vor Windpocken?
Leider sind die Windpocken extrem ansteckend – und eine Impfung während der Schwangerschaft ist nicht möglich, weil es sich hier um einen Lebendimpfstoff handelt. Deshalb hilft es nur, sich bestmöglich von Erkrankten fernzuhalten. Was nicht immer ganz so einfach ist: Übertragen wird das Virus durch Tröpfchen beim Husten oder Sprechen und durch Schmierinfektionen, wenn die Bläschen aufgehen oder aufgekratzt werden, sehr selten auch über die Plazenta.
Was für Schwangere mit Kindern im "Kinderkrankheiten-Alter" besonders problematisch ist: Schon ein bis zwei Tage bevor sich die typischen Windpocken-Bläschen auf der Haut bilden, besteht Ansteckungsgefahr. Da kann man sich also noch nicht wirklich schützen, falls es den Nachwuchs erwischt hat. Das Infektionsrisiko bleibt zudem hoch, bis der Ausschlag abgeheilt ist und sich die Bläschen verkrustet haben.
Hochansteckend ist die Wundflüssigkeit der Bläschen, die gerade Kinder häufig aufkratzen, weil sie so fies jucken.
Windpocken sind also vor allem ein Thema für nicht immune Schwangere, die viel mit Kindergarten- und Schulkindern zu tun haben oder bereits Kinder haben. Denn diese Infektion zählt zu den typischen Kinderkrankheiten. Die Windpocken sind in jungen Jahren zwar auch sehr unangenehm, weil die roten Pusteln auf der Haut stark jucken können. Sie heilen bei Kindern aber meist schnell und folgenlos aus.
Wer schon Windpocken hatte, kann eine Gürtelrose bekommen
Wer die Windpocken überstanden hat, gilt lebenslang als immun. Aber ganz los, wird man das Virus aus der Herpes-Familie leider trotzdem nicht. Es kann nämlich in den Nervenenden entlang des Rückenmarks und im Gehirn ruhen und im – meist späteren – Erwachsenenalter wieder aktiv werden und eine schmerzhafte Gürtelrose auslösen.
Diese ist extrem unangenehm für Betroffene, aber es besteht bei werdenden Müttern mit Gürtelrose keine Gefahr fürs Ungeborene. Die Viren können nicht ins mütterliche Blut gelangen. Selbst wenn eine Schwangere kurz vor der Geburt an Gürtelrose erkrankt, ist es eher unwahrscheinlich, dass das Baby sich ansteckt. Diese erfolgt bei Gürtelrose nur durch direkten Kontakt mit den Hautbläschen. Auch Stillen ist okay, solange das Baby nicht mit den Bläschen in Kontakt kommt.
Die Ratschläge und Informationen in diesem Artikel ersetzen keine medizinische Betreuung durch entsprechendes Fachpersonal. Bitte wendet euch bei gesundheitlichen Fragen und Beschwerden an eure Ärzt*innen oder Apotheker*innen, damit sie euch individuell weiterhelfen können.
Quellen: Robert Koch Institut (RKI): Varizellen; Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Windpocken und Gürtelrose